"Hufschmiedetheorien"

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Lesley
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"Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Lesley » Di 18. Dez 2012, 20:29

Aus den Links von Ranjo:

http://www.hufschmied-hp.de/Pages/Hufbeschlag.htm
„Im allgemeinen beruht das Beschlagen der Pferde mehr auf Tradition als auf wissenschaftlichen Erkenntnissen“. Aussagen wie diese müssen sehr kritisch betrachtet werden.
Gibt es wirklich wissenschaftliche Erkenntnisse dazu?
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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von diala » Di 18. Dez 2012, 22:01

Lesley hat geschrieben:Aus den Links von Ranjo:

http://www.hufschmied-hp.de/Pages/Hufbeschlag.htm
„Im allgemeinen beruht das Beschlagen der Pferde mehr auf Tradition als auf wissenschaftlichen Erkenntnissen“. Aussagen wie diese müssen sehr kritisch betrachtet werden.
Gibt es wirklich wissenschaftliche Erkenntnisse dazu?
was genau meinst du -- wozu?

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Sturkopf
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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Sturkopf » Di 18. Dez 2012, 22:09

Ich glaube sie meint, ob es wirklich wissenschaftliche Erkenntnisse über den Hufbeschlag gibt.

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von diala » Mi 19. Dez 2012, 00:16

Sturkopf hat geschrieben:Ich glaube sie meint, ob es wirklich wissenschaftliche Erkenntnisse über den Hufbeschlag gibt.
ach so, natürlich....

hier http://www.zora.uzh.ch/18910/2/Musterle_diss.pdf gibt es ein relativ umfassendes Literaturverzeichnis (am Schluss) - da ist tatsächlich nicht besonders viel vorhanden.

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von SilentDee » Mi 19. Dez 2012, 03:46

Hach, ist ja wie aus dem Lehrbuch... :lol:

Besonders schön finde ich das Stegeisen für Hufrehe und das Halbmondeisen, das für Fohlen eingesetzt wird, wenn ein Fohlen Eisen braucht. :lol:

Aber immerhin wird eingeräumt, dass "mittels seriöser Entwicklungen und wissenschaftlicher Abklärungen der Hufbeschlag in speziellen Fällen in den nächsten Jahren durch alternative Hufschuhe weiter ergänzt werden könnte", wie "bereits weit verbreitete Alternativen " jedoch gezeigt haben.

Ich benenne jetzt mal nach meinen (ich finde doch "seriösen" Entwicklungen an Pferdehufen) Beobachtungen die speziellen Fälle, die eine Alternative zum Hufeisen bekommen sollten: ;)
- Pferde, die freizeitmäßig genutzt werden, und deren Gesundheit und Wohlergehen den Besitzern am Herzen liegt.
- Pferde, die im Sport genutzt werden, müssen eigentlich noch strengere gesundheitliche Aspekte einfliessen haben in ihre Haltung, denn sie werden als Sportgerät oder eben Sportpartner benutzt, und man hat die Pflicht, für Gesunderhaltung zu sorgen. Nicht umsonst werden alle Leistungssportler von Physios, Ärzten, Masseuren usw. betreut...

Ser unseriös in diesem Bericht finde ich im Punkt "4. Anforderungen an einen Hufschutz" den Unterpunkt "e. technisch machbar". Wenn der Hufschutz doch zur Behandlung von Krankheiten und Stellungsfehlern genutzt werden soll (Unterpunkt f), wieso soll man dann nicht einen ganzjahreskurs absolvieren müssen, um diesen arthopädischen Schutz anzufertigen und anzubringen an das Individuum? Schlägt man das einem Fachmenschen vor, der Einlegesohlen und orthopädische Spezialschuhe für Menschen anfertigt, schmunzelt der nur müde...

Ich denke, ganz gesunde Hufe ohne Krankheiten des Bewegungsapparates des Pferdes und ohne Stellungsänderungen, die dem Bewegungsmechanismus Schaden zufügen können, kann man relativ einfach beschlagen (warum klappt es dann eigentlich so selten, mal einen guten Beschlag zu Gesicht zu bekommen?), aber gerade als Fachmensch muss man eben mehr drauf haben. Dazu gehört doch sehr viel Fachwissen auch über das Säugetier, dass man heilen möchte und seine Erkrankung. Und da empfinde ich ein jahr als Ausbildung eigent,ich ziemlich kurz. Immerhin geben studierte Tierärzte den verantwortungsbereich über diese ganzen Bewegungsapparatproblematiken an den Hufschmied ab - oft nur mit lari-fari-Angaben zum gewünschten orthopädischen Beschlag, weil an den Fachhochschulen das so gelehrt wird, dass der Schmied das schon gut kann alles und man sich auf einen guten Schmied verlassen können muss...

na, ja.
:roll: Ist eben ein Beweis, dass etwas so gelehrt wird, wenn es doch so wenige wissenschaftliche Untersuchungen gibt. Oder?

Und wenn man die Aussage, dass Hufbeschlag wenig wissenschaftlich erforscht ist und deswegen eher auf Tradition beruht, als kritisch zu beurteilende Aussage darstellt, aber eben nicht beweisen kann, dass dem nicht so ist.

Warum zum Teufel bekommt man denn so viele hoffnungslose Fälle zur Barhufumstellung, und 1-2 Jahre später laufen die spätestens wieder taktrein und lahmfrei, auch bei krassesten Hufrehegeschichten oder Hufrollebefunden? :shock:

Wenn sich Jemand in dieses Forum verirrt, der gern für anstehende wissenschaftliche Untersuchungen Fallbeispiele oder eben neue Fälle braucht, immer her mit den Anfragen. Ein einzeler Bearbeiter kann keine Forschungsarbeiten (nach wissenschaftlichen Maßgaben) betreiben... aber viele Beispiele liefern, die eine Forschung interessant erscheinen lassen. :mrgreen:
Dafür schaufele ich mir dann gern noch Zeit frei! Und arbeite gern mit dem forschenden Menschen zusammen!

LG

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Martin » Mi 19. Dez 2012, 10:20

Na ja, die (deutsche) Medizin definierte sich ja lange Zeit gar nicht als (Natur-)Wissenschaft. Auch heute werden Mediziner weitestgehend klinisch ausgebildet und nicht naturwissenschaftlich. Da darf man keine zu hohe Ansprüche haben. Eine Doktorarbeit in der Medizin ist, wissenschaftlich gesehen, selten was wert. Selbst Habilitationen erfüllen oft nicht einmal das Niveau einer guten Diplomarbeit in Physik, Chemie oder Biologie.
Wir dürfen also nicht Dinge erwarten, die im gesamten System gar nicht angelegt sind, auch wenn in den letzten Jahren an den medizinischen Universitäten wichtige Änderungen stattfanden. Wie weit da die tiermedizinischen Universitäten sind, weiß ich nicht, aber ich befürchte, sie sind eher noch nicht so weit wie die Humanseite.

Im Bereich Hufe, Beschlag und Stellung lässt sich sehr leicht nachweisen, dass man seit Jahrzehnten einfach nur voneinander abschreibt, ohne auch nur einen Beleg zu suchen, der die Theorien beweist oder widerlegt. Das ist in jeder Disziplin eine Gefahr, aber wegen der fehlenden wissenschaftlichen Tradition in der Medizin eine besonders große. Kommt noch ein extremes Beharrungsvermögen hinzu, an einmal erlernten Dingen möglichst lange festzuhalten.

An den Lehrschmieden entwickelte man sich nicht nur nicht weiter, es gerieten sogar wichtige Theorien und praktische Herangehensweisen in Vergessenheit. Die große Mehrheit der Schmiede beschlägt/stellt nach der Fesselstandstheorie, ein kleiner Teil nach Fußungs-/Bewegungstheorie (oder einer Mischung aus beiden) und nur ganz wenige nach der Sohlentheorie. Ausgerechnet die Sohlentheorie ging unter, obwohl vor dem letzten Weltkrieg noch viele Schmiede danach arbeiteten.
Ironischerweise sind viele Lehrschmieden ja Teil der Universität, was aber wiederum zeigt, dass das mit der Medizin und der Wissenschaft nicht so einfach zu sein scheint.

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Yvonne » Sa 27. Apr 2013, 11:09

Martin du hast in ein paar Beiträgen/Themen schon erwähnt das ja früher auch Schmiede nach der Sohlentheorie gearbeitet haben.
Ich hab mal gegoogelt und keine Fachliteratur gefunden.

Wo finde ich den sowas?
Bin doch ein alter Bücherwurm und mich würde das seeeeehr interessiren :D

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Martin » So 28. Apr 2013, 21:51

Yvonne hat geschrieben:Martin du hast in ein paar Beiträgen/Themen schon erwähnt das ja früher auch Schmiede nach der Sohlentheorie gearbeitet haben.
Ich hab mal gegoogelt und keine Fachliteratur gefunden.

Wo finde ich den sowas?
Bin doch ein alter Bücherwurm und mich würde das seeeeehr interessiren :D
Da bin ich selbst auf der Suche nach eindeutiger Literatur. Bisher sind es nur zarte Hinweise, dass es da mal drei verschiedene Positionen gegeben hat.
Mir wurde aber eine Quelle avisiert mit hoffentlich guten Literaturangaben. Ich warte noch darauf.

Martin

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Pat » Di 30. Apr 2013, 03:46

Hab grad einen interessanten Link dazu bekommen. Danach war die Nacht gelaufen. Danke, JGR... :twisted: ;)

http://www.diss.fu-berlin.de/diss/recei ... 0000003898

Ab Seite 20 (Datei 05) werden die Zubereitungstheorien besprochen.

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Re: "Hufschmiedetheorien"

Beitrag von Martin » Di 30. Apr 2013, 09:07

Pat hat geschrieben:Hab grad einen interessanten Link dazu bekommen. Danach war die Nacht gelaufen. Danke, JGR... :twisted: ;)

http://www.diss.fu-berlin.de/diss/recei ... 0000003898

Ab Seite 20 (Datei 05) werden die Zubereitungstheorien besprochen.
Vielen Dank, das ist ein super Text. Sag JGR schon mal, dass er sich das :obscene-drinkingcheers: verdient hat.

Martin

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