Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

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SilentDee
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Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von SilentDee » Mi 17. Okt 2012, 14:25

Hallihallo!

So, ich starte mal den ersten, hmm, umfangreichen "Fall". und ich starte, indem ich die aktuelle Problematik schildere, wie sie ein Tierarzt oder dann auch alternativer Hufbearbeiter erzählt bekommt, wenn er/sie gerufen wird.
Denn meist wird ja erst etwas verändert, wenn das Pferd lahm ist. ;)

Also:

8 Jahre alter Quarter Horse Wallach, lahm jetzt seit 3/4 Jahr, zu Anfang der Untersuchungen also erst 1 Woche. Steht im Offenstall, verschiedene Böden, halbtags Weide, das ganze Jahr hinweg Heu aus Raufen zur freien Verfügung, ansonsten nur Alibiprotion Müsli, damit das mäkelige Pferdchen sein Mineralfutter aufnimmt.
Im Januar 2012 kommt es lahm von Koppel, sehr schief, anscheinend Weideunfall (hingefallen beim Toben?), Hüfte schief, alles schief.

TA, die auch Osteo ist, auf Empfehlung angerufen - die Dame stellte die Diagnose schon am Telefon! Hufrolle! :shock:

Auf Bitte kam sie dann auch zum Pferd, es wurde nicht palpiert, und es durfte auch nicht über ebenen Asphalt geführt werden, weil das "arme Pferd" ja barhuf sein... ;) Dass es vor diesem Unfall jahrelang über jeden Boden gelaufen ist, als wäre der aus Gummi-Plüsch, hat die TÄ nicht interessiert. Diagnose: Hufrolle vorne links!
Therapievorschlag: Hmm, kann man eigentlich kaum was machen, Entzündungshemmer und Spezialbeschlag! :? Dann läuft es wohl noch ein paar Jahre. Die schiefe Hüfte usw. hat sie nicht wirklich beachtet.

Durchgeführte Therapie: Tierärztin weggeschickt, Physio und andere Tierärztin gerufen! ;)

Tierarzt-Untersuchung: Lahmheitsuntersuchung durch Vorführen, ja, tut weh, aber nicht sicher, ob vorne links oder vorne rechts...

Ich denke: Hmm, schwierig, entweder Stützbein vorne rechts oder Hangbein vorne links. Also erst mal Physio, um dann weiter zu gucken, dazu ruhigstellen des Pferdes in separiertem Bereich, denn das Pferd tobt und rennt trotz Lahmheit mit der Herde herum und springt sogar über Baumstämme.

Physio: Blockade Ellenbogen vorne links, Hüfte extrem in alle möglichen Richtungen verschoben, anscheinend ist das Pferd wirklich gestürzt. 2 x Physio nebst Übungen für die Besi und das Pferd läuft deutlich besser. Zurück bleibt immer noch eine Lahmheit vorne.

Fachtierarzt und gleichzeitig Chiropraktiker findet noch blockierte Wirbel und Rippen, löst die, angeblich kommt die Lahmheit davon!

Fazit: Pferd ist immer noch lahm, entweder vorne links oder vorne rechts (oder beides?)

Nächster Tierarzt: Verdacht auf Trauma, verstauchung o.ä., also 2-3 Monate Ruhe, dazu leichter Entzündungshemmer anfangs...

Fazit: Pferd läuft erst etwas besser, bekommt Schrittaufbauprogramm, und es wird wieder schlechter.

Links scheint es über die Zehe zu stolpern, quasi festzuhängen, es steht auffällig rückständig. Entlastet den vorderen rechten Huf, und grundsätzlich die beiden hinteren Hufbereiche an den Vorderbeinen. Stolpert, geht kurz, klamm und lahm m.E. vorne rechts.

Nächster TA: Leitungsanästhesie: Da Lahmheit auf vorne links geortet wird, erst TPA1 dort. Lahmheit springt um. Verstärkte Lahmheit vorne rechts! -> Ja, doch Hufrolle!!!

Therapievorschlag: Entzündungshemmer und Spezialbeschlag!

Besitzer macht das nicht, sondern möchte lokalisiert haben, was an der Hufrolle denn nun kaputt ist. Zumal an den ehemals super klasse und gesunden Hufen mittlerweile Puls zu fühlen ist (latent, aber da, wo sonst keiner war) und der Huf sich komplett umformt, extrem zum negativen. Ringe, Trachten wollen durch die Schonung ganz steil werden, Lamellenschicht wird gestaucht im Zehenbereich, es bildet sich Pilz durch die Feuchte im Krankenpaddock, das Pferd bekommt zur dämpfung Krankenschuhe an (damit geht es besser, aber nicht gut!), und die Hufe werden mal wachsen gelassen, um herauszufinden, was er genau schont usw.)
Und bei der nächsten Kürzungs-Bearbeitung wird ein massiver Bluterguss im hintersten Strahlbereich sichtbar!
Bild

Also Röntgenuntersuchung vorne links im Februar:
Bild
und
Bild
(Pferd ist nicht mehr kooperativ nach der Leitungsanästhesie und will die TÄ töten, steht nicht gut auf Klötzen deswegen und wird dann, weil ein Bruch ausgeschlossen werden soll (Hufbeinast, Strahlbein o.ä.) nur auf einen Klotz getackert... :lol: Also kann man leider die Knochenachsen nicht wirklich beurteilen...)

Im März dann auf Wunsch der Besi dann eben rechts auch, weil dort ja die Lahmheit sitzt, die TÄ wollt das gar nicht mehr machen, weil es ja Hufrolle hat... ist ja klar, oder?

Also die Bilder von März vom rechten Vorderbein:

Bild

und

Bild

Parallel zeigt sich die Blutergußeinblutung im Strahl weiter herausgewachsen und angeschnitten (wegen Pilz-Gammel) so:
Bild
Und es wurde hier nicht tief in die mittlere Strahlfurche geschnitten, nein, es war eine angeschnittene Blutblase im Strahl, die herauswuchs... und nun eröffnet wurde. Einmal das Blut rausgelaufen, dann trocken. Halt eine Blase...

Hat übrigens keinerlei Erleichterung verschafft, als die Blase dann leer war... Mittlerweile ist März 2012...

So, was vermutet, seht und denkt Ihr bisher?

LG

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von saskia » Mi 17. Okt 2012, 21:16

Darf man seinen Kommentar auch auf weitere Infos gründen, die nicht hier im Posting stehen? Ich glaube, den Mitgliedern die schon länger hier sind, ist klar um welches Pferd es geht, da der Fall ja schonmal besprochen wurde (soweit es zu dem Zeitpunkt möglich war. Die "Lösung" war da ja auch nicht bekannt.)

Ich halte meinen Kommentar erstmal zurück, weil ich dafür eben auch diese anderen Infos herangezogen hatte und ich nicht weiss ob das erwünscht ist, dass man schon darauf Bezug nimmt.

Ich hätte nur ganz allgemein die Anmerkung, den Zeitablauf etwas konkreter anzugeben : wieviel Zeit nach dem Unfall war vergangen, bevor die Physio die Blockaden löste, zu welchem Zeitpunkt in der Chronologie wurde der Bluterguss festgestellt, die Blutblase, ab wann fiel das rückständig stehen auf (er stand doch die erste Zeit noch geschlossen?) Ich denke, solche Angaben können zu einem vollständigeren Bild beitragen.
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von SilentDee » Mi 17. Okt 2012, 23:31

Ja, das stimmt.

Wobei sich jetzt, wo wir eine echt nachweisbare Ursache gefunden haben, alles im Nachhinein entwirrt und derart aufklärt und erklärt, dass ich ganz viele Untersuchungen und Behandlungen im Nachhinein gar nicht durchgeführt hätte... :D

Ich versuche es mal genauer:

- Mitte Januar kommt das Pferd einen Tag abends schief und lahm (man hatte das Gefühl, er weiß nicht, in welcher Reihenfolge die 4 Beine überhaupt gesetzt werden müssen) von der Koppel.

- am nächsten Tag ist vormittags die TÄ da (mit der telefonischen Diagnosestellung) und nachmittags die Physio und löst Blockaden, richtet das Pferd wieder gerade. Übungen werden zur "Hausaufgabe" gegeben, in 3 Wochen Folgetermin vereinbart.

- Lahmheit vorne bleibt. Übungen helfen auch nicht weiter...

- 2. Tierärztin ca 2 Wochen nach dem ersten Termin zugezogen.

Hmm, genauer kann ich es mittlerweile gar nicht mehr schreiben...

Wichtig ist irgendwie, dass immer die Diagnose Hufrolle gestellt wurde, das Pferd den hinteren Hufbereich merklich schont, Ruhe schon erst mal hilft... Aber die Lahmheit wiederkommt nach Ruhezeit. Es wurden keine weiterführenden Untersuchungen angeraten, nie erzählte ein TA, dass man genauer abklären müsse, was nun genau für eine Struktur kaputt ist... Nur auf Nachfragen meinerseits. Die Schulmediziner waren sich einig, dass Ruhe, dann ein langsames Bewegungsprogram zum Erfolg führen würden. Mal mit Entzündungshemmer, mal ohne.

Latenter Puls war übrigens zu fühlen, weswegen dann auch die Röntgenbilder gemacht wurden. TA wollte nu Oxspring machen, aber wegen dem latenten Puls und der Hufveränderung wollte ich unbedingt auch Reheveränderungen abchecken... und Brüche ausschliessen, denn das hätte eindeutig gepasst von der Klinik her.

(Wenn man einen Fall ein dreiviertel Jahr durchdenkt, ist die chronologische Reihenfolge echt schwierig... ;) )

Zwischendurch wurde beklebt, mit Polster und Schale, Duplos ohne Polster, Duplos mit Polster, Krankenschuhe von Easyboots, Krankenschuhe von Engl, Epic mit dicken grünen Einlagen, zwischendurch immer wieder barhuf... Je dicker die Einlage, desto normaler fußte das Pferd.

Am 27. Februar wurde der Bluterguß entdeckt, am 9.April war er soweit rausgewachsen, dass die Blase eröffnet wurde, aber auch das brachte keinen Unterschied.

Iwest Magnoflexal und Magnobuild wurden eingeschlichen und gefüttert... (wegen Bindegewebsapparat, denn eine TÄ meinte dann, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Kollateralbänder angerissen wären, also wieder Ruhe, Stehen...)

Der letzte Tierarzt war extrem überheblich und überzeugt, er sei der Heiler überhaupt, es sei eine Lapalie, die in 14 Tagen weg wäre, wenn man nur das täte, was er sagte. :roll:
Da ich nur Gutes von ihm gehört hatte, und mittlerweile die meisten Tierärzte der Region durchprobiert waren (nebst Heilpraktik mit Blutegeln usw. zur Heilung der Kollateralbandschäden ;) ) und er den Ruf hat, ein Ursachenfinder zu sein, blieb nichts anderes übrig, als sich darauf einzulassen.

Und was war die Wunderheiler-Diagnose?

*Trommelwirbel*

Das Pferd ist ja barhuf, und wenn man ein gutes Eisen drauf nageln würde, dann würde der wieder laufen!

:lol:

Er fand auch noch einen angeblichen Schaden des Checkligaments... war druckdolent. Kein Wunder eigentlich nach einem halben Jahr Lahmheit mit Entlastungshaltung...

Aber der TA war 100%ig überzeugt, dass es eine Sohlenlederhautentzündung sei... das konnte er sogar auf dem Röntgenbild sehen. Kann das Jemand??? :lol: Wahnsinn, der Kerl!
Es wurde also ein Dallmer Cuff mit T-Bügel geklebt, dem eine massive Abrollrichtung eingebaut wurde, man kann den ganz gut zurücksetzen... Damit die Sohle und der Strahl komplett zur Ruhe kommen sollten. Und dann Bewegungsprogram!

Und, was meint ihr? (diesen Teil der Geschichte kennt, glaube ich, noch Niemand. Wir waren bei der Kollateralband-Diagnose, damals...)

Was seht Ihr in den Röntgenbildern? Vielleicht ist ja auch etwas übersehen worden, also bitte, gern mitsprechen, Fragen stellen (vergesse bestimmt etwas)

Das rückständige Stehen wurde mit der Zeit immer mehr. Genauer Zeitpunkt, ab wann es auftrat, kann ich gar nicht genau sagen... Im Winter um Weihnachten herum stand das Pferd noch geschlossen und mit lotgerechten Röhrbeinen...

LG

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Pferdefreund
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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von Pferdefreund » Do 18. Okt 2012, 01:04

also ich wuerde die Eckstreben mal ganz gut kuerzen, die koennten den Strahl einquetschen. Dann den Strahl soweit zurueckschneiden dass er unter dem Hufrollenbereich erst mal "Luft" hat. Wennn das dann nicht schon hilft wuerde ich EF Schuhe mit therapeutishhen pads ausprobieren. Wenn er da besser laeuft, mit denen langsam aufbauen.

An den roebis sehe ich nichts, ist aber vemutlich eher meiner Inkompetenz zuzuschreiben :D

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von Heike4 » Do 18. Okt 2012, 07:41

Bei den Fotos fiel mir auch auf, dass die Eckstreben teils sehr weit nach vorne reichen und ich musste da an Kathie denken, die ja auch keinen Druck dort mag. Deren Eckstreben sind ja bis auf kurze Stummel weg...... und sie lief gleich nach der Entfernung viel viel besser. Also drückten sie, das haben wir ja beide festgestellt.

Ansonsten denke ich, es könnte ja durch die Prellung, sehr unglücklich auf einen Stein getreten, irgendwo muss der Bluterguss ja herkommen, eine Folgeentzündung der Sohlenlederhaut sein, deswegen auch die fehlende Verbesserung bei Strahlpolsterung? Kann sich nach so einer langwierigen Entzündung in dem Bereich auch irgendwie eine Knochenhautentzündung anschließen? Das wäre so mein Gedanke. Erst der Bluterguss durch den Stein?, dann die gequetschte Sohlenlederhaut- Entzündung -, dann als Folge die Knochenhautentzündung oder eine Sehnenreizung/-entzündung, eben durch die Fehlbelastung??

Das war so das was mir durch den Kopf ging.

Also doch einfach erst mal laufen lassen, die Zeit heilt alles?

Und - nicht hauen - vielleicht wäre der Gedanke Eisen drauf und schauen wie es dann läuft - auch kein so schlechter Gedanke gewesen. Denn wenn es durch den Bluterguss kam, dann ist mit Eisen die Sohle doch entlastet. Den Gedanken hatte ich bei Kathie ja auch. Entweder Last auf den Strahl, Tragrand ohne Last oder Last auf den Tragrand und Sohle ohne Last. Ausprobieren hilft.
Geht nicht, gibt es nicht.

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von saskia » Do 18. Okt 2012, 10:00

Wenn man einen Fall ein dreiviertel Jahr durchdenkt, ist die chronologische Reihenfolge echt schwierig...
Ja das glaub ich dir. Ich hatte damals bei der Lahmheit meines Pferdes Tagebuch geführt (erst begonnen mit dem Tagebuch, als die Lahmheit unverändert ein paar Tage anhielt (natürlich auch sofort am nächsten Tag TA dran gehabt, aber ausser leichter Dämpfung der Symptome durch die verabreichten Schmerzmittel gab es erstmal keine Änderung. Daher dann Tagebuch). Ich würd Jedem raten, bei jeglicher Art von Problemen, die länger als 3-4 Tage anhalten, Tagebuch zu führen. Behandlungsmassnahmen notieren, Beobachtungen (Änderungen zum positiven oder negativen, neu beobachtete Kleinigkeiten), Gedanken und Überlegungen... Sowas kann später, wenn die Symptome unverändert anhalten (bzw sich verschlechtern oder verbessern) eine gute Hilfe sein, wenn man nochmal GENAU nachlesen kann wann was war, und Dinge in direkteren Zusammenhang bringen kann.

Ich schreib meinen Kommentar nochmal neu, ohne die früheren Infos zu berücksichtigen.

Ganz allgemein : wenn ein Pferd rückständig steht, heisst es oft sofort "dem tun die hinteren Breiche der Vorderbeine weh." Muss aber nicht so sein : wenn dem Pferd die HINTERhand weh tut, könnte es auch das Gewicht auf die Vorhand schieben, um hinten zu entlasten. Auffallend ist auch, dass das Pferd galoppiert und sogar über Baumstämme springt. Würde ihm vorne was weh tun, würde es bei der Landung doch sooo'n Schmerz haben, dass es zu Boden geht? Wenn es aber trabt, lahmte es.

Nun hatten wir kürzlich eine ähnliche Geschichte. Allerdings in wesentlich milderer Ausführung und auch schon wieder okay. Ich hatte gesehen wie's passiert war : die Pferde standen auf der Weide direkt am Zaun, als ein riiiiesiger silbern blitzender Tanklaster genau vor ihrer Nase auf dem schmalen Weg entlagfuhr. Die Pferde staunten das Gefährt interessiert an, und erst als es schon fast an ihnen vorbei war, beschlossen sie, doch mal Angst zu kriegen und schossen vom Zaun weg. Nicht wie üblich nur 3-4 Schritte, sondern eine ganze Strecke weit weg. Dabei trat das eine Pferd mit hr in eine Kuhle, die er sich selbst als Wälzstelle gescharrt hatte. Die Kuhle ist da schon seit Monaten. Ich hab schonmal überlegt, sie zuzuschütten, aber er würde sie eh nur gleich wieder aufscharren. Ausserdem ist die Kuhle da schon seit Monaten, die Pferde wissen also dass sie da ist. Aber in dem Moment der Flucht mit der Aufmerksamkeit beim Tanklaster, Kuhle nicht bedacht. Er sackte also hr kurz ein (ging nicht ganz zu Boden, nur eben so wie wenn man unerwartet tiefer tritt als berechnet.) In den folgenden Tagen schien er hr etwas häufiger zu schonen als hl, aber immer wenn ich bewusst drauf achtete, glaubte ich es mir nur einzubilden, denn hl kam auch zum Entlasten dran. Ansonsten wunderte ich mich, dass er fröhlich galoppierte, buckelte, im Schritt auf allen Boden unauffällig war, sogar Renntrab war kein Problem, nur im langsamen Trab tickte er. Und nochmal gut sichtbar beim Parieren vom Trab-Schritt (kein Longieren, kein Reiten in der Zeit, nur Weidebeobachtungen). Und er stand wieder deutlich rückständig. Das Problem hatten wir ja mit entsprechender Hufbearbeitung gut gelöst gehabt, und nun plötzlich doch wieder. TA hatte ich übrigens nicht dran, weil ich dachte, das wird in ein paar Tagen von selber wieder. Und ich wollte auch nicht dass dem Pferd nutzlos AB reingehaun wird (Standard-Therapie....).


Wie gesagt, nach ein paar Tagen ging es schon wieder, und nach 2 Wochen war nicht die leiseste Spur der Beschwerden mehr zu sehen.
Jedenfalls hatte ich kapiert (oder glaube kapiert zu haben) : Im Galopp/Renntrab schiebt das Pferd das Gewicht auf die Vorhand, daher hinten keine Auffälligkeiten. Im langsamen Trab und bei Paraden muss es hinten Gewicht aufnehmen > Schmerzanzeichen. Rückständig stehen : Gewicht schieben auf Vorhand, Entlasten des schmerzenden hinteren Bereiches. (ähm , also in dem Falle nicht der hintere Bereich der Vorderhufe, sondern hintere Bereich des Körpers).

Von daher denke ich, dass bei dem Pferd in eurem Fall die Probleme hinten sitzen, aber dass durch den schweren Unfall an mehreren Stellen Baustellen entstanden waren (Hufprellung vr, Verspannung Ellbogen vl, usw,) und daher verschleiern die einen Symptome die anderen. Man konzentriert sich auf Symptome die am Auffälligsten sind, übersieht dabei Ursachen an anderen Stellen, die dann weiterhin an wiederum anderen Stellen Symptome verursachen.
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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von FraukeBF » Do 18. Okt 2012, 12:11

Hi,

die Ausführungen und Beobachtungen von Saskia finde ich sehr interessant und sie machen für mich auch Sinn. Ich habe ähnliche Beobachtungen gemacht. Das rückständige Stehen ist bei meinem Pferd trotz unterschiedlicher Hufbearbeitung nahezu nie ganz weg zu bekommen. Die Sohle ist auch absolut unempfindlich, mit der Zange nicht eindrückbar (jedenfalls kann ich es nicht) in allen Bereichen, auch Eckstreben und Strahl und er hatte noch NIE irgendeine Art von Hufgeschwür. Aber er hat eine chronische muskuläre Erkrankung, die insbesondere den Bereich der Lenden/Kruppenmuskulatur betrifft und ausserdem seit Beginn Probleme mit der HH. Je nach Tagesform steht er dann deutlich besser bis nahezu lotrecht auf der VH oder rückständiger.
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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von SilentDee » Fr 19. Okt 2012, 00:09

Das ist spannend, da muss ich mal drauf achten. :D

Er hatte ja auch total verdrehte Hüfte, könnte also auch daher kommen. *im Hirn notiert*

Ich hatte mit dem letzten TA ja die Diskussion, dass unter einem Beschla mit schwebender Sohle und schwebendem Strahl alles besser würde. Und ja, das Pferd trat anders auf, aber es wurde so schnell so schlimm wie nie zuvor, dass ich die bewegungstherapie nach 2 Wochen, als das Pferd dann unterwegs plötzlich das Bein nach vorne-seitlich raushob und so gut wie gar nicht mehr belasten wollte, komplett abgebrochen habe und die Klebebeschläge abgenommen habe.

Ich habe in diesem Moment verinnerlicht, dass ich zukünftig nur noch auf mein eigenes Bauchgefühl höre, und nicht gegen dieses Bauchgefühl aus Vernunftgründen (weil man ja immer Angst hat, betriebsblind zu sein) Dinge ausprobiert, die man eigentlich völlig unlogisch findet.
Der Tierarzt war übrigens nach meinen Telefonaten immer total euphorisch. Ich sagte: "Herr XY, das geht nicht, das Pferd wird mit jedem Schritt lahmer!" Er:" Suuuper!!! Klasse!!! Wenn es erst mal schlimmer wird, wird es hinterher verheilen können, denn es ist ja mittlerweile chronisch!"

WAS FÜR EIN MÜLL!

Meiner Erfahrung nach gibt es keine unklaren Lahmheiten. Es ist, sobald das Pferd wirklich lahmt, irgendwo eine schmerzhafte Ursache vorhanden, denn Pferde kompensieren so viel, bevor sie echt lahmen... Nur, weil man die Ursache noch nicht gefunden hat, heisst das nicht, dass sie nicht existiert!

Ich habe also beobachtet:
- wenn der Strahl und die Sohle schweben, tritt das Pferd erst mal anders auf, aber die Lahmheit verschlimmert sich massiv.
- das gegossene Polster aus Equipak CS nebst geklebter Schale hat dem Pferd nicht gut getan, es wurde nicht besser, sondern die Sohle wurde dünner!
- dicke Einlagen, die locker in den Schuhen lagen, taten ihm am besten, er fußte am besten auf und es verbesserte sich...
- der große, massive Bluterguss im hinteren Strahlbereich

Die Blockaden usw. sind physiotherpeutisch, chiropraktisch usw. gelöst und mehrfach kontrolliert worden. Die Lahmheit muss also in dem hinteren Hufbereich ihre Ursache haben, denn er fußt deutlich zehenfußend und auch innen belastend auf, was deutlich wurde, nachdem ich während der erzwungenen Ruhephase (habe ihn da ja nicht geführt) seine Hufe nur gekürzt und nicht ausbalanciert habe, sie haben sich massiv verändert.

Er hatte früher eine komplett geschlossene Lamellenschicht, dicke Sohle natürliche Wölbung, gerade Wände und relativ gleichmäßig belastete Hufe, sie wurden seit der Lahmheit von waagerechten Ringen durchzogen (Entzündungen, veränderte Belastungen, Futter wurde nicht ständig geändert, nur einmal IWest eingeschlichen...) und die Zehe wurde flacher gewinkelt, aber die inneren Trachten und Seitenwände wurden so stark mehrbelastet, dass sie steiler wurden, später mit der stärkeren Lahmheit durch die "kompetente Fachleutebehandlung" (ich bin soooo unglaublich sauer auf den Tierarzt, zumal er eine ganz krasse Rechnung geschickt hat und sich seitdem nicht mehr meldet, seit ich die echte Ursache nachweislich gefunden habe und da mal drüber sprechen wollen würde...) ist der hintere Bereich so gar nicht mehr belastet worden, dass er sehr viel steiler nachwächst...
So sah der Huf im Juni aus, länger nicht bearbeitet, nur rundum gekürzt 14 Tage vorher (das habe ich mir aufgeschrieben... :lol: ), während er im Krankenschuh RX mit dicken, weichen Einlagen "lebte":
Bild

und:
Bild

ich habe nun (eigentlich schon relativ früh) aber vermutet, dass er einen weichteilschaden im Bindegewebe hat, und er ist im MRT untersucht worden.

Der letzte Tierarzt hatte ja noch mal neu geröngt und geschallt (auf meinen Wunsch hin, er wollte nicht, weil er ja so ein Wundertierarzt ist, der sich 100%ig sicher war in seiner Diagnose :x ) und festgestellt, dass der Fesselträger etwas beansprucht ist.

Mittlerweile war übrigens der 19. September, denn das Pferd stand ja auf Anraten vieler Tierärzte 4 Monate nach zahlreichen diversen Behandlungsversuchen ruhig in einem einzelnen Krankenpaddock (mitten im Paddock, damit er ein Herdenmitglied bleibt - voll süß, einer der herde ist immer bei ihm gewesen... :) ) und die nun nochmal (mit den Dallmer Cufs geklebten) georderten Röbis (ob da nun irgendwelche Knochenveränderungen zu sehen sind nach der langen Lahmheit) sahen so aus:


Da sich seine erste Theorie ja nicht bestätigt hatte, dass es eine Lapalie sei und nach 14 Tagen Sohle und Strahl schwebend nicht besser, sondern massiv schlechter geworden war, und er dann sicher war, dass es das Checkligament war, was man angeblich im Ultraschall nicht darstellen konnte, (auch Blödsinn, fähige Tierärzte können es darstellen. es hat anscheinend nur seine angeblich ja so sichere Diagnose selbst als falsch gesehen und es nicht zugegeben), der Fesselträger aber die Beanspruchung zeigte (was eine logische Schlußfolgerung der falschen Fußung und der Schonhaltung ist), wurde ich immer sicherer, dass er ein extrem unsympathischer Blender ist, der eigentlich gar keine Ahnung von Klinik hat.


Er anästesierte daraufhin das Hufgelenk und obwohl die Gelenksflüssigkeit sehr gut aussah war er der meinung, jetzt wirklich die Ursache gefunden zu haben: Hufgelenksentzündung!

Und natürlich müsse man nun intraartikulär spritzen Hyaluronsäure und Kortison...

Hat gar nichts geholfen, und ich wurde immer wütender auf mich selbst, dass ich das alles noch machen lasse...

Und er wollte noch 1-2 Mal rein spritzen, diesmal nur Kortison, und lies die negativen Auswirkungen völlig außer Acht...

Ich sagte "nein" und bestand auf einer (schon lange eigentlich fälligen) Weichteiluntersuchung im MRT!

Hach, da war dann die Ursache sowas von eindeutig!

Und alles, was er bisher an Medikamenten und Behandlung bekommen hat war so gut wie sinnlos! Und sehr teuer! (MRT war nun nur ein Bruchteil der Kosten und hätte gleich am Anfang gemacht werden sollen...)

Vermutungen?

- latenter Puls
- Bluterguß im Strahl
- Lahmheit vorne rechte
- vorne links deswegen stolpern und kurze Schritte
- rückständiges Stehen
- Entlasten der hinteren Hufregion
- mit eingegossenen Polstern keine Änderung, nur Hufsohle wird weicher und dünner...
- mit dicken, weichen Einlegesohlen Verbesserung
- mit Beschlag (geklebt) mit schwebender Sohle und Strahl massive Verschlechterung, auch noch nach Abnahme hochgradige Lahmheit...


Vergessen habe ich, glaube ich, dass wir ihn 2 x mit Blutegeln therapiert haben, einmal seitlich für die Kollateralbänder und HG und einmal durften sich die Egel die Stelle selbst suchen... und wo saßen sie alle? ;)

Bild

Wegen der dünne Haut dort, oder gehen sie doch intuitiv da hin, wo sie gebraucht werden??? :think:


Ich habe leider nicht viele Hufbilder gemacht, weil ich einfach immer in Hektik war, zu viel Arbeit, da nimmt man sich beim eigenen Pferd leider nicht die Zeit, die man sich nehmen sollte. hab aber auch die Notbremse gezogen...

Jedenfalls sind die Hufe total schief geworden.

Die Eckstreben habe ich übrigens eine Zeit lang viel massiver zurückgenommen, als ich es früher immer gemacht hatte, um mal veränderungen zu "erforschen"... heute ärgere ich mich massiv da rüber, denn mit kürzeren Eckstreben geht er massiv schlechter... Er braucht sie. (Natürlich nicht die übergelegten Eckstreben, die nehme ich natürlich immer weg von der Sohle, aber ich mache grundsätzlich kaum nachher-Fotos... :lol: )

Mein nächster Post verrät die Ursache, mit Beweisbild, aber rätselt bitte ruhig noch ein bischen weiter... :mrgreen:

LG

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von SilentDee » Fr 19. Okt 2012, 00:16

Oh, der Vollständigkeit halber füge ich auch noch ein Thermographiebild ein, was wir zu Zeiten der Lahmheit, als sie noch gar nicht so extrem schlimm war, gemacht haben:

Damals hat die TÄ noch geglaubt, er lahmt vorne links wegen dem Stolpern und dem kurzen Schritt. Und mir nicht glauben wollte, dass die Lahmheit vorne rechts begründet ist... hat sie ja erst durch die umspringende Lahmheit bei TPA1 vorne links zum Teil geglaubt.
Wobei es sehr interessant ist, dass eine Ursache vorne rechts zu deutlich kürzeren Tritten vorne links und stolpern führt, weil das eben passiert, wenn man vorne rechts entlastet. ;)

Bild
April 2012

Da er hier ja nicht geschlossen steht, zur Info: Wir haben an zwei verschiedenen Tagen die selben Ergebnisse gehabt, in allen erdenklichen stellungen, Positionen usw... Die Wärmeverteilung war immer gleich ungleich. ca 4°C kälteres rechtes Vorderbein!

LG

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Re: Pferd 3/4 Jahr lahm... Hufrolle?

Beitrag von Pferdefreund » Fr 19. Okt 2012, 02:07

mmmh, jetzt will ich es aber wissen!! :D

Danke fuer die ausfuehrlichen Beschreibungen!

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