ich glaube, das (Un-)Wort Hufrolle ist in den letzten Jahren derart häufig und auch leider in diversen unterschiedlichen Bereichen benutzt worden, dass es vielleicht auch mal hier bei uns zum Thema mit einem eigenen Thread aufsteigen sollte.
Denn (in Deutschland, wie es woanders ist, weiß ich nicht aus eigener Erfahrung) ist es mittlerweile eine ganz häufige, sogar sehr schnell gestellte Diagnose in der Pferde-Schulmedizin, und irgendwie ist alles ganz schwammig und der Leidtragende ist das Pferd und der verwirrte, verängstigte Pferdebesitzer.
Um da nun mal aufzuräumen, fände ich es toll, wenn alle mal ihr Wissen, Ihre Erfahrungen, ihre Erfolge und Misserfolge, vielleicht Röntgenbilder, Fotos usw. zusammentragen könnten, damit das Thema Hufrolle einerseits seinen Horror verliert, andererseits mal durch Wissen auch mal sinnvoll behandelt werden kann.
So, Schluß der Predigt. Ich würde mich über rege Beteiligung freuen, und beginne mal mit dem Satz:
"Hufrolle" hat jedes Pferd, und zwar 4 Stück davon! Und das ist auch gut und richtig so!

Die Hufrolle ist ein Synonym für einen Bereich im Huf. Der besteht aus diversen anatomischen Bestandteilen, ist somit aus ganz verschiedenen "Materialien" zusammengesetzt, die jedes für sich erkranken können.
Beteiligt sind folgende Strukturen, die zusammen die Hufrolle bilden:
- das Strahlbein (Knochen, im Röntgenbild mit der Oxspring-Aufnahme darstelbar)
- die Bursa Podotrochlearis, der Schleimbeutel, der quasi zwischen dem Umlenkknochen (Strahlbein) und der tiefen Beugesehne, die ja über diesen Knochen zieht und dann am Hufbein ansetzt, sitzt und diesen belasteten Bereich quasi abpuffert und dämpft und die Reibung und dadurch den Verschleiß der Sehne und des Knochens verhindert. (im Körper gibt es viele solcher Schleimbeutel, vor allem wichtig an großen Gelenken)
- dem unteren Bereich dieser angesprochenen tiefen Beugesehne
- den seitlichen und unteren Strahlbeinbändern (da es sich um eine Aussackung eines Gelenkes handelt, sind logischerweise Bänder beteiligt, wie in jedem Gelenk)
- den Seitenbändern, quasi alle Bänder, die zwischen Hufbein, Kronbein, Fesselbein (manche ziehen quer hoch usw.), Strahlbein, aber auch den Hufknorpeln usw. bestehen
- in dieser Region befindliche Arterien, Sehnen, Lymphgefäße, Nerven
- unter und hinter der Beugesehne liegen das Strahlpolster und die Ballenpolster als bindegewebige Strukturen
In allen bindegewebigen Strukturen, seien es Seitenbänder o.ä. werden also Nervenfasern geführt. Verdeutlicht ist die Anatomie hier ganz schön bildlich dargestellt: http://www.hufrollensyndrom.de/html/die__hufrolle_.html, wenn auch manche Strukuren zwar in den Bildern ersichtlich, aber nicht speziell angesprochen und markiert werden, w.z.B. die Polster von Strahl und Ballen. Und ich freue mich total, dass ein paar Seiten weiter die neueren Erkenntnisse mit eingeflossen sind, also auch Strahlkissen, Durchblutung, Dämpfung usw: http://www.hufrollensyndrom.de/html/kra ... ozess.html
Es gibt alle sehr viele einzelne Strukturen (habe ich welche vergessen, dann bitte ergänzen

Die Diagnose: Hufrollenerkrankung bedeutet erst mal "nur", dass festgestellt wurde, dass eine bestehende Lahmheit aus diesem Bereich der Hufrolle kommt. Was da nun genau erkrankt ist, ist damit noch gar nicht herausgefunden. Sicher ist nur: der Schmerz sitzt im hinteren Bereich des Hufes!
Das kann man oft sehen, wenn Pferde versuchen, diesen Bereich nicht zu belasten, oft schon lange, bevor überhaupt eine Lahmheit auftritt, denn Pferde versuchen natürlich, gar nicht erst so krank zu werden, dass sie wirklich lahmen müssen. und Pferde lahmen erst recht spät, denn in ihren instinkten ist das Wissen verwurzelt, dass das Pferd einer Herde, was lahmt, als erstes einem Raubtier zum Opfer fällt!
Problematisch ist nun aber, genau herauszufinden, welche dieser Strukturen denn nun wirklich die erkrankte Struktur ist! Denn all das befindet sich sicher gepackt in einer Hornkapsel!
Man kann sich vorstellen, dass man das Strahlbein untersuchen kann über Röntgenaufnahmen. Brüche können dargestellt werden, und somit auch ausgeschlossen werden. Ein ganz typischer Röntgenbefund sind die sogenannten Lollipops, vergrößerte Kanälchen im Strahlbein, die die Oberfläche des Knochens betreffen können, und das Gelenk damit dann belasten und die Sehne reizen kann. Es gibt aber auch Pferde, die haben diese Lollipops von Geburt an... und sind nie einen Tag deswegen lahm... es gibt Pferde im Hochleistungssport, die diese Lollipops haben, und nie lahm waren... Lollipops allein sind also kein Indiz für Schmerzen! Ist aber leider oft allgemeingültige Praxis, dass Pferde allein wegen (manchmal sogar nur durch Zufall (z.B. bei einer großen AKU)) gefundener Lollipops die Diagnose Hufrollenerkrankung gestellt bekommen und dann nach schulmedizischer Sicht unbedingt Trachtenerhöhung oder Eiereisen, also auf alle Fälle einen Spezialbeschlag brauchen.
Die Bänder und den unten in der Hufkapsel befindlichen Teil der Beugesehne zu untersuchen ist nun sehr aufwendig und kostenintensiv. Denn einfach mal den Ultraschall dran halten geht wegen der dicken Hornkapsel nicht.
Würde man den Verdacht eines Fesselträgerschaden haben, würde man schallen, und dann das Pferd auf einen Bänderschaden behandeln, oder? Nicht einfach Trachtenerhöhung/ Spezialbeschlag und dann normal weiter reiten, oder??? Also kein Wunder, dass solchermaßen behandelte Pferde oft nach 1-2 Jahren völlig platt sind und große Folgeschäden haben, die natürlich den Lollipops zugeordnet werden! Einen Fesselträgerschaden derart unbehandelt und nicht auskuriert zu belassen hätte ja als logische Schlussfolgerung auch einen Geichbeinschaden zur Folge und die weitere Zerstörung des Fesselträgers...
Und genau das haben einige Mediziner festgestellt bei der "Hufrolle". Oft wird die Sehne oder die Bänder durch falsche Hufstellung oder mangelhaften Beschlag überlastet, eine latente Reizung und Entzündung ist die Folge, was dann irgendwann als Folge den Knochen angreift...
(Hat jemand den Link zu diesen Studien und den Ergebnissen zufällig greifbar?)
Natürlich kann der Schleimbeutes entzünden, die echte Podotrochleose, ist dann eingetreten.
Man kann also über weiterführende Untersuchungen (Leitungsanästesien) einzelne Bereiche auszuschliessen versuchen, leider diffundiert das Anästetikum sehr schnell in den Bereichen in alle Richtungen, und wirklich perfekt den gewünschten Bereich zu treffen, hey, das ist auch eine Kunst! Da gibt es viele Fehldiagnosen.
Man kann Szintigraphieren.
Man kann das Pferd in manchen Kliniken ins MRT schicken. Teilweise werden hierbei massive Schäden ersichtlich, welche im Röntgenbild nicht darstellbar waren: Wieder ein Direktlink zu der oben schon verlinkten Seite: http://www.hufrollensyndrom.de/html/ker ... rafie.html.
Die teuerste Untersuchungsmethode, und am stehenden (oft sedierten) Pferd nicht in jeder Klinik möglich. Aber die untersuchungsmethode mit den größten und besten Darstellunsgmöglichkeiten vor allem auch der Weichteile und deren Schädigungen.
Wenn man genau weiß, welcher Teil der Hufrolle nun wirklich erkrankt ist, kann man ihn auch sinnvoll behandeln!
Wenn Schäden eingetreten sind, die nicht mehr so leicht zu behandeln sind, kann man oft trotzdem eine Schmerzhaftigkeit erreichen durch Kräftigung der hinteren Strukturen, denn oft sind diese einfach über Jahre unterentwickelt.
Verkümmerte Strähle, Trachtenzwanghufe, unteerentwickelte Strahlpolster, kleine, gequetschte Ballenpolster, unterentwickelte Hufknorpel, zu wenig Gefäße in diesen Strukturen...
Bei einer Barhufumstellung kann man diesen Defiziten langfristig entgegenwirken. Viele Pferde laufen schon noch lahmfrei auf unterentwickelten Strukturen herum, zeigen Zehenfußung, achtet mal drarauf, wie die Hufe auffußen bei den Pferden, denen ihr begegnet!
Diese Fußung kann man gesunden lassen. Dadurch erreicht man dann die Kräftigung der hinteren bereiche, und vielleicht erkranken diese Pferde dann niemals an den Strukturen der Hufrolle. und schon erkrankte Pferde können evtl. nach 1 Jahr wieder schön und gesund (oder wenigstens schmerzfrei) laufen. Denn Sehnen- und Bandprobleme heilen ja auch irgendwann, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt.
Eine Behandlung der einzelnen Strukturen macht nur langfristig Sinn, wenn die Ursache der Erkrankung gefunden und auc behandelt wird.
Also, achtet schon auf die Hufgesundheit, bevor Euer Pferd Lahmheiten zeigt! Das ist die beste Vorbeugung! Rückständiges stehen zeigt, der hintere ufbereich ist unangenehm, Zehenfußung auch! Schaut mal genauer auf die Hufe Eurer Pferde! *Predigermodus aus*

So, Ergänzungen, andere Erfahrungen, Fallbeispiele, Fragen, Ideen, Bilder, Röbis usw., bitte.

Ich werde auch noch Beispiele einstellen. Und ein paar Bilder, Röbis usw.
Muss nur jetzt erst mal los!
Lieben Gruß