Hufbearbeitung nach Biernat

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stormel
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von stormel » So 27. Mai 2012, 22:35

Scheckenfan hat geschrieben: Da kämen wir wieder zur Frage, warum überhaupt ein Tragrandüberstand benötigt wird und ob es sinnvoll ist, ihn zu stabilisieren damit er nicht wegbricht, aber das ist ein anderes Thema... :twisted:
Es ist insofern nötig damit der Tragrand kontrolliert abgelaufen wird und nicht plötzlich wegbricht, was zu einer plötzlichen Stellungsänderung führen würde. Was wir vermeiden wollen. Alles schön langsam, damit sich die inneren Struckturen anpassen können.

stormel
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von stormel » So 27. Mai 2012, 22:40

Anne & Shabou hat geschrieben: Naja, das haltbar ist sehr relativ. Bei einem Hallenpferd mag der Tragrand ja "haltbar" sein, ich habe den Tragrand meiner ehemaligen Beirat-Bearbeiterin oft in einen einstündigen Ausritt weggeritten :oops: Meiner Erfahrung nach ist der dünne "geschnitzte" Tragrand viel schneller weggeritten eine Tragfläche, die aus Tragrand und einem Teil der Sohle besteht. Dieses künstliche Herstellen eines Tragrandes hat bei uns auf Dauer den Huf extrem geschwächt hat, da ja alle 4 Wochen wieder ein neuer Tragrand "geschnitzt" wurde und dafür massiv in die lebende Sohle gegangen wurde.
Habe ich viel Abrieb ( herrlich :dance: ) werde ich sparsammer mit dem "Schnitzen".

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von SilentDee » Mo 28. Mai 2012, 01:25

Wow, kaum bin ich mal drei Tage nicht online, tut sich hier total viel... :D

So, zum Thema:

Mit welchem Sinn versucht man, solche Hufe herzustellen?

Ich kenne ganz viele Hufe von diversen Pferden von diversen HO nach JB, deren langzeit-bearbeitete Hufe alle ungefähr so aussehen, also sich schon ganz schön ähneln.

Die Wände beulen auf halber Höhe nach außen aus. Ist das gewollt durch diese senkrechten Röhrchen und den Tragrandüberstand, zusätzlich zum Rieddach und dem ausdünnen, was ja nie ein Ausdünnen ist? (ich spreche etwas sarkastisch, sorry, ist nicht böse gemeint! ;) ) Ich vermute, das ist die Langzeitfolge der senkrecht angeschnitzten Wandhornröhrchen, denn eigentlich und natürlich ist kein Senkrechtstehen der Wandhornröhrchen, die würden sonst ja senkrecht wachsen... So wird also unnatürliche Kraft gegeben, und durch das Ausdünnen von außen kann diese Kraft dann dorthin entweichen... (Sheldon könnte das irgendwie erklären, ich nicht... :mrgreen: )

Meine Beobachtungen sind eben solche Ausbeulungen:
Bild und Bild
Ist der gleiche Huf einmal von der Außen und der Innenseite. Das Pferd lief erst supi, dann, nach ca 3/4 Jahr immer fühliger und bekam schlußendlich zwei aufeinanderfolgender Hufgeschwüre/ Abszesse... Dann wurde die Bearbeitung gewechselt, der Huf wächst nun, ohne Tragrandüberstand, gerade nach, bekommt echte Sohlenwölbung und balanciert sich auch tatsächlich zur Beinachse passend aus...

Gibt es eine Erklärung, wie das passieren kann? oder habt Ihr mal Fotos von gesunden Hufen, die über ein jahr lang nach der JB-Lehre bearbeitet wurden und wirklich über jeden Boden locker laufen können?

Mich würde mal interessieren, wie ein gesunder Huf nach JB definiert wird, wie er so auszusehen hat (oder gibt es da gar keine Definition, was ein gesunder Huf ist?)

Und warum mir Bearbeiter, die vor einigen Jahren bei ihm gelernt haben, heute erzählen, dass sie das, was heute gelehrt wird, auch nicht machen würden und eher ablehnen (heimlich?)

Und nochmal zum Thema Tragrand und Hufbeinträger.
Das Hufbein ist ja der unterste Knochen des Zehenendorgangs, analog zu unserem letzten Fingerglied mit dem Nagel. Allerdings ist er komplett anders aufgebaut, denn die Lederhaut ist die Knochenhaut des Hufbeins. Das Hufbein ist der einzige Knochen im ganzen Skelett, der keine echte Knochenhaut hat. Die Lederhaut wird anatomisch an den verschiedenen Stellen unterschiedlich genannt, nach der anatomischen Nomenklatur wird unterschieden zwischen Saumlederhaut, Kronlederhaut, Wandlederhaut, Sohlenlederhaut, Ballenlederhaut, Strahllederhaut... Warum sollte das Hufbein denn nur von der Wandlederhaut gehalten /getragen werden? Vor allem, wenn es doch dadurch die Kronlederhaut unglaublich drückt, quetscht und zerrt... Es sind sich, glaube ich, alle Bearbeitungsrichtungen einig, dass der Kronrand von Hebeln nach oben gedrückt und gestaucht werden kann, seitlich gezerrt usw. werden kann... Einblutungen entstehen in der Kronlederhaut, wenn unnatürliche Kräfte dort wirken... Wieso wird dann das ganze Pferdegewicht darauf ausgerichtet, diese sehr anfällige Kronlederhaut, ohne die es kein Wandhorn gäbe, so überzustrapazieren? Wenn dort oben durch Reizung Entzündung ensteht, dann haben wir echte Hufprobleme... Die Wandlederhaut, also Euer Hufbeinträger, produziert ja lediglich das Zwischenröhrchenhorn, die Kronlederhautpapillen das mehrschichtige Röhrchenhorn und das Markhorn in den Röhrchen... und genau solche Röhrchen, nur ewtas anders in der Zusammensetzung (federnder) bilden die Sohlenlederhautpapillen... Und es war schon in den 60er Jahren, meine ich, (müsste für's genaue Jahr nachschauen) in den gängigen Anatomie-Lehrbüchern bewiesen, dass die Röhrchen an sich eine Federwirkung haben und somit dämpfen können...
Mir persönlich erschliesst sich die Theorie des Hufbeinträgers nicht. Meiner Meinung nach müsste es Hufbeinschutz heissen, vielleicht auch Hufbeinfederung oder Hufbeindämpfer, oder so, und damit ist das ganze Zusammenspiel der Hornkapsel mit ihren verschiedenen Anteilen gemeint.
Denn das Hufbein verliert seinen Schutz, wenn eine Lederhaut ein problem bekommt. Und dazu gehört vor allem auch die Kronlederhaut! Und wenn die gestaucht, gedrückt, gezerrt wird, dann hebelnd die harten Wandhornröhrchen auch an der Wandlederhaut und ziehen die auseinander... und schwupps, haben wir eine langfristig langsam herbeigeführte mechanische Hufrehe... Habe davon zwei in meinem Kundenkreis, denen habe ich ein jahr vor der rehe quasi prophezeit, dass das Pony von Mal zu Mal schlechter ging und irgendwann wegen der negativen und ungesunden Hufentwicklung in eine mechanische Rehe geht. Das sind dann die Januar-Februar-Reheschübe... :cry:


Lieben Gruß

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Vita » Mo 28. Mai 2012, 09:07

Das Pferd hatte diese Latschen trotzdem es etwa zweimal pro Woche im Gelände geritten wird, aber meist nur auf Wiesenwegen.

Die sichtbare Sohle auf dem Foto hab ich auch noch rausnehmen müssen/können, die war total bröckelig.
Ich hab immer schön mit der Zange probiert. Normalerweise würde ich nicht die ganze Sohle rausnehmen, aber hier war es ausnahmsweise nötig. Und das Pferd läuft auch gut damit. ;)
Es steht immer noch sehr viel Tragrand, den ich habe extra breit stehen lassen weil die Besi gesagt hat das sie weiterhin 2-3x pro Woche für ein bis zwei Stunden draussen reiten wollen. Sollte der sich nicht ablaufen nehm ich beim nächsten Mal eben mehr weg.
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von stormel » Mo 28. Mai 2012, 14:04

"zusätzlich zum Rieddach und dem ausdünnen, was ja nie ein Ausdünnen ist? (ich spreche etwas sarkastisch, sorry, ist nicht böse gemeint! )"

Sobald ich etwas von der Wand wegnehme ist es ein "Ausdünnen". Da gibt es nichts zu diskutieren. Das ist die Bedeutung dieses Wortes.
Diskutieren kann man erst über die Folgen.




"Die Wände beulen auf halber Höhe nach außen aus."

Das "Ausbeulen" ist zum Glück keine echte Beule im Sinne von: "Da hat sich was verbogen."
Der Bearbeiter hat wohl versucht die Hufe steiler zu bekommen und ein Rieddach in der Zehenwand angebracht. Da wo die Beule ist hat er mit dem Rieddach aufgehört und es nicht noch weiter hochgezogen. (Hätte ich auch nicht gemacht)
Die Wand würde wohl ursprünglich etwa so verlaufen:
Unbenannt1.PNG
Unbenannt.PNG
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Pat » Mo 28. Mai 2012, 15:35

Seid Ihr, die HOs, mit den obigen Hufen zufrieden?

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Vita » Mo 28. Mai 2012, 18:07

nein natürlich nicht, der Huf ist viel zu lang. Die Bearbeitung ist ok. Man kann ja nicht alles auf einmal wegnehmen. Und wie oft wurde denn dieser Huf schon bearbeitet und in welchen Intervallen?
Sieht aus als ob dem Besitzter ein 4 Wöchiger Bearbeitungsrhytmus zu teuer wäre ;)

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Pat » Mo 28. Mai 2012, 18:59

Hm, sieht für mich nicht wie ein überfälliger Huf aus, nur wie ein ...ähm..suboptimal bearbeiteter.
Lernt man das bei JB, dass im Zweifelsfall der Besitzer schuld hat? :doh:

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Vita » Mo 28. Mai 2012, 20:57

Pat, aufgrund des Fotos sieht man gut das der oder die HO versucht hat der langen Zehe und den damit verbundenen Heblen durch hohes beraspeln beizukommen.


Hätte sie da aus deiner Sicht ein paar cm in der Höhe nehmen können? Wie soll man das ohne Sohlenbild und Zangenprobe wissen? Was hättest du hier anders gemacht?

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Pat » Mo 28. Mai 2012, 21:27

Ja, ohne Sohlenbild ist es natürlich etwas spekulativ, aber wenn es "klassischer Biernat-Huf" ist, dann haben wir hier reichlich Hufwand und diese würde ich wahrscheinlich so kürzen: lila Linie zeigt an, wo die Wand gekürzt wird, grüne zeigt den Zehenrocker, der von unten angebracht wird.

Bild

Aber vielleicht zeigt uns ja SilentDee, wie sie es gemacht hat.

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