Haftungsfrage TA - HS

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saskia
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Haftungsfrage TA - HS

Beitrag von saskia » Di 2. Sep 2014, 10:03

Gestern hab ich in einem Forum kurz in einen Fall reingelesen, wo der TA eine Rehe diagnostiziert hatte und dem HS Rehebearbeitung auftrug, die dann auch ausgeführt wurde. Wenige Tage später schaute der TA wieder vorbei, und befand die Bearbeitung nicht für radikal genug und verlangte Nachbearbeitung. Die wurde dann auch nach TA-Anweisung ausgeführt.

Es gab lediglich "nachher"-Bilder, also nach der Nachbearbeitung. Aber die waren derart, dass ich schlucken musste und dachte "wenn das mal gutgeht...". Wie es weiterging, war noch nicht zu erfahren.

Daher fragte ich mich also, wie sieht es aus mit der Haftung, wenn es nun schiefgeht?

Der TA hat Anweisungen gegeben und verlangt dass sie ausgeführt würden : also hat er die Verantwortung zu tragen?

Der HS hat sie aber in der Praxis umgesetzt, und ER hat eine entsprechende Spezialausbildung für Hufe (die der TA evtl nicht so schwerpunktmässig hat), und der HS hatte ja bereits bei der Erstbearbeitung gemäss seines Wissensstandes gearbeitet. Hätte ER ein so massives Vorgehen gutgeheissen, hätte er es ja wahrscheinlich schon bei der Erstbearbeitung gemacht. Nun hat er es aber doch noch so gemacht wie es der TA verlangt hat, also der HS hat die Raspel geführt. Also ist ER haftbar?

Wenn er sich nun geweigert hätte, es lt. TA-Anweisung zu machen, weil es nicht konform mit seinen eigenen Ansichten war : wenn sich der Zustand der Hufe daraufhin verschlechtet hätte, wäre der HS dann haftbar, weil er sich NICHT den Anweisungen gefügt hatte?

Welche Rolle spielt der Besitzer dabei? Ist es evtl letztlich seine eigene Verantwortung, wenn was schiefgeht, weil er den TA/HS bestellt hat und sie Einspruchlos machen liess?
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

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Pat
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Re: Haftungsfrage TA - HS

Beitrag von Pat » Di 2. Sep 2014, 10:09

Die TA-Anweisung ist ausschlaggebend. Der HS ist dann nur das ausführende Organ. Also ist der TA verantwortlich.
Allerdings kann man als Hufbearbeiter einen Fall auch ablehnen.

Martin
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Re: Haftungsfrage TA - HS

Beitrag von Martin » Di 2. Sep 2014, 10:57

Das ist in der Regel immer in der Einzelfallprüfung zu entscheiden, wer da welche Verantwortung hat.

Wenn eine tierärztliche Maßnahme den tierärztlichen Richtlinien entspricht und es geht schief, dann hat der Besitzer Pech gehabt.

Der TA ist in der Regel nur dann zu belangen, wenn er gegen die Diagnose und/oder Therapierichtlinien der Tierärzte handelt, also z.B. im Rahmen eine Rehe etwas tut, was offensichtlich konträr zu Vorgabe ist oder wenn er vorgeschriebene Maßnahmen unterlässt und damit beim Pferd ein Schaden entsteht.

Im Verhältnis zwischen Hufschmied und Tierarzt kann sich bei Rehe der Hufschmied sicherlich im ersten Moment darauf berufen, dass für eine Stoffwechselerkrankung nun mal der TA zuständig ist und der Schmied in diesem Bezug wie ärztliches Hilfspersonal handelt, also z.B. wie eine Krankenschwester oder eine Arzthelferin etc.

Allerdings haben die Krankenschwester, wie der Hufschmied eine staatliche Ausbildung mit eigenen Richtlinien, die sie befähigen (sollten), offensichtliche Fehlentwicklungen zu erkennen. Würde ein Arzt eine Krankenschwester z.B. anweisen etwas zu spritzen, was bei einem Patienten offensichtlich kontraindiziert ist, dann hat sie sehr wohl eine Verpflichtung das zu sagen und ggf. auch die Verpflichtung sich zu weigern. Sie macht sich also im ungünstigsten Fall mitschuldig.

Ähnlich würde ich das bei einem Hufschmied sehen. Wenn Maßnahmen offensichtlich gegen die Richtlinien des eigenen Berufes verstoßen, dann muss er versuchen Einfluss zu nehmen und ggf. sich auch weigern so zu handeln, ansonsten kann es zu einer Mitschuld kommen.

Ich hatte neulich einen Fall, der andersherum gelagert war. Da hatte ein TA eine Rehe trotz Röntgen oder wegen Röntgen übersehen. Da habe ich einfach trotzdem einen Rehebeschlag angebracht, was sich zwar später als sachlich richtig heraustellte, aber juristisch gesehen eigentlich falsch war, weil ich einfach die Diagnose des TA's überging.

Martin

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Re: Haftungsfrage TA - HS

Beitrag von Feuerhuf » Do 4. Sep 2014, 08:25

meiner laienhaften Einschätzung ist die Rechtslage eindeutig.
Jeder, Tierarzt und Hufpfleger/Schmied hat sein Handeln selber zu verantworten.
Beim Arzt liegt kein Werkvertrag gegenüber dem Besitzer vor, d.h. er gibt kein Heilungsversprechen ab. Nur nachgewiesene leicht oder grob fahrlässige Handlungen werden von seiner Haftpflicht bezahlt.
Der Hufpfleger ist nicht zwangsläufig in der Rolle eines Erfüllungsgehilfen des TA, wenn er im Rahmen seiner täglichen Tätigkeit handelt. Nimmt ein Hufpfleger auf TA Anweisung ärztliche Handlungen vor, wie Eröffnen eines Abzesses oder Resektion einer Hufwand so ensteht, wenn auch nur kurzfristig und auch nur mündlich, ein Subunternehmerverhältnis.
D.h. die Haftpflicht ds Hufpflegers wird immer versuchen sich bei der Haftpflicht des Arztes schadlos zu halten.
Bei der Delegation von primär nicht ärztlichen Handlungen wird es schwierig sein, z.B beim versehentlichem Freilegen des Hufbeins durch zu starkes Sohle ausdünnen, die Schuld dem TA zuzuschreiben, das das primär eine Hufpflegereische Maßnahme ist. Aber dafür gibts ja die Haftpflicht, die auch Schäden aufgrund grober Fahlässigkeit deckt.
Der einfachste Weg ist natürlich den Arzt von einem alternativen Vorgehen zu überzeugen, bzw. die Arbeit zu verweigern und wenn, dann gut mit Fotos dokumentieren.

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