Wow, es geht los!
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Jippieh! Ist es doch gerade ein Saison-Thema!
Ich komme gerade von meinem neuesten Rehepferdchen, wir haben heute das erste Polster mit Hufschuh in einen vorübergehenden Rehecast mit Polster gewandelt, weil die Schuhe immer etwas blöde gedreht haben (hatten nur eine Nummer zu groß greifbar...) und meine Speicherkarte ist noch im Fotoapparat im Auto, hab aber brav mein Bildchen geknipst... (Hätte ich fast wieder vergessen.)
Ich habe das Luwex Laminitis-Polster zum Kneten gewählt!
Ich möchte aber lieber vorne systematisch anfangen.
Werde ich zu einem Rehefall gerufen, gibt es erst mal viele Fragen zu klären, ganz wichtig die Frage der Ursache! Die Ursache MUSS gefunden und konsequent zukünftig abgestellt werden. Sonst verursacht die nicht abgestellte Ursache immer mal wieder einen neuen Reheschub - und das ist echt Quälerei für das Pferd, dann hausgemacht! oft leider aus falsch verstandener Tierliebe. ("Es bekommt Diät, ganz konsequent, kein Gras, 2 x täglich 3 kg Heu, ach, und seit es wieder gesund ist, 1 kg Müsli, weil wir ja wieder reiten... Ach, und ich klickere jetzt und hab dafür Kekse für's Pony..."
![Shocked :shock:](./images/smilies/icon/eek.gif)
Hört man öfters mal, aber man muss danach fragen, sonst hört man nur Weide und Heu-Angaben!)
Blutwerte auf Insulin usw. sind schon wichtig, man muss auch EMS (Equines Metabolisches Syndrom), ECS (Equines Cushing Syndrom), Borreliose, usw. ausschliessen oder eben darauf testen. Fettdepots sind immer verdächtig, gerade, wenn sie an speziellen Stellen auftreten (seitlich der Schweifrübe, um den Schlauchsack herum, Schulterplatte, und das Mähnenkammfett u.a.), denn in manchen Fettzellen wird Insulin gebildet! Und Insulin löst schneller Hufrehe aus als Fruktane (von der Menge her!)
Hat das Pferd Durchfall? Was hat es gefressen? Weidezeiten? Heuqualität? Medikamenöse Behandlung (Viele Medikamente stehen im Verdacht (oder sind erwiesen als) Hufreheauslösen) anderer Erkrankungen (Pneumonien, Entzündungen mit Cortisonbehandlung der Muskeln/ Nerven...), Vergiftungen möglich über Pflanzen, z.B. Farbe im Stall, vergammelte Futterreste, Wasser, hat die Stute gefohlt (Nachgeburtsrehe) oder oder oder...
Meist ist es angebracht, das Pferd im Stoffwechsel erst mal zu nullen, also gar kein Kraftfutter, gar kein Mineralfutter (Trägerstoffe können schädlich sein), Heu am besten tauchen, um die Kohlenhydrate auszuschwemmen anfangs, denn Hufrehe ist KEINE Huferkrankung, sondern in fast allen Fällen (außer mechanisch herbeigeführter Hufrehe) eine Stoffwechselkrankheit! Man sieht sie nur so dratsisch an den Hufen, weil doch Entzündungen im Kapillargewebe (Lederhaut) auftreten, die sich hier innerhalb einer starren Hornkapsel befinden, und DAS tut schlimmer weh als Abszesse in Kieferhöhlen, weil das Pferd ja auch noch mit seinem ganzen Körpergewicht drauf stehen muss.
Röntgenbilder sind auch existentiell wichtig, wenn man dem Pferd die möglichst ideal angebrachte Erleichterung bringen möchte, denn ich als Hufbearbeiter versuche anfangs, den Schmerz zu lindern, damit sich die Entzündung beruhigen kann und vor allem (und das ist existentiell wichtig!) die Durchblutung in allen Bereichen des Hufs zu gewährleisten. Dazu ist es wichtig, genau zu wissen, wo sich das Hufbein zum aktuellen Zeitpunkt befindet!
Dazu reichen i.d.R. die normalen Hufrehe-Röntgenbilder nicht aus!
Man markiere mit z.B. mit aufgeklebtem Draht (kein metallisches Klebeband benutzen) den Kronrand und den Zehenwandverlauf (Krankrand ist wichtig um den Grad der Absenkung zu finden) und in der Sohlenansicht zwischen Strahlspitze und Lamellenschicht die Sohle. (damit man wirklich die Sohlendicke unter der Hufbeinspitze und die Lokalisierung der Hufbeinspitze an der Sohlenunterseite bestimmen kann).
Dazu sollte das Pferd nach Möglichkeit mit beiden Vorderbeinen gleichzeitig auf einem Klotz stehen, damit man die Beinasche beurteilen kann. Meist wird nur das eine Bein auf den Klotz gestellt...
Wenn ich weiß, wo genau die Hufbeinspitze drückt, kann ich mein Polster kurz davor auslaufen lassen, um die Durchblutung nicht zu beeinträchtigen.
Und das Hufbein zu stabilisieren, während ich gleichzeitig das komplette Gewicht von der Wand und der Hufbeinspitze nehme!
Da festgestellt wurde, dass Pferde sich in nassem Sand ein paar tage lang erst mal steiler stellen (machen sie übrigens immer im Sand auch ohne Rehe) habe ich nun ein Polster gebaut, das dem Pferd die Möglichkeit gibt, sich steiler oder flacher hinzustellen (Gewicht zu verlagern), ohne dass die Wand mitträgt. (Ja, Fotos folgen!
![Very Happy :D](./images/smilies/icon/biggrin.gif)
) Ist nicht wirklich kugelig, nur an den Rändern quasi gerockt.
Am idealsten ist in der akuten Phase, das Pferd in tiefen, nassen, kalten Sand zu stellen... Denn Kühlen wirkt natürlich der Schwellung bei der Entzündung entgegen und dadurch dem Grad der Schädigung in der Lamellenschicht.
Wenn das nicht geht, kann man diese Polsterkonstruktion ankleben (Panzertape) und in einen Hufverband wickeln, ich nehme lieber einen Krankenschuh, denn der kann immer locker und schnell ausgezogen werden, um die Hufe im Eimer zu kühlen! Es gibt auch Kühlgamaschen, die man noch zusätzlich nutzen kann.
Um die Entzündung zu stoppen, steh ich auf Blutegeltherapien, die haben da sehr tolle Erfolge bei Hufrehe sogar in einer in Deutschland durchgeführten Studie festgestellt! Und die kann ich aus eigener Erfahrung an Kundenpferden nur bestätigen! Wenn keine zur Hand sind, bin ich kurzfristig für Entzündungshemmer und Blutverdünner, mag aber lieber die Blutegel, denn manche Entzündunghemmer stehen wiederum im Verdacht, Hufrehe verursachen zu können...
![Confused :?](./images/smilies/icon/confused.gif)
Und Blutegel wirken nur dort, wo sie gebraucht werden am Huf.
Dann kann man auch einen Rehecast machen, das ist ein Anbringen eines Kunststoff-Gipses, der bei mir immer mit dem besagten Polster kombiniert wird, denn sonst lassen sich Druckspitzen schlecht verhindern, finde ich.
Bevor ich den anbringe, desinfiziere ich den Huf von innen, denn unter solchen Dingen fühlen sich Bakterien sehr wohl...
Pulsation wird regelmäßig kontrolliert, Hufabdrückzange sollte jeder Hufbearbeiter haben zur regelmäßigen Kontrolle, und das Pferd sollte sofort besser laufen nach Abbringung solcher entlastender Maßnahmen. Sonst drückt da noch was. Besser laufen heisst natürlich nicht, dass alles perfekt ist!
Die Zehenwand wird komplett aus der Last genommen. Ich habe spontan ein Foto gefunden, allerdings ohne Malerei, aber es ist zu spät zum malen, bin müde!
![Bild](https://lh4.googleusercontent.com/-C93_88gke6o/TvvAiLPI9GI/AAAAAAAAJ6s/6tEPICggR9g/s640/IMG_5756.JPG)
Die Trachten werden zurückgesetzt, um das Hufbein möglichst wieder in seine physiologische Stellung zu bekommen, damit die Spitze nicht mehr so steil nach unten drückt... Und schlußendlich kann man die getrennte Hornkapsel eh nicht wieder rankleben, das Hufbein braucht seine Stellung, damit dann das neue Horn ohne Hebel und ohne Reizung möglichst mit intakter Lederhautdurchblutung einfach neu wachsen kann mit gesunder Lamellenschichtanbindung.
![Bild](https://lh4.googleusercontent.com/-H7NyZId5TKA/T09QDGngqYI/AAAAAAAAKfA/gy9Zig5qNL8/s640/IMG_6440_bemalt.jpg)
Ich möchte keinen Bockhuf zurückbehalten!!! Bei dem die Hufbeinspitze dann ja (echter Bochhuf) zu spitz und rotiert in der Beinachse stehen geblieben ist)
Und dann heisst es, konsequent bleiben, ganz kurze Bearbeitungsintervalle, damit nie auch nur der kleinste Hebel den Boden berühren und wieder entstehen und neu reizen kann (kein dünner Wandbereich darf dazu stehen bleiben, das war ein extremer Unterschied zwischen meiner Art und der JB-Art von einem sehr netten und kommunikativen JB-HO, den ich kennenlernen durfte, wie wir feststellten beim Durchsprechen von Fallbeispielen). Und natürlich die Ursache immer abgestellt lassen!
Tragrandüberstand ist m.E. ein No-Go bei einem Rehehuf!
Je nachdem, wie die Hufform war/ist, und ob es Absenkung gab oder "nur" Rotation, bearbeite ich mal die Eckstreben, mal gar nicht! Sohlenschwielen bleiben unangetastet! Die bröckeln weg, sobald der Huf sie nicht mehr braucht! Ich möchte nämlich keinen Hufbeindurchbruch! Den könnte ich durch ntfernen der Sohlenschwiele unter der Hufbeinspitze provozieren. Und dann kann man das Hufbein in der Kontur irgendwann schon durchschimmern sehen und die Einblutungen in der Sohle. Kann man hier sehen (mal mit dem Mauszeiger über das Vorletzte Bild gehen, dann zeigt sich der eingemalte Hufbeinschatten)
http://www.healthy-hoof-care.de/sohlenprobleme.htm
Hmm, so, das war nun das, was mir eingefallen ist zu meiner Art der Bearbeitung.
Wichtig finde ich, dass der Hufbearbeiter sich in der Materie wirklich gut auskennt! Und beratend auch als Ansprechpartner in allen Fragen rund um Hufrehe fungieren kann, denn Hufrehe ist in den meisten Fällen eben keine Hufkrankheit, sondern "nur" ein extrem sichtbares und beeinträchtigendes Syptom einer Systemerkrankung!
Bitte, schreibt mal auch aus Eurem Alltag, wie ihr ran geht! (Andere Bearbeitungen usw.) Vielleicht könnten wir auch Links zu den Rehefällen einstellen, die wir schon haben, damit alles zum Thema schnell gefunden werden kann...
Pat, Du hattest da auch ganz tolle Fotos...
Lieben Gruß
Marina