Hufbearbeitung nach Biernat

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Scheckenfan
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Scheckenfan » Do 24. Mai 2012, 14:45

Ich denk mal, ob Tragrand nötig ist oder nicht ist eine Glaubensfrage. Ich beantworte sie mir mit nein, aber darum muss man nicht streiten oder es totdiskutieren.

Aber nun brennt mir die nächste Frage unter den Nägeln:
Ich habe richtig verstanden, dass der Tragrand in keinem Fall auf Sohlenniveau belassen werden darf und zur Not wirklich in die lebende Sohle geschnitten wird, ja?
Du sagst ja selbst, dass es Pferde gibt, die sich den Tragrand „zu schnell“ abreiben, dort wird also immer weiter in die Sohle gegangen. Was wird denn dazu gesagt? Ich meine, das dünnt die Sohle ja immer mehr aus, oder lautet die Theorie anders?
Und da die Sohle ja bei Weitem nicht auf allen Böden ohne Last ist schadet das doch dem Pferd?
Ich denke, mit einer dünnen Sohle die nur auf geradem Boden aus der Last genommen ist treten doch viel schneller auf als bei einer trainierten, dicken Sohle, die eben auch auf gerade Böden mitträgt.
Wie oft laufen unsere Pferde schon auf wirklich geradem, harten Boden, sodass die Sohle nicht mitträgt?

Ich finde die Diskussion übrigens gerade total spannend… und bin gespannt was du von deinem Test am eigenen Pferd berichtest :D

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Anne & Shabou » Do 24. Mai 2012, 14:48

Voegelchen hat geschrieben: *gg* der war bei meinem Renthner nach 7 Tagen weg an der Zehe. Also nach 7 Tagen konnte ich wieder gucken, vielleicht war er sogar noch schneller weg, er stand auf jeden Fall wieder auf seiner Zehenschwiele.
Zustimm, bin zwar für den Normaldurchschnitt Vielreiter (und unter Distanzreitern Wenigreiter) aber bei uns hat auch 1h Ausritt mit viel Schritt auf einer Mischung aus Wiese und Asphalt gereicht um den Tragrand wegzubekommen. Mit Sohle Mittragen sind jetzt auch 30km durchgraben auf Schotter ohne sehenswerten Abrieb drin.

radieschen
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von radieschen » Do 24. Mai 2012, 15:13

Biernat hat doch mal eine Stellungnahme zum Thema Mustanghuf geschrieben - darf ich die hierher verlinken? Sonst bitte entfernen.

http://www.difhoteam.de/news/news.php?id=18

Ansonsten gibt es im Difho Forum noch einen recht langen Fred zum Thema NHC, in dem auch Biernat selbst mitschreibt. Link dorthin hätte ich gespeichert.
Zuletzt geändert von radieschen am Do 24. Mai 2012, 15:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Mascha » Do 24. Mai 2012, 15:16

Mh, also meine Pferde haben keine so dünne Sohle, dass es ihnen wehtut damit über Schotter zu laufen. Tragrand entwickelt das gerittene Pferd auch gar nicht. Da müsste ich ihr dann wirklich immer Schuhe anziehen, damit da überhaupt mal Tragrand käme. Und ich hab gar keine Schuhe...
Viele Grüße, Mascha
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Lesley » Do 24. Mai 2012, 15:17

Ich hätte ja gern Bildmaterial dazu, wo die von Biernat beschriebenen Probleme verdeutlicht werden.
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Mascha » Do 24. Mai 2012, 15:26

Was sagt JB denn zum schotterfesten Barhuf?

Ich kenne Pferde, die schotterfest sind und ich kenne auch Pferde, die nach JB bearbeitet werden, aber keins wird nach JB bearbeitet UND ist schotterfest.

Liegt das daran, dass die Hufbearbeiter, die da dran sind, schlecht sind und die Lehre nicht korrekt umsetzen können? Oder liegt es daran, dass JB gar nicht den Anspruch hat, Hufe so zu bearbeiten, dass sie schotterfest sind?

Also, entschuldigung... aber wenn ich mir folgendes durchlese, dann komm ich zu dem Schluss, dass JB einen nach NHC bearbeiteten Huf noch nie in seinem Leben auch nur von weitem gesehen hat. Träumt der sowas nachts? :lol:
"Äußerlich sichtbar werden die Folgen hemmender bis lähmender Reize auf die Huflederhäute an den Hufen, wer sich die Mühe macht sie genau zu betrachten, wird sich der Problematik kaum verschließen können. Da werden unabhängig vom jeweiligen Huftyp schmale und folglich in die Länge gezogene Hufe generiert, mit unterschiebenden und einrollenden Trachten –, sofern solche noch vorhanden sind. Der Strahlkörper ist infolge dessen und aufgrund der Belastung zu einem langen schmalen spitzen Gegenstand degeneriert, ohne nennenswerte Horndicke und bar jeglicher Funktion, oft mit Strahlfäule infiziert, der Tragrand zum Schweberand degradiert. Ohne Tragrand und infolge der physikalischen sowie biologischen Wirkungsweisen der „Mustang Roll“ füllt sich die Hufsohle im Bereich des Hufbeins mit Horn, besser formuliert, sie wulstet zu. Erst durch diese Reparaturvorgänge ist die Hufsohle tatsächlich, und trotz dieses nicht physiologischen Zustandes ersatzweise in der Verfassung die Arbeit der sich stetig verändernden Hufe zu übernehmen."

Und nochwas: Unabhängig davon, was fachlich korrekt ist, wenn ich so eine Hetzschrift, wie seinen Text über Wildpferdehufe lesen muss, vergeht mit die Lust, mich überhaupt weiter mit seiner Theorie zu beschäftigen.
Viele Grüße, Mascha
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Silke & Abai » Do 24. Mai 2012, 15:53

Ich weiß nicht, ob ich hier ein Zitat bringen darf. Es stammt aus dem Difho-Forum, der Thread über NHC, Seite 3 von Adriane:

"Die Sohle sollte, wenn möglich keine PRIMÄRE Last aufnehmen, also auf glattem, ebenem Boden. Dadurch kommt die Hauptlast auf den Tragrand und damit auf die Hornkapsel. Über die Hornkapsel wird der enorme Druck über den Hufbeinträger großflächig auf das gesamte Hufbein umgeleitet. Hierfür ist der Hufbeinträger in sich stark in Lamellen gelegt, um die verbindende Oberfläche so groß wie möglich zu machen (ca. 1,2 m2 pro Huf!). Erst die den Huf ausfüllende Erde gibt dann sekundären Druck auf die Sohle.

Umgeht man die Konstruktion des Hufbeinträgers und lässt die Sohle direkt tragen, bekommt das Hufbein den Bodengegendruck ungebremst ab. Leider ist das Hufbein in Richtung Boden nur ein dünner Rand, der niemals dazu in der Lage sein kann, dauerhaft den Bodengegendruck direkt aufzunehmen. In der Folge kommt es zu krankhaften Veränderungen in diesem Bereich.

Das die Natur beim Pferd die Hornkapsel zur primären Lastaufnahme heranzieht, zeigt allein die Tatsache, daß die Sohle direkt über die Sohlenlederhaut mit dem Hufbein verbunden ist. Es gibt keine polsternde Schicht wie bei den Rindern z.B.. Bei diesen Paarhufern reicht die Ballenlederhaut bis vorne in die Klauenspitzen und polstert die letzten Zehenknochen Richtung Boden hin ab. Dies fehlt beim Pferd völlig. "

Das ist also die Erklärung, warum die Sohle nicht tragen darf.
Viele Grüße

Silke

radieschen
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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von radieschen » Do 24. Mai 2012, 16:01

Ich denke aber, die Erklärung greift nur dann, wenn wir einen Huf ohne jegliche Sohlenwölbun auf Asphalt stehen haben.
Denn nur dann liegt die Sohle ja auch wirklich auf dem Boden auf und bekommt den primären Druck ab. Habe ich eine Sohlenwölbung, flacht diese auf hartem Boden zwar ab, verschwindet aber nciht vollständig. Also bekommt die Kante des Hufbeins auch weiterhin keinen direkten Druck ab.

Auf weichen Böden stellt sich das Problem ja ohnehin nicht, weil kein schädlicher Druck entsteht; auch dann,w enn die SOhle mit Erde aufgefüllt ist und dann auf Asphalt kommt, mag sie zwar mittragen, der Druck wird aber durch die Erde gedämpft.

Nun stellt aber auch NHC ein Pferd mit null Sohlenwölbung auf Asphalt nicht zu 100% auf die SOhle. Da, wo ich einen solchen Zustand antreffe, zB Rehepferd mit massiver Senkung oder generell Pferd mit Hufbeinsenkung, stell ich's Pferd doch auf weiche Böden und lasse zum Reiten/Bewegen gepolsterte Schuhe anziehen. Es handelt sich ja dabei nciht um den Normalzustand, sondern um eine Pathologie.

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Annette » Do 24. Mai 2012, 16:39

Auch NHC nimmt ja die Wand nur dann komplett aus der Last, wenn der Hufbeinträger Zusammenhangstrennungen aufweist, z.B. bei Rehe. Beim normalen Huf soll die Last ja gleichmäßig auf alle Strukturen verteilt werden. Das ist dann eben mm-Arbeit.

Außerdem hat sich die Natur bisher immer als sehr funktionell erwiesen. Ich wüsste keinen Grund, warum sie das Wildpferd mit suboptimalen Hufen ausstatten sollte, so wie es JB sagt. Überall, wo eine natürliche Selektion stattfindet, kann man von bestangepassten Strukturen ausgehen. Die reiterliche Nutzung übersteigt in vielen Fällen wohl kaum die Tagesleistung von Wildpferden (Ruhe, Futtersuche, Wasser, Flucht, Paarungszeit, Stuten mit dicken Fohlen im Bauch etc. vs. Box/Weide/Paddock, 1 h Reiten).
Annette

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Re: Hufbearbeitung nach Biernat

Beitrag von Scheckenfan » Do 24. Mai 2012, 16:56

In ein paar Sachen hat er ja recht: Es macht keinen Sinn, die Wildpferdehufe "blind" zu übernehmen. Wenn man Pferd nur auf Wiese halten und in der Halle reiten will, braucht man keine Hartbodenhufe, und somit muss nicht oder nur sehr wenig gerollt werden. Aber das haben die meisten NHCler ja durchaus schon erkannt.
Aber zu sagen, dass die Bildung der Schwebe bei Wildpferdehufen krankhaft und unnatürlich ist, fand ich schon ... kurios. Die Überlegung müsste doch immer sein: Warum tut der Huf das? Welchen Sinn hat es? Wo liegt die Ursache?
Denn dass alle Dinge, die die Natur so macht, sinnvoll sind, streitet doch kein Biologe ab, also sollten es Hufmenschen auch nicht tun.

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