Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

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greenorest
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Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von greenorest » Sa 12. Sep 2015, 20:08

Hallo,

hier habe ich einen interessanten Fall für euch:

Quarter-Stute, ca. 29 Jahre, Rentnerin (gesundheitlich nicht mehr topfit, schon etwas wackelig auf den Beinen etc.). Nach Auskunft der Besitzerin hatte die Stute ihr Leben lang(! -bearbeitet von diversen Hufbearbeitern) tiefe Risse in den Zehenwänden beider Vorderhufe. Als sie noch geritten wurde, war sie 4-fach mit Eisen beschlagen, lief nun aber schon einige Zeit (>1 Jahr) Barhuf.
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Neben den Rissen erkennt man, dass zusätzlich die Hufe auch noch unterschiedlich gewinkelt sind, vorne links ist ein "Platthuf". Die Stute hat schwache Strahlkissen und Hufknorpel, dünne Wände und allgemein eine wirklich schwache Hornsubstanz. Zusätzlich Fäulnis überall, Strahl, weiße Linie...
Also: Nicht gerade optimale Voraussetzungen.

Die Fotos vor der ersten Bearbeitung machten die Besitzer (daher leider etwas ungünstige Winkel, aber man erkennt genug)

Vorne Links:
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Vorne Rechts:
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(Dieser Huf war noch der "steilere"...)

Nur 4 Monate später(!) sehen die Hufe so aus:

Der Platthuf vorne links:

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(Die Querrinne markiert den Start meiner Bearbeitung, ich brachte ihn bei der ersten Bearbeitung ca. 1 cm unterhalb des Kronrands an)

Vorne rechts:

Bild
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Die Hufe sind noch längst nicht optimal, ich bekämpfe noch Gammel und Reste der Verbiegungen, aber Verbesserung ist dramatisch. Von den Rissen bleibt eine Narbe, die sich als geschlossene Delle in der Wand zeigt. Das Pferd läuft problemlos - schade, dass man dies nicht schon viele Jahre früher gemacht hat.
Übrigens habe ich das Pferd nur 3x im 4-Wochen Abstand bearbeitet. Seitdem komme ich nur noch ca. alle 7-8 Wochen und die Besitzer ("Raspelanfänger"(!)) raspeln zwischendurch.

Gruß Tina
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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von Mascha » Sa 12. Sep 2015, 20:18

Besser spät als nie. Wenn das Pferd eh schon andere Wehwehchen hat, ist es sicherlich mehr als froh, wenn wenigstens die Füße nicht mehr wehtun.

Aber natürlich schade und erstaunlich, dass das vorher keiner in den Griff bekommen hat. So tief scheinst du ja nicht in die Trickkiste hast greifen müssen, wenn man sich die Hufe nun anschaut.
Viele Grüße, Mascha
Alles, was ich an Beurteilungen abgebe, basiert auf dem Material, das mir dafür zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich müsste man für eine vollständige, seriöse Beurteilung der Hufe das Pferd live und in Bewegung sehen.

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greenorest
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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von greenorest » Sa 12. Sep 2015, 20:49

Hallo,

in die Trickkiste musste man da wirklich gar nicht greifen. Tragrand und Eckstreben auf Sohlenniveau kürzen, Wände von außen so gerade wie möglich bearbeiten und berunden - fertig.

Leider begegnen mir solche Fälle, wo man mit nur ein bisschen richtiger Hufpflege jahrelang als unlösbar eingestufte Probleme ganz einfach beheben kann, immer noch häufig. Aber zumindest werden es langsam weniger...

Gruß Tina
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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von chiron » Do 24. Sep 2015, 19:05

Ja,

ist leider immer noch viel zu häufig zu finden sowas - und welche Diagnosen da so kommuniziert werden und wie lange das Pferd damit (oder sogar mit speziellen Spezial-Hilfskonstrukten) schon rumeiern muss ...

Ist aber doch immer wieder schön, wenn ein Pferd nach der Bearbeitung des ersten Hufes den Kopf senkt und abschnaubt ... ;-)

LG,

chiron

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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von Helga » Fr 25. Sep 2015, 06:38

greenorest hat geschrieben:Hallo,

in die Trickkiste musste man da wirklich gar nicht greifen. Tragrand und Eckstreben auf Sohlenniveau kürzen, Wände von außen so gerade wie möglich bearbeiten und berunden - fertig.

Leider begegnen mir solche Fälle, wo man mit nur ein bisschen richtiger Hufpflege jahrelang als unlösbar eingestufte Probleme ganz einfach beheben kann, immer noch häufig. Aber zumindest werden es langsam weniger...

Gruß Tina
Warum hast du die Wand so stark beraspelt ? Reicht bei verbogenen Wänden regelmäßiges, starkes Berunden nicht aus ? Ich frage dies deshalb, da ich bei meinem Pony die leicht hebelnde Zehenwand nicht ganz in den Griff bekomme. Bisher habe ich mich immer gescheut, von außen zu beraspeln. Ich berunde jede Woche aber ganz gerade bekomme ich die Wand nicht.

chiron
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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von chiron » Fr 25. Sep 2015, 09:56

@Helga: Sorry, auch wenn ich nicht gefragt bin, erlaube ich mir eine Antwort auf deine Frage ... wenn nicht gewollt, bitte ignorieren ... ;-)

Es kann durchaus sein, dass ein reines Berunden (aufgrund der Verringerung der Hebelwirkung der Wände) bereits zu einer Verbesserung oder gar Beseitigung der Verbiegung führt. Wenn das aber, wie im Fall deines Pferdes, nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann ein Beraspeln der Wand in max. den unteren 2 cm der Wand die Verbreiterung der weißen Linie (man muß sagen: auf "Kosten" von mehr Gewicht auf Sohlenrand und Strahl) deutlicher und schneller reduzieren.

Die Dicke / Stabilität des Wandhorns spielt hier sicher auch eine Rolle. Bei einem stabilen / dicken Wandhorn wird auch die Verbiegung mit geringeren Maßnahmen (z.B. "nur" Berundung) rauswachsen, bei einer sehr dünnen Wand (da diese wieder bei Hebelwirkung schnell verbiegt) eher nicht.

Bei deinem Pferd wirst du bei der beschriebenen Situation zumindest an der Zehe eine verbreiterte weiße Linie bei einer verhältnismäßig eher dünnen Wand haben, oder?

LG,

chiron

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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von Helga » Fr 25. Sep 2015, 12:52

Danke Chiron für deine rasche Antwort - nat. ist sie gewollt :D

Ich würde die Zehenwand bei meinem Pony nicht als sehr dünn bezeichnen. Auch nicht extra dick - normal, würde ich sagen. Die weiße Linie ist schon etwas verbreitert. Mein Befürchtung ist, dass ich durch das Beraspeln von außen die Wand zu sehr schwäche und sie dann umso leichter verbiegt.
Ev. sollte ich es wirklich mal ausprobieren. Die jetztige Methode hat ja auch nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Leider habe ich keine ordentlichen Fotos zur Hand.

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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von aniwa » Fr 25. Sep 2015, 14:01

Ich strecke hebelnde Wände immer von aussen. Soweit wie es geht, sprich nicht immer ist der hebelnde Bereich danach komplett gerade.
Durch reines Berunden kann man meiner Meinung nach nur in gering hebelnden Fällen was erreichen. Und dann müsste man alle paar Tage ordentlich nachberunden.
Ist die hebelnde Wand noch da und unten nur abgerundet, kann sie trotzdem hebeln, gerade bei unebenem Boden / tiefem Boden. Sind keine Hebel mehr da, auch wenn die Wand dünner ist, ist erst mal kein Ansatzpunkte zum hebeln mehr da.

Wie gesagt, man muss den Grad zwischen Strecken und noch Wand vorhanden finden

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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von stormel » Sa 5. Dez 2015, 21:21

Helga hat geschrieben:Mein Befürchtung ist, dass ich durch das Beraspeln von außen die Wand zu sehr schwäche und sie dann umso leichter verbiegt.
Ich habe ja ursprünglich bei Birnat gelernt, also schön Reetdach geraspelt und mache es immer noch. Es ist bei mir niemals vorgekommen das sich eine Wand durch das dünner raspeln verbogen hat.
Beim Reetdach kommt die Wand nach oben hin allerdings auch schneller auf ihre ursprüngliche Dicke als beim Wandstrecken.

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Re: Tiefe Spalten in Zehenwand bei schwachen Hufen

Beitrag von Lesley » Sa 5. Dez 2015, 22:42

@ stormel: Was ist denn der genaue Unterschied zwischen Wandstrecken und Reetdach?
"Experience is the hardest kind of teacher. It gives you the test first and the lesson afterward." ~Oscar Wilde

„If you are not willing to learn, no one can help you.
If you are determined to learn, no one can stop you.“

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