So, ich möchte jetzt mal etwas berichten, was wahrscheinlich immer mal wieder vorkommt, aber doch echt nervt.
Ich habe einen Rehehuf (eigentlich 4 Stück, weil ein ganzes Pferd) übernommen, zwei Jahre nach der Hufrehe mit Rotation. Zwei Jahre lang ist es nun daher beschlagen (war es, glaube ich, vorher auch, aber eben die Rehe unter Rehebeschlag und dann wieder normalem Beschlag angeblich bekämpft), Pferd lief und konnte geritten werden, die röntgenbilder zeigten eine Verbesserung der Rotation...
Bevor ich dem Pferd die eisen runter nahm, wollte ich aktuelle Röntgenbilder haben, und, was erwartet Ihr? Der Tierarzt war ganz begeistert, denn das Hufbein war fast Wandparallel. Er sagte: Hätte der Schmied nch etwas mehr beraspelt, wäre es 0°!
Ich nahm dem sehr chronisch nach latenter Rehe aussehenden Hufen also die Eisen ab und fand: auseinandergezogene Lamellenschicht, weggeraspelte Zehenwand. Halt das übliche. Man versucht, ein schönes Röntgenbild zu erhalten, indem die Wand unten dünn geraspelt wird. Eine echte fest nachgewachsene Lamellenschicht gibt es deswegen ja natürlich nicht, aber anscheinend zählt ja nur, dass man das Pferd reiten kann und dass es irgendwie schön ( Rotation getarnt) geraspelt ist.
Die Besitzerin wollte nun aber echte Hufgesundheit für ihre geliebte Stute erreichen. Beim Vorlaufen noch unter Eisen sah es für mich ganz und gar nicht nach einem gesunden Laufverhalten aus, aber das sieht man so häufig in den Reithallen, dass viele gar nicht mehr wissen, wie ein wirklich gesundes Auffußen und Traben aussieht.
Eisen ab, Polster lagen bereit, Hufschuhe angepasst, die Sohle war platt, man wußte genau, wo das Hufbein mit seiner Spitze drückt... Ich wollte gern gleich Polster, aber die Besi meinte, das Pferd stände auf Gummimatten und nur im Sandpaddock, und daher versuchten wir es erst mal ohne, aber immer mit dem Bewußtsein, dass es auch erst mal schlimmer und somit doch gepolstert werden könnte.
Das Pferd machte es anfangs so supi, dass sogar Spaziergänge und Reiten (Schritt, leichten Trab) vom Pferd angeboten wurde. Aber dann kam die Hitze, und das Pferd wurde klamm, zeigte Pulsation, Zehenschonung usw., also alles Anzeichen dafür, dass entweder ein neuer Schub kam (Gras? Futter? Überlastung?) oder die Hufbeinspitze doch noch zu viel Druck abbekam.
Daraufhin flippten die Stallbetreiber aus, im Stall formierten sich zwei Fronten, einmal die Barhuf-Interessierten (Minderheit) und die Eisenverfechter, die der Meinung sind, wenn ein Pferd ohne nicht laufen kann, braucht es eben Eisen. (Den Grund für die Lahmheit/ Klammheit/ Fühligkeit zu bekämpfen, ist anscheinend keine Option, man bekämpft nur die Symtome)
Außerdem stände das Pferd eh zu flach, wäre zu kurz usw.
Es ging so weit, dass ich, während des Huftermins, auf dem Hof von den Stallbetreibern angesprochen wurde, die sich derart in die Diskussion reinsteigerten, dass sie sogar laut wurde, ein Part davon sogar noch während des sprechend wütend weglief, und man merkte, die hören nur das, was sie hören wollen.
Das war das erste Mal, dass ich mich mit Stallbetreibern auseinandersetzen musste. Die Besi war genauso erschrocken wie ich - wir lassen und natürlich davon nicht aus der Ruhe bringen, aber heftig ist es allemal.
Die waren und sind echt überzeugt, dass der Schmied die einzig wahre Hufegsundheit bringen kann... und kämpfen für Ihre Überzeugung.
Das waren übrigens die Hufe vor Eisenabnahme mit der glorreichen Hufgesundheit und Schmiedekunst.

Man sieht auch als Ungeübter deutlich, dass diese Hufe keine geraden Wände haben und nicht gerade gesund aussehen, oder? geübte Augen sehen noch viel mehr, z.B. die Lamellenschichttrennung, (mal abgesehen vom Beschlag), die Lamellenschicht, die vorne rausguckt, weil die Zehenwand derart zurückgeraspelt ist, dass das Röbi einigermaßen aussieht...
Und einfach Eisen ab sieht dann so aus:

Schön ist, dass sie der Meinung sind, der Huf stehe nun erst nach meiner Bearbeitung flach, vorher wäre er steiler gewesen... Sieht Jemand einen steilen Huf?
Hach, mit so etwas muss man sich rumschlagen. War jedenfalls sehr suspekt, wenn sich der Besitzer eines Pferdes für einen Weg entscheidet, sehr engagiert ist, und dann solche Fronten gegen sich gestellt bekommt, dass er um den Stallplatz fürchten muss und sich nicht mehr gern zu gewissen Zeiten in den Stall traut!
Und daher möchte ich jetzt mal ein Kompliment für jeden Pferdebesitzer aussprechen, der trotz massiver Gegenstimmen sich auf sein bauchgefühl bezüglich des eigenen Pferdes und seiner Gesundheit verlässt, sich evtl. auch mal detaillierter und kritischer mit dem Thema Hufgesundheit auseinandersetzt, dann einen anderen weg einschlägt als die breite Masse im Stall und diesen Weg trotz Terror und Streitgesprächen durchzieht - zum Wohle seines Pferdes! Ihr seid klasse, und Eure Pferde werden es Euch danken!!!
Ich diskutiere meinetwegen auch meine Art der vorgehensweise weiter mit Stallbetreibern, wenn es Euch dann hilft, und Eurem Pferd. Aber komisch und suspekt ist es trotzem, denn es ist doch Euer Pferd!
So, mal eine andere Anekdote zum Thema, was einem alles so passiert beim Bearbeiten...
Lieben Gruß