Hallo,
mir ist es am Wichtigsten, dass der Pferdebesitzer selbst und ausreichend gut informiert entscheidet, sein Pferd auf Barhuf umstellen.
Ich schaue mir das Pferd an und schätze ab, ob und welche Probleme zu erwarten sind (SilentDee hat m.E. die kriterien schon erschöpfend beschrieben). Besonders achte ich auf die Umgebungsbedingungen, so vermeide ichz.B. kritische Barhufumstellungen um diese Jahreszeit. Die Böden frieren bei uns im Winter meist irgendwann fies zusammen und sind dann schlimmer als Schotter im Sommer, dies überfordert ein frisch umgestelltes Pferd meist völlig. Besonders recht ist mir ein Paddock oder eine Weide mit gutem, weichem Boden. Wenn möglich versuche ich die Umgebung so auszuwählen, dass Krankenschuhe nicht nötig sind, denn das ist schon eine herbe Zumutung an die Besitzer.
In der Regel lasse ich das Pferd auf verschiedenen Untergründen vorlaufen, nachdem ich die Beschläge entfernt, aber die Hufe noch nicht bearbeitet habe. Hier kann ich die Lage gut beurteilen und kann dem Besitzer erklären/zeigen, dass meine Bearbeitung das Pferd sicher nicht schlechter laufen lässt.
Die Hufe bearbeite ich ganz normal am Barhuf, wobei ich Material eher etwas vorsichtiger als zu forsch entferne.
Als nächstes passe ich Hufschuhe an, zur Not nehme ich irgendein Provisorium (habe immer eine Sammlung alter Hufschuhe zur Hand) damit der Huf erstmal geschützt ist. (Es sei denn, dass es meiner Einschätzung nach nicht nötig ist, z.B. bei einem Rentnerpferd, was nur auf der Weide läuft).
Zum Schluss lasse ich das Pferd barhuf und mit Hufschuhen vorlaufen. Mein Ziel ist es, dass das Pferd mit den Hufschuhen genauso oder besser wie mit Beschlag läuft. Barhuf sollte zumindest auf weichem Boden auch genauso funktionieren wie vorher mit Beschlag.
Pferd mit extrem geschädigten Hufen schicke ich natürlich ohne Schutz nicht auf fiesen Boden, da quält man das Pferd nur.
Dem Besitzer gebe ich dann anschließend genauen Rat, wie er die Umstellung am besten angeht, d.h. welche Umgebung, wie viel Bewegung, Reiten ja oder nein, mit Hufschuhen wann etc. Wenn nötig, vergewissere ich mich, dass die Besitzer das Laufverhalten eines Pferdes einschätzen können. Ich hatte mal eine Kundin, die nicht merkte, das ihr Pferd ultra-fühlig war, weil der Abrieb hinten einfach viel zu hoch war. Sie ritt ja immer mit Hufschuhen (vorne)

. Ich habe sie gestoppt, als sie bei mir über den Hof ritt und sie nicht ohne hintere Hufschuhe wieder weg gelassen....
Für mich ist es das Wichtigste, dass es dem Pferd ohne permanenten Beschlag nicht schlechter geht als vorher, d.h. Barhufumstellungen mit Schmerzen fürs Pferd lehne ich ab.
Zur Erklärung für die Besitzer nutze ich das Vorlaufen vor und nach der Bearbeitung und frage danach, wie das Pferd als Jungpferd vor dem ersten Beschlag lief. Dies demonstiert, dass eine gute Barhufbearbeitung keine Schmerzen verursacht. Die Fühligkeit (auf hartem Boden) hat die Ursache in den schon zuvor vorhandenen Schäden am Huf, die (falls das Pferd als Jungpferd deutlich besser barhuf lief als aktuell zu sehen) ja offensichtlich durch die zuvor praktizierte Hufbearbeitung/den Beschlag verursacht wurden. (Dies gilt für den Standardfall, nicht unbedingt für Krankheiten, z.B. EMS)
Zum Schluss: Ich berate immer sehr ehrlich, ob eine Barhufumstellung fürs Pferd und seinen Besitzer sinnvoll wäre, nachdem ich mir beide ausführlich angeschaut und ausgefragt habe. Beim Pferd und seiner Hufsituation gibts m.E. selten Fälle, wo ich es nicht zumindest mal vorsichtig probieren würde. Ich - oder ein anderer Hufbearbeiter - kann schließlich in jedem Stadium wieder beschlagen/kleben. Beim Besitzer habe ich aber schon oft abgeraten. Besser Dauerbeschlag als eine Barhufumstellung mit massiven Schmerzen fürs Pferd, weils absehbar ist, dass es schief läuft.
Gruß Tina