Welche Ausbilung?

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greenorest
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von greenorest » Mo 3. Sep 2012, 23:06

Hallo,

bei mir kam es - seit 8 Jahren mache ich gelegentlich Hufe für andere - noch nie zum Streitfall bzw. Diskussion über Haftung. Ich habe auch noch kein Pferd platt geschnitten. Ich arbeite grundsätzlich nicht an widersetzlichen Pferden, achte auf Sicherheit (nicht fest anbinden, kein Werkzeug rumliegen lassen etc.) und nicht mit "seltsamen" Besitzern zusammen. Das m.E. häufigste Haftungsrisiko entfällt bei mir sowieso: Ich nagele nicht an Kundenpferden.

Ich muss zugeben, ich habe deutlich(!!) weniger "Praktikumstage" als Tic ... Ich habe zu Beginn etwa 2 Jahre lang an eigenen und Pferden von engen Freunden gearbeitet . Danach habe ich auch "fremdere" angenommen. Ich war mir bisher bei jedem Pferd sicher, was ich tue. Wenn ich das nicht wäre, würde ich es nicht machen. Natürlich bin ich nicht unfehlbar! Aber ich hatte nie Zweifel, dass mein Wissen in den konkreten Fällen, an denen ich gearbeitet habe, ausreicht.

Grundsätzlich sehe ich den Handel zwischen mir und Besitzer so: Er weiß, dass ich die Hufpflege nur als Hobby ausübe und es mehr zum Wohl der Pferde als für Geld mache - vom moralischen Standpunkt ist es mehr eine Gefälligkeit als eine Dienstleistung. Im Gegenzug kann man von mir nicht die Haftungsregelung eines hauptberuflichen Hufbearbeiters erwarten. Wer das nicht möchte, darf jemand anderes an die Hufe seiner Pferd lassen.

Sollte ich jemals einen bösen Fehler machen und das Pferd durch meine Hufbearbeitung Schaden nehmen, würde ich dem Besitzer aus Anstand trotzdem z.B. den TA oder einen Hufschutz zahlen.

Schließlich habe mich bei einem befreundeten Anwalt über den Haftungsauschluss erkundigt. Er sagt, dass dieser wasserdicht sei, da ein Pferd vor dem Gesetz eine "Sache" ist. Zusätzlich denke ich, dass ein solcher Haftungsausschluss die Hemmschwelle, den Hufpfleger vor Gericht zu zerren, doch deutlich erhöht.

Aber wie immer: Vor Gericht und auf hoher See... Das Leben ist nicht ohne Risiken.

Gruß Tina
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radieschen
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von radieschen » Di 4. Sep 2012, 09:55

Wurzl hat geschrieben:Ich glaub nicht, dass dieser "Haftungsausschluß" im Ernstfall vor Gericht standhalten würde. Andererseits würde man gar nicht erst so schwierige Fälle / Kunden / Pferde übernehmen, wenn man g'scheit ist.

Eine BHV kostet ca. 220,- im Jahr bei der niedrigsten Deckung (Fischer Vers.makler). Das lohnt sich schon bei nur einem Fall / doofem Kunden pro Jahr ...
und ein eigenes Pferd sowie die Privat-Haftpflicht sind ebenfalls mit eingeschlossen - was die Kosten für die Berufshaftpflicht auf ca 150€/Jahr oder noch weniger reduziert. Gebraucht hab ich sie auch noch nie, weder für mich, noch fürs Pferd noch für Bearbeitungsfälle - aber dann, wenn man nen gakenden Besitzer am Telefon hat, weil das monatelang auf der Weide vergessene Pferd mit Schnabelfüßen nach dem ersten Ausschneiden ein Hufgeschwür bekommen hat (worauf man ihn auhc durchaus schon hingewiesen hatte...), ist es schon ein beruhigendes Gefühl ;-). Meist braucht man sie dann ja dennoch nciht.

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FraukeBF
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von FraukeBF » Di 4. Sep 2012, 13:15

Wurzl hat geschrieben:Ich glaub nicht, dass dieser "Haftungsausschluß" im Ernstfall vor Gericht standhalten würde. Andererseits würde man gar nicht erst so schwierige Fälle / Kunden / Pferde übernehmen, wenn man g'scheit ist.

Eine BHV kostet ca. 220,- im Jahr bei der niedrigsten Deckung (Fischer Vers.makler). Das lohnt sich schon bei nur einem Fall / doofem Kunden pro Jahr ...
Das war das erste, was ich mir "angeschafft" habe, quasi zusammen mit der Raspel ;) Glücklicherweise bisher nicht benötigt, aber man weiß ja nie...... In Fällen, in denen es tatsächlich zum Streit kommt ist es ja häufig so, dass der Kunde verdrängt, auf bestimmte Risiken hingewiesen worden zu sein (ansonsten wäre der Streit ja überflüssig) und es in diesem Metier praktisch unmöglich ist, alle möglichen Dinge erst schriftlich zu fixieren.
Die wahren Entdeckungsreisen bestehen nicht im Kennenlernen fremder Landstriche, sondern darin, die Dinge mit anderen Augen zu sehen. (M. Proust)
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Thorsten

Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Thorsten » Mi 5. Sep 2012, 07:58

Auf der Suche nach einem Curriculum zur Hufpflege habe ich einen interessanten Lehrgang zum Huf- und Klauenbeschlag gefunden und wunder mich gleich über nichts mehr das Hufschmiede so machen. Ist jetzt nicht in Deutschland, sondern Österreich, aber das ist mal näher als meine sonstigen Beispiele.

Frag ich mich jetzt natürlich ob dieses Ausbildung in Deutschland als äquivalent angesehen wird.

http://www.vu-wien.ac.at/uploads/media/ ... -06-28.pdf

Zum Haftungsausschluss ist zu sagen, dass ein genereller Haftungsausschluss nicht rechtswirksam ist. Es muss aber auch mal erwähnt werden, dass Pferdebesitzer in die Haftung genommen werden können, wenn der professionell arbeitende bei der Verrichtung durch das Pferd verletzt wird.

Martin
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Martin » Mi 5. Sep 2012, 09:40

Thorsten hat geschrieben:Auf der Suche nach einem Curriculum zur Hufpflege habe ich einen interessanten Lehrgang zum Huf- und Klauenbeschlag gefunden und wunder mich gleich über nichts mehr das Hufschmiede so machen. Ist jetzt nicht in Deutschland, sondern Österreich, aber das ist mal näher als meine sonstigen Beispiele.

Frag ich mich jetzt natürlich ob dieses Ausbildung in Deutschland als äquivalent angesehen wird.

http://www.vu-wien.ac.at/uploads/media/ ... -06-28.pdf
Hier steht was dazu: http://besw.de/hufakademie-rechtslage.php#Holland

Du müsstest also im Einzelfall schauen, welche Ausbildung hier anerkannt wird und welche nicht. Die holländische Ausbildung wird aber definitiv anerkannt.

Da in diesen Anerkennungsverfahren viel Länderrecht reinspielt, dürfte es nicht so unwahrscheinlich sein, dass es, je nach Bundesland, auch zu unterschiedlichen Entscheidungen kommt.

Martin

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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Martin » Mi 5. Sep 2012, 09:50

Noch'n Link:


http://www.gesetze-im-internet.de/hufbe ... 00009.html

Demnach würden Diplome aus Österreich wohl als gleichwertig anerkannt.

Martin

Thorsten

Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Thorsten » Mi 5. Sep 2012, 11:50

Martin, danke für die Klärung. Da wird mir gerade einiges klar.

Kein wunder sind die Absolventen aus England, Alberta, Oklahoma und Kentucky mit der Nase vorn.

Martin
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Martin » Mi 5. Sep 2012, 12:07

Thorsten hat geschrieben:Martin, danke für die Klärung. Da wird mir gerade einiges klar.

Kein wunder sind die Absolventen aus England, Alberta, Oklahoma und Kentucky mit der Nase vorn.
Da werden Dir aber die Vertreter deutscher Lehrschmieden heftig widersprechen. ;)

Martin

Thorsten

Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Thorsten » Mi 5. Sep 2012, 13:46

Bin ich von deutschen nicht anders gewohnt ;) obwohl ich auch einen Hufschmied aus der Gegend hier kenne dessen Sohn ist Tierarzt und hat den Hufschmied in Oklahoma gemacht. Musste dann hier nochmals eine Prüfung ablegen und jetzt lernt der Vater vom Sohn.

Wenn die deutschen so gut wären wie sie gerne glaubhaft machen, wird es Zeit, dass sie das auch mal unter Beweis stellen und nicht immer nur hinterher hinken.

Martin
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Re: Welche Ausbilung?

Beitrag von Martin » Mi 5. Sep 2012, 14:24

Thorsten hat geschrieben:Bin ich von deutschen nicht anders gewohnt ;) obwohl ich auch einen Hufschmied aus der Gegend hier kenne dessen Sohn ist Tierarzt und hat den Hufschmied in Oklahoma gemacht. Musste dann hier nochmals eine Prüfung ablegen und jetzt lernt der Vater vom Sohn.

Wenn die deutschen so gut wären wie sie gerne glaubhaft machen, wird es Zeit, dass sie das auch mal unter Beweis stellen und nicht immer nur hinterher hinken.
Unter Beweis stellen? Warum muss man was unter Beweis stellen, was doch sowieso klar ist. Wie kannst Du nur zweifeln? Pfui!!! Nestbeschmutzer! ;) ;) :lol:

Ich habe mal einen Hufschmied in die USA mitgenommen, der durchaus kritisch mit seiner Ausbildung umging, speziell was das Wissen rund um die Stellung der Pferde anging. Allerdings war er fest der Meinung, dass amerikanische Schmiede am Amboss gegen ihn keine Chance haben. Ich schmunzel noch heute über sein Gesicht, als er mir völlig entsetzt erzählte, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit seine Kollegen aus einem Stück Flachstahl ein Eisen zauberten. Er hatte nicht den Hauch einer Chance mitzuhalten.

Allerdings braucht man auch in den USA (Canada weiß ich nicht) einen Schmied, der entweder sich selbst optimal weitergebildet hat und/oder von einer der guten Schulen kommt. Es gibt dort nämlich auch sehr schlechte Schulen und einen Haufen mieser Schmiede.

Martin

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