Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

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Puschel
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von Puschel » Mi 13. Mai 2015, 07:41

Den tatsächlichen Verlauf des Knochens kann ICH aus dieser Perspektive nicht erkennen. Wenn du so darauf bestehst, mach einfach Röntgenbilder von den Hufen deiner Stute und dann weißt du genau, ob was falsch oder richtig ist.
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Lilli
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von Lilli » Mi 13. Mai 2015, 09:35

@Pferdefreund
Ich finde das auch interessant und habe auch Flares die sich hartnäckig halten mit geschlossener weißer Linie. Also gib nicht auf 8-)
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Pferdefreund
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von Pferdefreund » Mi 13. Mai 2015, 13:42

Puschel hat geschrieben:Den tatsächlichen Verlauf des Knochens kann ICH aus dieser Perspektive nicht erkennen. Wenn du so darauf bestehst, mach einfach Röntgenbilder von den Hufen deiner Stute und dann weißt du genau, ob was falsch oder richtig ist.
Hier ist nochmal eine hoehere Aufloesung dieses Bildes, ohne meine Anmerkungen, und noch mit 2 weiteren Knochen. Du koenntest mir doch sicher zustimmen, dass es sich hier nicht um die simplistische Darstellung eines "gestreckten" Hufbeines im hinteren Hufbereich handelt, oder?

http://www.farrierserviceplus.com/wp-co ... bones1.jpg

Ein Roebi habe ich, allerdings ein nicht besonders gutes, aber ich bezweifle auch dass ein Roebi, welches 1-dimensional das 3-dimensionale Gebilde eines Hufbeines darstellt, die beste Weise ist, das zu bestimmen. Man sieht ja alle Ebenen gleichzeitig. Oder wie wuerdest Du den Strahlengang orientieren, so dass man nur den hinteren Teil des Hufbeines sieht? MRI wuerde da viel bessere Aussagen treffen.

Im Anhang das Roebi meiner Stute und ein Bild des Hufes am selben Tag. Leider habe ich keine Hufbilder gemacht am Tag des Roentgen und drumrum, deswegen ist das Bild so unscharf, musste es reinsoomen aus einem sowieso schon schlechten Bild. Ihr muesst mir einfach glauben dass der Wandverlauf so ist wie blau daneben gezeichnet.

Dann noch ein Bild von einem Pferd kuerzlich auf Facebook. Das Pferd ist 30 Jahre alt, mehr ist nicht bekannt. Von einer Lahmheit wurde nichts gesagt, nur gefragt ob man an den Hufen irgendwas verbessern kann. Es hat an dem linken Hinterhuf auch so einen Knick. Die meisten Kommentare lauteten, "Autsch, das muss wehtun", oder "der Schmied hat keine Ahnung". Aber de facto BElastet das Pferd diesen Huf und ENTlastet den anderen. Ich vermute, dass dies der dominante HInterhuf dieses Pferdes ist, der der eher unter den Schwerpunkt des Koerpers gestellt wird. Bei meiner Stute ist das ebenfalls der, der den Knick viel ausgepraegter zeigt, nur eben HR.
Slide2.jpg
Slide3.jpg

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greenorest
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von greenorest » Mi 13. Mai 2015, 23:28

Hallo,

meiner Erfahrung muss man Verbiegungen in verschiedenen Bereiches des Hufes unterscheiden:

In der vorderen Hufhälfte kann die Wand nur dann anders verlaufen als das Hufbein, wenn die weiße Linie geschädigt/gezerrt ist. Dies ist meiner Erfahrung nach immer nachteilig und sollte korrigiert werden.

In aller Regel sind die Wände des Hufbeins gerade, die Wände im vorderen Bereich daher auch völlig gerade. Es gibt einige Pferde, deren Hufbeine leichte Abweichungen von einem völlig geraden Wandverlauf zeigen (Röntgenbild), ich kenne eines wo ich schöne Röbis habe. Hier bekommt man eine leicht verbogene Wand bei gesunder weißer Linie. Es ist unmöglich, hier einen völlig geraden Wandverlauf zu erzeugen und es macht auch keinen Sinn. In aller Regel sind diese Abweichungen jedoch nicht extrem, d.h. nur bei sehr genauem Hinsehen zu erkennen - abgesehen von stark pathologischen Situationen wie einem jahrelang vernachlässigten Rehehuf mit verformtem Hufbein.

Im Seitenwandbereich sind auch extreme Verbiegungen ohne jede Schädigung der weißen Linie möglich, weil sich der flexible Hufknorpel ganz extrem verbiegen kann. Der Hufknorpel liegt zwischen Eckstecke und Wand, daher verbiegen sich auch immer Eckstebe und Wand gleichermaßen. Ein stark verbogener Hufknorpel ist längst nicht so stabil wie ein halbwegs gerader, des weiteren führen stark verbogene Hufknorpel oft zu Rissen in der Hornkapsel im Seitenwandbereich (dort wo der Hufknorpel an die Hufbeinäste ansetzt). Schließlich kann eine solche Verbiegung das Pferd im Bewegungsablauf stark behindern (z.B. streichen weil der Huf viel breiter ist als eigentlich anatomisch sinnvoll). Mein Fazit: Man sollte verbogene Hufknorpel ebenfalls korrigieren. Allerdings muss man dabei m.E. auch nicht über-hypergenau sein: Einen minimalen "Schwung" in der Seitenwand akzeptiere ich durchaus, wenn die Wand ausreichend stabil ist, die Situation nicht schlimmer wird und ich andernfalls immer die Wand dünner raspeln würde. Dies würde dann den Huf nur "schönen" ohne die Funktion zu verbessern.

Gruß Tina
* http://www.pro-barhuf.de -Vollständig überarbeitete Auflage des Hufbuchs erschienen *

katiebell
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von katiebell » Do 14. Mai 2015, 09:16

greenorest hat geschrieben:
In der vorderen Hufhälfte kann die Wand nur dann anders verlaufen als das Hufbein, wenn die weiße Linie geschädigt/gezerrt ist. Dies ist meiner Erfahrung nach immer nachteilig und sollte korrigiert werden.
Das geht auch anders, indem z.B. die Sohle "mitkommt", weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Z.B. bei zu langer Zehe. Dann gibt es keine gezerrte/geschädigte WL, trotzdem entspricht der Wandwinkel nicht dem dorsalen Hufbein.

saskia
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von saskia » Do 14. Mai 2015, 09:43

katiebell hat geschrieben: Das geht auch anders, indem z.B. die Sohle "mitkommt", weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Z.B. bei zu langer Zehe. Dann gibt es keine gezerrte/geschädigte WL, trotzdem entspricht der Wandwinkel nicht dem dorsalen Hufbein.
Ist es wirklich so, dass die WL dann nicht gezerrt ist, oder legt sich Sohlenhorn über die WL und kaschiert damit die Zerrung?

Ich habe mal gelesen, dass Sohlenhorn um den Strahl herum produziert wird und sich im weiteren Wachstumsverlauf Richtung Hufwand schiebt. Belegt wurde das damit, wenn man ein Loch in der Sohle in Strahlnähe fände, dass dieses sich nicht etwa an Ort und Stelle nach und nach schliesst, sondern Richtung Wand wandert bis es dort rausgewachsen ist. (Kann ich mangels eigener Erfahrung weder bestätigen noch widerlegen). Wenn der Huf wegen zu langer Zehe und somit meist zu dünner Sohle Schwielen bildet unter dem Hufbein, wäre es nach o.g. logisch, dass diese Schwiele nach und nach Richtung Zehenwand wandert (bzw sich ausbreitet, denn es wird ja ausserdem laufend weiter neues Horn für die Schwiele gebildet, solange der Zustand unverändert bleibt), und wenn die Zehe nicht oder nicht ausreichend gekürzt wird, schützt die Zehenwand das ausufernde Schwielenmaterial vor Abrieb, und somit schiebt es sich über die WL. Und drückt da zuweilen, weil der Huf es dort nicht braucht und es nur hinderlich ist. Dieser Druck wiederum führt zusätzlich zur Schonung des Zehenbereiches, wodurch das Material wiederum zu wenig Abrieb erfährt.

Ich habe bei meinem Pferd jedenfalls schon öfter gedacht, dass die WL an der Zehe doch endlich gut aussieht, aber nach einem Hinweis hier im Forum habe ich angefangen, das "Sohlenhorn" an der Zehe etwas zurück zu schneiden, und siehe da : das war gar kein echtes Material der lebendigen Sohle, sondern nur komprimiertes "verschobenes" Schwielenmaterial, und da drunter war dann doch die WL breiter als sie sollte. Seitdem ich dieses Material immer wegschneide (nur an der Zehenspitze, nicht unter dem Hufbein!), sehe ich viel besser wo die lebende Sohle wirklich aufhört, und bis wohin ich die Zehe tatsächlich kürzen kann.
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

katiebell
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von katiebell » Do 14. Mai 2015, 09:52

Wirklich nicht gezerrt.

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Nupur
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von Nupur » Do 14. Mai 2015, 23:19

Vielleicht wird die Absurdität ja klarer, wenn man mal danach fragt, welchen Vorteil eine verbogene Wand denn bringen sollte?!

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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von Pferdefreund » Do 14. Mai 2015, 23:51

Nupur, her geht es nicht um Absurditaeten, sondern darum, wie man mit bestimmten Situationen umgeht. In einer idealen Welt, einem idealen Pferd, einer idealen Aufzucht und idealen Umweltbedingungen gibt es keine verbogenen Waende, hebelnde Waende und flares. Darum geht es hier nicht. Es geht darum wie man, wenn ein Pferd nun mal eine verbogene Wand hat, damit umgeht. Ich glaube naemlich dasss eine verbogene Wand sehr wohl stabil sein kann, und eben nicht hebelnd. Ideal ist es sicher nicht, aber funktional eben schon. Insbesondere wenn im hinteren Hufbereich.

Die Frage ist ob das Pferd mit dieser verbogenen Wand fuer irgendetwas kompensiert. Ob die verbogene Wand fuer dieses Pferd "normal"/"natuerlich" ist. Wie findet man raus wie viel Korrektur man bei einem Pfer mit einer verbogenen Wand veraendern kann, ob eine verbogene Wand ueberhaupt hebelt? Es ist ja leider kein Einzelfall, und viele Leute haben immer wieder damit zu kaempfen, und wie Deine plakatieven Aesserungen auch zeigen, wird eine verbogene Wand als schaedlich wahrgenommen, wohingegen sie vielleicht ein notwendiges Uebel und absolut notwenig fuer den Laufkomfort ist.

Ich kann nur aus meiner bescheidenen Erfahrung von 1 Pferd ueber 8 Jahre sprechen. Meine Stute hat eine verbogene laterale Wand an ihren Hinterhufen, hat sie schon als 3 Jaehrige unter Eisen (2007) gehabt (soweit ich weiss wuerde sie mit 2 zum ersten Mal beschlagen, kam als 3-Jaehrige zu mir, und hat seitdem nie wieder Eisen gehabt), und hat sie heute, nach 4 verschiedenen Hufbearbeiterm, inklusieve mir, und 8 Jahre spaeter. Niemand hat daran was aendern koennen. Alle Versuche, die Wand "gerader" zu bekommen waren mit negativen Auswirkungen verbunden, im besten Fall eine zunehmende Haendigkeit, bis Unwilligkeit des Pferdes sich in eine Richtung zu biegen oder auf einer Hand zu gallopieren, bis zu richtig happigen Balance Problemen.

Da wuerde mich einfach Eure Erfahrung interessieren. Z.B. auch bzgl dieses Pferdes von Facebook. Ist dieser linke Hinterhuf tatsaechlich schlecht, oder tut er so und nicht anders seinen Dienst? Kann mal jemand bitte konkret zu diesem Huf was sagen?

Unten nochmal als Beispiel der HR meiner Stute. Ich bin mir 99% sicher, dass sie diese verbogene Wand so "braucht".

BdL
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Re: Hebelnde Waende / flare unterstuetztend oder schaedlich?

Beitrag von BdL » Di 9. Jun 2015, 14:53

Sowas ist doch eher ein Beweis dafür, das Pferde exrem Leidensfähig sind und auch unter extremen Bedingungen laufen können. Nicht für besonders natürliche oder gute Hufbearbeitung.....

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