wie macht man gute Röntgenbilder der Hufe?

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greenorest
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Re: wie macht man gute Röntgenbilder der Hufe?

Beitrag von greenorest » Mi 7. Jan 2015, 20:20

Für Röntgenbilder, die zur Beurteilung der Hufgesundheit (insbesondere auch zur
Diagnose bei Hufrehe) aufgenommen werden, sollten die folgenden Kriterien beachtet
werden (siehe Abb. 8.4):
Bild
• Das Pferd sollte mit beiden (Vorder)hufen auf etwa 5 cm dicken Holzblöcken
stehen. Dabei sollte es möglichst geschlossen und ruhig stehen.
• Die Hufe sind sehr gründlich zu reinigen. Sand, Steinchen etc. werden auf dem
Röntgenbild sichtbar und können stören.
• Der Holzblock, auf dem der zu röntgende Huf steht, hat mittig und bündig mit
seiner Oberseite eine dünne Metalleinlage bekannter Länge (hier: 10 cm). Diese
markiert die Oberseite des Blocks und erlaubt erst die Bestimmung der Sohlen-
dicke. Auch auf modernen digitalen Röntgenbildern ist nämlich die Oberseite
eines Holzblocks nicht ausreichend genau zu erkennen. Darüber hinaus erlaubt
die Metalleinlage die Größenkalibration und damit das Ausmessen verschiede-
ner Distanzen am Röntgenbild.


• Der Zentralstrahl des Röntgengeräts (meist markiert durch einen Laserpointer)
sollte 1-2cm unterhalb des Kronrands auf den Huf zentriert werden, ein Abstand
von etwa 70 cm ist zweckmäßig, auf senkrechte Ausrichtung relativ zum Huf ist
wie im Falle der Fotos zu achten.
• Die Röntgenplatte wird senkrecht zum Röntgengerät seitlich neben den Block
auf den Boden gestellt, möglichst dicht neben den Huf. Dies vermindert Ver-
zerrungen und Überlagerungen. Wurde der Block sorgfältig ausgerichtet, kann
dieser gut als Orientierung verwendet werden.
• Zuletzt wird der Huf entsprechend der Fragestellung markiert. Hierzu eignet
sich Lötzinn, der z.B. eng anliegend auf die Zehenwand aufgeklebt wird oder in
die Strahlfurchen gelegt wird.
Ein zweckmäßiger Röntgenblock (Abb. 8.5) lässt sich leicht aus Materialien, die
in jedem Baumarkt erhältlich sind, selbst herstellen: Da 5 cm dicke Platten selten
erhältlich sind, zwei dünnere in passender Größe ausscheiden lassen und mit Dübeln
und Leim verbinden (keine Metallschrauben). Ca. 6-8 cm vom Rand entfernt (etwa
halber Hufdurchmesser) eine Rinne hineinsägen und darin eine schmale Metallleiste
(dick genug, dass sie sich nicht verbiegt, d.h. Draht eignet sich nicht) bekannter Länge
bündig mit der Oberfläche einlassen. Beim zweiten Block für den gegenüberliegenden
Huf kann auf die Metalleinlage verzichtet werden.
Röntgenbilder, die nach dieser Anleitung angefertigt wurden, eignen sich in Zu-
sammenarbeit mit dem Tierarzt gut zur Beantwortung folgender Fragen:
• Ist das Hufbein gesund? Liegt (bei Hufrehe) ein Abbauprozess der Hufbeinspitze
vor? Gibt es Hufknorpelverknöcherungen? Bestehen arthrotische Veränderun-
gen oder ähnliches?

Bild
Abbildung 8.6: Zweckmäßige Röntgenaufnahme eines gesunden Hufs mit Messung
der Hufbeinsenkung (a) der Wandicke (b) und der Hufbeinlänge (c).

• Ist die Ausrichtung des Hufbeins in der Hornkapsel normal? Hierzu betrachtet
man den palmaren (plantaren) Winkel (= Winkel der Hufbeinunterseite relativ
zum Boden) und die Parallelität von Hufbeinrücken und Hornwand
• Ist die Sohle ausreichend dick?
Der palmare Winkel (Vorhand) beträgt normalerweise etwa 5-10° [A.F]. Der plan-
tare Winkel (Hinterhand) wird in der gängigen Literatur nicht gesondert betrachtet,
nach eigenen Beobachtungen ist dieser üblicherweise etwa 0-5° . Ein sehr steiler pal-
marer/plantarer Winkel tritt bei Bockhufen oder Hufrehe (Rotation) auf. Ein nega-
tiver Winkel ist unphysiologisch und wird durch falsche Hufbearbeitung oder einen
instabilen hinteren Hufbereich verursacht [Tay14]. Die Parallelität von Hufbeinrücken
und Hufwand ist sehr leicht zu erkennen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, ob
und wie hoch die Hufwand von außen beraspelt wurde. Hierdurch kann trotz vorlie-
gender Hufbeinrotation mit zerstörter Blättchenschicht eine scheinbare Parallelität
auf dem Röntgenbild erreicht werden. Für eine gesunde Sohlendicke existieren nur
sehr eingeschränkt Referenzwerte [Ham11]. Üblich sind bei mittelgroßen Pferden etwa
8-12 mm. Werte unter 5 mm sind höchst wahrscheinlich kritisch bezüglich Fühligkeit
und Sohlenprellungen.
Mit Einschränkungen kann die Position der Hufbeinoberkante relativ zum mar-
kierten Kronrand a in Kombination mit der Dicke der Zehenwand b zur Diagnose
einer Hufbeinsenkung verwendet werden (siehe Abbildung 8.6). In der Literatur wird
ein Wert von a <= 6mm für einen gesunden Huf angegeben [RA99]. Dieser Wert
ist offensichtlich von der genauen Platzierung der Markierung am Kronrand abhän-
gig. Leider ist die Vorgehensweise bei der Markierung uneinheitlich und Messungen
untereinander daher kaum zu vergleichen. In der Praxis kann mit einem einmaligen
Röntgen daher nur eine sehr drastische Hufbeinsenkung eindeutig erkannt werden.
Eine Veränderung der Hufbeinposition (z.B. im Heilungsverlauf einer Rehe) kann
nur dann vernünftig dokumentiert werden, wenn es mit der gleichen Methode aufge-
nommene Vergleichsbilder dieses Pferdes gibt. Die Messung der Dicke der Hufwand
b hingegen ist in wesentlich geringerem Maße von der Vorgehensweise bei der Mar-
kierung des Hufs abhängig. Politt [Pol14] gibt als Referenz für gesunde mittelgroße
Pferde (400−450kg) ein Maß von 15−17mm an. Um dieses Kriterium für verschie-
dene Rassen nutzen zu können, wird vorgeschlagen, die Hufwanddicke im Verhältnis
zur Hufbeinlänge c (Abb. 8.6) zu betrachten. In diesem Fall soll für den gesunden
Huf b/c 25% gelten. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass sich bei einer Hufre-
he durch die Zerstörung der Blättchenschicht das Hufbein von der Hufwand entfernt
und somit die Hufwanddicke b zunimmt. Auch kleine Veränderungen von wenigen mm
sind hier bereits signifikant für ein Krankheitgeschehen. Nachteil dieses Maßes ist,
dass eine dicke, kräftige Hornwand bei gesunder Blättchenschicht fälschlicherweise als
pathologisch eingeordnet wird, denn auf dem Röntgenbild sind Blättchenschicht und
Hornwand nicht zu unterscheiden. Insgesamt scheint die Datenlage bezüglich der ab-
soluten Werte von b und b/c lückenhaft. Eine sichere Diagnose einer Veränderung der
Hufbeinposition ist daher auch in diesem Fall nur mit Vergleichsbildern vom selben
8.4 Gute Fotos und Röntgenbilder 213
Pferd möglich. Falls man an einem einzelnen Röntgenbild eine mögliche Hufbeinsen-
kung beurteilen muss, sollte die am Huf selbst zu beobachtende Wandstärke mit in
Betracht gezogen werden.
Ein ungeeignetes Kriterium zur Beurteilung der Stellung des Hufes ist schließlich
das Ausmessen von Gelenkspaltenbreiten am Röntgenbild. Selbst minimale Lastver-
änderungen durch das Pferd verändern diese Maße so deutlich, dass ein Rückschluss
auf die Korrektheit der Stellung oder Hufkorrektur unmöglich wird.
* http://www.pro-barhuf.de -Vollständig überarbeitete Auflage des Hufbuchs erschienen *

Nospots
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Re: wie macht man gute Röntgenbilder der Hufe?

Beitrag von Nospots » Mi 7. Jan 2015, 21:18

Vielen Dank, Tina!
Jetzt klappt's auch mit dem Tierarzt :lol: ... und seinen Röntgenbildern.

Super tolle Zusammenfassung :clap:
Viele Grüße, Dan

Gavano
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Registriert: Mo 30. Sep 2013, 07:16

Re: wie macht man gute Röntgenbilder der Hufe?

Beitrag von Gavano » Do 8. Jan 2015, 08:47

Danke! Die ist wirklich klasse!

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