Mineralstoffe im Heu

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janw
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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von janw » Mi 27. Aug 2014, 15:25

Hallo,
Nachdem ich mich nun durch viele Seiten, Links und selbst recherchiert habe möchte ich auch einmal meinen Senf dazugeben…
Bedingt durch meinen Beruf (Chemiker) bin ich evtl. etwas vorgeschädigt und habe auf das ein oder andere einen anderen Blick.

Ich finde das Konzept des Balancieren und der genaueren Betrachtung des Futters relativ schlüssig, aber hat es doch ein meiner Sicht ein paar gravierende Schwächen, insbesondere bezüglich der Eisenproblematik.

Wir reden hier immer wieder vom Mineralstoffgehalt des Futters und es fallen Angaben wie z.B. x mg /kg Eisen, oder als Tagesration x mg Eisen. Das ist aus meiner Sicht aber eine massive Vereinfachung. Zum einen wird dabei gar nicht die Oxidationsstufe (Beim Eisen +2 oder +3) und zum anderen das Gegenion berücksichtigt. Beides hat aber drastische Einflüsse darauf, ob besagtes Element resorbiert wird.
Beim Menschen ist z.B. hinlänglich bekannt, dass Hämin deutlich besser resorbiert wird als Eisenoxalat. Natürlich soll das Pferd jetzt kein Fleischfresser werden, aber hier gibt es sicher ähnliche Effekte, sodass ein Salz eines Elementes nicht die gleiche Wirkung hat wie ein anderes Salz des gleichen Elements. Bei manchen Mineralfuttern wird, darauf Rücksicht genommen, was gut ist, allerdings bedeutet das nicht, dass auch beim Heu das Element genau so gut resorbierbar ist. Dazu kommt der Punkt, dass Chelat nur eine Klasse von Liganden beschreibt und Oxalat ebenfalls ein Chelat-Ligand ist.
Somit ist das Balancieren zwar eine interessante Idee, aus meiner Sicht fehlt dafür aber die nötige Datengrundlage.

Bezüglich der Eisenproblematik habe ich zwei Einwendungen.
Zum einen zeigten zwei Dissertationen der LMU-München, dass eine Eisengehaltbestimmung bei Heu wenig sinnvoll ist. Es kann keine Korrelation zwischen Eisengehalt und Dünnung, Schnittzeitpunkt oder Rohfasergehalt festgestellt werden.
Eine mögliche Erklärung für die starken Schwankungen ist die Kontamination mit eisenreichem Boden. Dieses wird auch durch andere Forenbeiträge (in einem anderen Forum) unterstützt, die beobachtet haben, dass die ermittelten Eisengehalte der gleichen Probe sich drastisch unterscheiden, je nachdem ob selbige gewässert wurde oder nicht.
Da es sich bei Eisen im Boden in der Regel um kaum resorbierbares Eisen handelt, ist daher der hohe Eisengehalt effektiv gar nicht so hoch.
Zum anderen konnte ich keinen Beleg dafür finden, dass es bei einem gesundem Säugetier keinen Mukosablock gibt. Resorbiertes Eisen kann somit zwar nicht aktiv ausgeschieden werden, aber die Resorption gesteuert werden. Ja es gibt Studien die auf eine Diabetischefolgeerkrankung beim Menschen bei überhöhtem Ferritinspiegel deuten. (Mittlerweile auch welche mit Pferden). Allerdings korreliert die beim Menschen mit einer genetischen Vordispositionen (HFE-Gen etc.)... Beim Pferd habe ich die Studien noch nicht im Detail durchgelesen, allerdings sind die Studiendauern überschaubar und auch die Stichprobengröße relativ klein.

Zum Thema Haaranalyse. Diese ist neben der Urinanalyse aus meiner Sicht schon eine relativ aussagekräftige Methode um insbesondere Überversorgungen zu bestimmen. Es ist hinlänglich bekannt, dass der Körper nicht verstoffwechselbare Schwermetalle in dem Langhaar einlagert. Insofern kann eine Langhaaranalyse durchaus eine Überversorgung anzeigen. Während die verstoffwechselbaren Schwermetalle und die meisten Leichtmetalle über den Urin nachgewiesen werden können.
Unterversorgungen nachzuweisen sind dagegen deutlich schwieriger, es gibt zwar Zielwerte, dass eine Unterschreitung selbiger automatisch gesundheitliche Probleme bedeutet, ist aber meines Wissens nach nicht eindeutig belegt.

Abschließend möchte ich zu meinem größten Problem kommen, nämlich der Datengrundlage. Am bekanntesten sind die NRC-Empfehlungen. Aber auf welcher Datenlage wurde diese erstellt und vor allem, wer hat diese Forschung in Auftrag gegeben/finanziert? Habe dazu einiges gesucht, aber leider nichts gefunden.

Bin gespannt auf die Diskussion :)

LG

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Juria » Mi 27. Aug 2014, 19:01

Super interessante Ansätze. Diese Dissertation von der LMU, kann man wo finden? Im Internet eher nicht, oder? Per Fernleihe in einer Unibibliothek vielleicht? Interessant ist dabei jedoch auch wieder, dass das MiFu, was laut meines TAs u.a. von der LMU entwickelt wurde, kein Eisen enthält.

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von janw » Mi 27. Aug 2014, 19:17

Eine der beiden Dissertaionen ist frei verfügbar (F. Möllmann 2007, http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6973/), die andere (A. Glocker 2003) ist in einigen Bibliotheken zu finden...

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Juria » Mi 27. Aug 2014, 20:35

Hast du zufällig die Signaturen? Ich würde die gerne bestellen ;)

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von janw » Do 28. Aug 2014, 09:52

Juria hat geschrieben:Hast du zufällig die Signaturen? Ich würde die gerne bestellen ;)
Hallo Juria,
Zur ersten Dissertation steht die Signatur im Link. Die zweite ist nicht so einfach, hab dir dazu eine PN geschrieben...

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Juria » Do 28. Aug 2014, 10:15

Find super, dass in der von 2007 Bezug auf die von 2003 genommen wird. Bin gespannt, ob die Fernleihe funktioniert :)

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Voegelchen » Di 30. Sep 2014, 16:13

Habt ihr jetzt fleißig die Arbeiten studiert und könnt die Diskussion beleben? :-)
Wir lernen und lernen und lernen ....

Neuigkeiten vom Krummbein hier: https://picasaweb.google.com/101126478638499918145

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von katiebell » Di 30. Sep 2014, 19:07

@JanW: ich würde das mal Dr. Kellon unterbreiten.

Das kaum resorbierbare Eisen blockiert dennoch die Aufnahme von Kupfer und Zink. Deshalb wird es bei der Balancierung einbezogen.
Zum einen zeigten zwei Dissertationen der LMU-München, dass eine Eisengehaltbestimmung bei Heu wenig sinnvoll ist. Es kann keine Korrelation zwischen Eisengehalt und Dünnung, Schnittzeitpunkt oder Rohfasergehalt festgestellt werden.
Den Schluss daraus zu ziehen, dass die Eisenbestimmung nicht sinnvoll ist, verstehe ich nicht. Wenn du Kontamination ausschliessen möchtest, schüttele das Heu sehr gut aus, oder besser noch: wasche es. Dann weisst du sicher, dass das übrig gebliebene Eisen das ist, das auch aufgenommen wird.
Kellon ist allerdings insgesamt die richtige Anlaufstelle, es beschäftigt sich halt niemand anderes auf dem Niveau mit der Thematik. Ich würde die Fragen also in der Gruppe stellen.
Das National Research Council ist natürlich die richtige Anlaufstelle, um herauszufinden, wo die NRC Werte herkommen usw.
Zur Steuerung der Resorption von Eisen: Eisenüberversorgung lässt sich ja nun in Deutschland nicht ermitteln, in den USA aber schon. Und dort ist es auch ein häufiges Problem. Pferde mit Symptomen von Überversorgung habe ich aber auch hier in Deutschland schon in grosser Zahl gesehen.
Google spuckt mittlerweile auch mehr Links zum Thema iron overload aus.

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Juria » Di 30. Sep 2014, 20:05

Voegelchen hat geschrieben:Habt ihr jetzt fleißig die Arbeiten studiert und könnt die Diskussion beleben? :-)
Ich muss gestehen, ich habe das Buch noch nicht durchgelesen. Es ist relativ schnöde geschrieben :D Aber ich glaube so richtig könnte ich auch nach dem Lesen die Infos nicht auf das von JanW geschriebene übertagen.
Grob zusammen gefasst geht um die einzelnen Elemente. Also um Mengenelemente (Kalium, Phosphor, Kalzium, Magnesium, Natrium) und um die Spurenelemente (Zink, Eisen, Selen, Kupfer, Mangan) und wie bspw. die verschiedenen Bodentypen (also sandig, lehmig,...), die Düngung, Pflanzenalter, sowie der Schnittzeitpunkt den Inhalt beeinflussen. Dabei wird nochmal zwischen verschiedenen Artengruppen (bspw. Gräser, Kräuter) unterschieden und ich glaube auch zwischen dem ersten ud dem zweiten Schnitt.

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Re: Mineralstoffe im Heu

Beitrag von Annette » Mi 1. Okt 2014, 08:42

Hat Dr. Kellon nicht gesagt, es wäre noch nicht bekannt, ob ein EMS wegen zu hoher Eisenaufnahme entsteht oder ob ein zu hoher Eisengehalt im Körper Folge des EMS ist?
Oder ist das Rätsel inzwischen eindeutig aufgelöst?
Es ist einige Zeit her, dass ich ihre Texte diesbzgl. gelesen habe, aber im Grunde schrieb sie schon öfter, dass viele Dinge nur Theorien sind und noch nicht eindeutig geklärt.
katiebell hat geschrieben:Den Schluss daraus zu ziehen, dass die Eisenbestimmung nicht sinnvoll ist, verstehe ich nicht. Wenn du Kontamination ausschliessen möchtest, schüttele das Heu sehr gut aus, oder besser noch: wasche es. Dann weisst du sicher, dass das übrig gebliebene Eisen das ist, das auch aufgenommen wird.

Die Frage ist doch eher, wieviel vom "aufgenommenen" (=gefressenem) Eisen wird überhaupt resorbiert und wieviel wird "ungenutzt" ausgeschieden.
Annette

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