Zehenwand mal so mal so

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Voegelchen
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Zehenwand mal so mal so

Beitrag von Voegelchen » Di 15. Mai 2012, 23:21

Leutschen, ich hab mal wieder kontroverse Ansichten aufgeschnappt und min an euren meinungen interessiert:

a) Eine zu lange Zehe sieht den gesamten Huf nach vorne, ungeschobene Trachten resultieren zwangsläufig.

oder

b) Hufen werden "platt", wenn die Zehenwand unangenehm ist, nicht genug mit zum Tragen herangezogen werden kann und sich die Mehrbelastung auf die Trachten verlagert.

Das wiederspircht sich jetzt irgendwie, oder steh ich auf dem Schlauch? Bei "platten" Hufen ist eine Zehenwand, die bis zum Boden reicht doch "automatisch" sehr lang, oder?
Wir lernen und lernen und lernen ....

Neuigkeiten vom Krummbein hier: https://picasaweb.google.com/101126478638499918145

Vita
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Re: Zehenwand mal so mal so

Beitrag von Vita » Mi 16. Mai 2012, 08:27

Hi Vöglchen,

ich vote für a.

Kommt auch immer auf den Huftyp an, steilwandige Pferde werden sicher nicht "platt". Die flachwandigen Typen können schon eher nach der Seite hebelen, aber bei der Situation die du beschreibst ist die Last doch hauptsächlich im Trachtenbereich, und hätte für mich ein unterschieben zur Folge. Vielleicht noch mit einrollen der Trachte auf der mehrbelasteten Seite und ein nach aussen hebeln auf der anderen.

LG

saskia
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Re: Zehenwand mal so mal so

Beitrag von saskia » Mi 16. Mai 2012, 13:38

Ich hab da grad ein Verständnisproblem : was heisst "wenn die Zehenwand unangenehm ist". Warum ist sie unangenehm?

Ich sehe das so : erlaubt man der Zehe, lang zu werden und hinkt gleichzeitig mit dem Trachtenkürzen hinterher, gibt's untergeschobene Trachten. Kürzt man die Trachten stark (um einem Unterschieben entgegen zu wirken), ohne die Zehe zu beachten, zieht die Zehe ebenfalls vorne raus, zwar ohne die (nunmehr sehr kurz gearbeiteten) Trachten mitzunehmen, aber bei jedem Abrollen muss sich das Pferd über die lange Zehe hebeln, was an der Lamellenschicht der Zehe zerrt (Pferd wird dann auch oft stolpern über seine lange Zehe, Huf entwickelt eine immer länger werdende ovale Form statt Tendenz zur physiologisch runderen Form).

Ist die Zehe "unangenehm" weil die lange Zehe hebelt und an der Lammellenschicht zerrt oder weil der Bearbeiter die Sohle an der Zehe beraspelt hat, dann verschiebt sich die Belastung (unphysiologisch! D.h. zu stark) auf die Trachten. Die so entlastete Zehe erfährt dann nicht genug Abrieb, wächst daher schneller als die Trachen und zieht nach und nach immer weiter nach vorne, wenn man sie gewähren lässt.

Meinem Verständnis zufolge soll WEDER die Zehe zu lang NOCH die Trachte zu hoch werden, also beides soll ins Gleichgewicht gebracht werden. In der Korrekturphase muss man halt abhängig von der Hufform schaun, ob man eher die Zehe weiter kürzen muss (Flachhuf) oder eher die Trachte runterbringen und die Zehe weniger bearbeiten (Steilhuf), prinzipiell muss man Beides im Auge behalten, und überdies nicht zu radikal einseitig bearbeiten (also nicht radikal Zehe kürzen und Trachen belassen oder andersrum).

Konkretere Aussagen könnte man nur an einem konkreten Beispiel machen.
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SilentDee
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Re: Zehenwand mal so mal so

Beitrag von SilentDee » Mi 16. Mai 2012, 14:37

Ich schliesse mich meiner Vorschreiberin an und ergänze noch um folgendes:

Wirklich konträr sind beide Ansichten gar nicht. Zehen sind meist unangenehm, wenn sie zu lang sind. meist geht dann die Lamellenschicht auseinander, und die Sohle baut eine Zehenschwiele... Schneidet man die weg... :shock: wird's noch unangenehmer.

(Es gibt aber auch tatsächlich Situationen, da habe ich die auch schon mal weggeschnitten, weil ein Huf derart deformiert war (gerade letzte Woche - hab leider keine Fotos gemacht), dass die Wände stark in alle Richtungen gehebelt waren, dass die Zehenschwiele die Zehe noch zu lang gemacht hat und auch nach vorne gedrückt hat, was zu starken Einblutungen nur in diesem Bereich geführt hat. Die Besi beobachtet nun, ob und wie schnell die Schwiele wieder kommt, aber das Pferd lief nach der Bearbeitung so gut wie noch nie nach einer Bearbeitung, und besser als vorher. Aber ich schweiffe ab)

Da die Wabndhornröhrchen ja quasi nebeneinadner aus dem Kronrand entspringen, beeinflussen sie sich gegenseitig. Zieht die Zehe, zieht es die Trachte mit nach vorn, und auch die Eckstreben legen sich dann grandios über die Sohle. Werden die Trachten zu lang, und es ist kein super steiler Huf, so drücken die Trachten auch die Zehe nach vorn.
Zumal Zehenfußung auch dazu beiträgt... Und wenn die Eckstreben üüberliegen, dann drücken die auch nach außen-vorne.

Man sollte das Wandhorn nie separiert in seinen Einzelbereichen betrachten, es ist und bleibt Wandhorn, wird nur an den einzelnen Seite des Hufes anders betitelt, damit man sich besser über Lokalisation unterhalten kann ohne Mißverständnisse.

Je nach Fußung richten sich auch die Röhrchen unterschiedlich aus. So gibt es schon relativ häufige rassetypische Hufformen, wenn die Pferde stoffwechselgesund sind und "nur" zu lang werden. Coladosenhufe versus Plattfuß kommt dann heraus, oder der dreieckige Huf.

Dann werden die Wandverläufe auch von dem Stoffwechsel und der Hornqualität beeinflusst.

So gibt es Pferde, bei deen reicht 1 mm Wandüberstand aus, damit die Wand flügelt und die Lamellenschicht nachgibt, andere Hufe werden 4 cm zu lang und sind geschlossen in der Lamellenschicht, manche platzen oder reissen, andere biegen sich.
Daraus ergeben sich auch unterschiedliche wandhornsituationen und -Verläufe.

Lieben Gruß

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