Hallo,
wenn man ein Röntgenbild hat, kann man mit recht großer Genauigkeit sagen, wie dick die Sohle unter der Zehe ist und wie die Position des Hufbeins in der Kapsel ist.
Allerdings kann man auch ohne Röntgenbild die Zehe von unten kürzen, ohne große Risiken einzugehen.
Meine Vorgehensweise hierzu:
- zunächst alles offensichtlich bröselige Horn entfernen
- Als nächstes die Strahlfurchentiefe analysieren. Hierzu ist es sinnvoll, sich vorzustellen, dass man einen Abdruck von der Sohlenwölbung in den Händen hält, deren höchste Punkte die Strahlfurchen sind.
Hier ein Beispiel (gemacht mit Luwex-Polster)

Die Steigung der Strahlfurchen zwischen den roten Pfeilen gibt meiner Erfahrung nach sehr zuverlässig den palmaren oder plantaren Hufbeinwinkel (im Bild alpha) an. Zumindest wurde ich noch nie von einem Röntgenbild überrascht. Das Pony, dessen Abdruck für das Bild verwendet wurde, hat recht steile Hufe und einen deutlich positiven palmaren Winkel.
Ist die Strahlfurche im vorderen Bereich viel tiefer als hinten, so kann man mit großer Sicherheit von einem negativen Winkel ausgehen.
- Als nächstes die absolute Tiefe der Strahlfurchen, insbesondere an der Zehe, anschauen. Sind das nur ein paar mm? Dann ist unabhängig vom Winkel davon auszugehen, dass die Sohle dünn ist. Ist die Strahlfurche an der Strahlspitze der tief (>1-1,5 cm) kann man recht sicher sein, dass dort viel Horn ist.
- Ist man zu dem Schluss gekommen, dass man die Zehe von unten kürzen kann und will:
- Eventuell vorhandenen Tragrandüberstand kann man immer kürzen
- Dann kann es sein, dass sich an der Zehe auch Zerfallshorn verfestigt hat und man "massiv" in (scheinbar) funktionale, harte Sohle reinraspelt. Wenn man die obigen Kriterien richtig interpretiert hat, kann man das gefahrlos tun.
In der Praxis kürze ich, wenn ich beim Kürzen der Zehe in "scheinbar" harte Sohle raspele, zunächst moderat, vielleicht 2-3 mm bei einem stabilen Barhuf. Dann schaue ich, wie das Pferd reagiert. Läuft es fühlig? Dann war die Maßnahme offensichtlich zuviel des Guten oder man hat die Situation falsch interpretiert. Da man nichts "krasses" gemacht hat, wird auch in diesem Fall nichts schlimmes passieren. Wenn das Pferd mit der Maßnahme klar kommt, wiederhole ich die Analyse ca. 1-2 Wochen später und werde ggf. noch etwas mutiger. Ich schaue, ob der Huf die neue Stellung akzeptiert - meist war dies der Fall.
Wenn man noch etwas mutiger sein will, kürzt man die Zehe deutlicher von unten und bringt anschließend einen Hufschutz auf. Wenn ich wirklich an Grenzen gehen will, dann kürze ich ein Stück und teste sofort (bei den Hinterhufen bergauf auf Schotter) ob das Pferd noch gut hintritt, wenn irgend möglich reite ich dazu ein paar Meter, da fühlt man das man besten. Wenn ich Beschlag aufbringe, kann man m.E. bis zur dem Punkt gehen, wo das Pferd barhuf gerade beginnt leicht fühlig zu werden.
Mit dieser Methode kann man die Stellung in einem Mal mehr verändern als am Barhuf. Dies kann aber eine zweckmäßige Methode sein, um einen Huf aus einer eingefahrenen Situation zu holen, z.B. wenn man nicht genug Material hat, um Barhuf die Stellung wirklich zu ändern: Kann man nämlich nur sehr wenig machen, ohne das Pferd platt zu schneiden, kann es sein, dass der durch die zu flache Stellung veursachte Laufstil des Pferdes und der damit einhergehende Abrieb die Hufstellung am Barhuf schneller wieder in die flache Stellung zurückschiebt als ich sie korrigieren kann.
Gruß Tina