Verständigungsproblem

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wolf busch
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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von wolf busch » Di 31. Mär 2015, 09:54

ich verstehe, ehrlich gesagt, den tieferen sinn dieser diskussion nicht so ganz.

einerseits wird, völlig zurecht, ein denkmodell kritisiert, das den komplex huf-hufbein-gliedmaße sozusagen als starres system betrachtet (auch wenn dieses denkmodell nur noch bei den wenigsten fachleuten in dieser einfachheit gültigkeit haben dürfte) und die komplexität des systems betont sowie auf die diversen kompensationsmöglichkeiten des organismus hingewiesen, andererseits erscheint es so, als ob dieses zu simple modell dann nach möglichkeit dennoch durch ein anderes, genauso simples bearbeitungssystem ersetzt werden soll, das wiederum einzig den focus auf den huf legt.

oder noch besser, es wird mal wieder auf grundlage von "wissenschaftlichen arbeiten" diskutiert, die bereits in der aufgabenstellung bzw. in der anordnung des (theoretischen) "prüfaufbaues" versagen, weil sie die aufgabenstellung bereits durch die vorgaben der prüfmaschinerie (hier bspw. die vorgabe, daß eine sozusagen "freie entfaltung" von spannungen und verformungen im prüfkörper ja nur duch eine möglichst geringe fixierung dieses prüfkörpers sichtbar gemacht werden kann) ad absurdum führen...
...was auch die entsprechenden aussagen bzw. ergebnisse zumindest in teilen mehr als zweifelhaft erscheinen lassen könnt, nüch?! :mrgreen:

und alleine das schwadronieren über die ach so rückständigen fachleute kann wohl eher auch nicht unbedingt als gute naturwissenschaftliche praxis gewertet werden, wenn dem von der eigenen seite nur ein "nix genaues weiß man nicht" entgegengestellt werden kann.
das gilt ja noch nicht mal bei den geisteswissenschaften als redlicher umgang mit dem gegner..;)

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myriell
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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von myriell » Di 31. Mär 2015, 10:05

Ich weiß nicht, ob das wirklich einen Nutzen haben kann, aber wenn wir alle uns an ein paar Pferde erinnern, die gestorben sind, wie alt die geworden sind und was grob die Todesursache war (Kolik, Bewegungsapparat, Altersbeschwerden, etc.), könnte man schon einen "kleinen" Durchschnitt bilden.

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Nupur
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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Nupur » Di 31. Mär 2015, 10:19

Die FN Statistik ist Schwachsinn. Muß ich das wirklich erläutern?

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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Puschel » Di 31. Mär 2015, 10:25

Ihr wollt doch aber die Tatsache, dass ein sehr hoher Prozentsatz der Schlachtpferde aufgrund von oder mit Erkrankungen des Bewegungsapparates geschlachtet oder getötet wird, auf die Hufbearbeitung zurückführen, oder? Schonmal davon gehört, das man mit Reiten ein Pferd besonders an den Beinen recht schnell kaputt bekommt?
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Martin
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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Martin » Di 31. Mär 2015, 10:54

wolf busch hat geschrieben:ich verstehe, ehrlich gesagt, den tieferen sinn dieser diskussion nicht so ganz.

einerseits wird, völlig zurecht, ein denkmodell kritisiert, das den komplex huf-hufbein-gliedmaße sozusagen als starres system betrachtet (auch wenn dieses denkmodell nur noch bei den wenigsten fachleuten in dieser einfachheit gültigkeit haben dürfte) und die komplexität des systems betont sowie auf die diversen kompensationsmöglichkeiten des organismus hingewiesen, andererseits erscheint es so, als ob dieses zu simple modell dann nach möglichkeit dennoch durch ein anderes, genauso simples bearbeitungssystem ersetzt werden soll, das wiederum einzig den focus auf den huf legt.
Du triffst exakt das Problem und nichts anderes frage ich die ganze Zeit.

Kann es sein, dass die funktionelle Anatomie weit komplexer ist, als das jahrelang behauptet wurde, aber die bessere Bearbeitungsmethode wesentlich simpler als das jahrelang gelehrt wurde? (In der Lehre sind die Sohlentheorien einfacher als die bewegungs- oder skelettorientierten Methoden, in der Präzision der Bearbeitung nicht unbedingt.).

Und wenn die Sohlentheorien durchaus auch ihre Erfolge haben, dann stellt sich doch die Frage, wie man sich das anatomisch erklärt? Aus meiner Sicht haben wir für die Sohlentheorien nämlich keine funktionelle Anatomie und die der Fesselstandstheorie ist unzureichend.

Warum könnte die Sohle eine Art integratives Element sein, an dem man sowohl die Anforderungen des Skeletts, des Sehnen- und Bandapparates, der Muskulatur und der Hufkapsel ablesen kann? Oder warum ist dem bestimmt nicht so?

Ich weiß nicht, was an diesen Fragen unfair ist?

Martin

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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Jeanne Dark » Di 31. Mär 2015, 12:27

Besser als Martin hätte ich es auch nicht formulieren können! :handgestures-thumbupright:

Beim Beispiel von Feuerhuf ist mir zudem wieder einmal mehr bewusst geworden, dass meine eigene Erfahrung mit einem ähnlichen Fall solche Fragen aufkommen lassen, die eine extreme Fokussierung auf den Huf bei der Bearbeitung bezweifeln lassen. Da war die Arthrose an dem Karpalgelenk so weit fortgeschritten, dass das Bein nur noch 20° Beugung zuließ. Da den Huf zu bearbeiten war alles andere als vorteilhaft. Zum Glück hatte das Pferd in guten Zeiten gelernt sich auf Kommando hinzulegen, so war das wenigstens ein bisschen möglich. Was aber zum Schluss auch nicht mehr ging, weil das Aufstehen Mühe bereitete. Wie hat das Pferd das gelößt? Der Huf am kaputten Bein schien überhaupt nicht mehr zu wachsen. Der andere wurde breiter, die äußere Wand steiler, die innere hebelte nach innen weg, genau so, wie sich nun das Pferd anders belastete.
Insgesamt wuchs aber der Huf auch langsamer und verformte sich so nicht ins Unendliche. Er behielt auch, als eine Bearbeitung nicht mehr so oft möglich war diese Form. (Und obwohl das Pferd nur auf Sand oder Wiese unterwegs war.)
Und meine Araberin, die schießt den Vogel ganz ab. Wenn ich bei der 2-3mal im Jahr die Kanten geraspelt habe, dann war das viel. Erst jetzt, wo sie älter als Johannes Hesters ist und der Stoffwechsel nicht mehr so hinhaut, muss ich öfter mal die Zehe kürzen.
Das Leben hat mir scheinbar andere Dinge gelehrt, als die, die da als "richtig" hingestellt werden, deshalb fällt es mir vielleicht auch schwer vieles zu verstehen, was hier vom Huf geschrieben wird. :think:
Und deshalb finde ich es spannend, was Andere so darüber denken, zumal da auch Leute dabei sind, die mehr Hufe in der Hand hatten, wie ich je haben werde.
LG Katrin

Mit Logik kommt man von A nach B, mit Kreativität überallhin!
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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Kathy71 » Di 31. Mär 2015, 17:37

Ich würde mich bereit erklären, die Finite Element Methode bzw. die Ergebnisse dieser Untersuchungen interessierten Hufmenschen mal so zu erläutern, dass sie auch für Laien verständlich sind.

Bei mir hat der Artikel nämlich einiges an Denkprozessen ausgelöst, wobei ich da gerne nochmal in einem Kadaverhuf gucken würde, ob das alles mechanisch auch so funktioniert wie es sich mir momentan darstellt.

Danach ist das "Innenleben" des Hufs über eine in ihrer Ebene mehr oder weniger schubfeste flächige Schicht (Lederhaut, weisse Linie) mit der äußeren Hornkapsel verbunden. Die Hufkapsel selbst kann sich deformieren bzw. behinderte Deformationen führen zu Zwängungsspannungen in der Kapsel (Zwängung ist zB, wenn die Tür klemmt, weil sich das Holz ausgedehnt hat). Diese Untersuchungen bzw. Berechnungen erklären sehr gut, warum es zu Hornspalten kommt, bzw. wie das Hochstauchen des Kronsaums funktioniert und warum ein hochgestauchter Kronsaum innerhalb kurzer Zeit runterkommt, wenn man an der richtigen Stelle eine Schwebe setzt.

Nach meinen Vorstellungen von dieser schubfesten Verbindung, kann sich diese auch in ihrer eigenen Ebene verzerren, weswegen die Bewegung außen in der Kapsel nicht zu 100% im Inneren ankommt.

Die Druckverteilung in der Kapsel unter Berücksichtigung der Bein-/Gelenkstellung kann man eigentlich ebenfalls modellieren und mit FEM berechnen. Vielleicht wurde da auch schon in dieser Richtung geforscht...die vorgestellte Arbeit ist ja nun auch schon von 1997.
Man könnte sogar (aber dafür müsste man einen Maschinenbauer mit hinzuziehen) das Ganze sogar dynamisch analysieren, wobei ich das nicht unbedingt für notwendig halte.

Das heisst freilich noch nicht, dass man dann die optimale Bearbeitung gefunden hat, aber ich denke, dass das doch ein sehr interessanter Ansatz ist.

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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von striziwuzi » Di 31. Mär 2015, 18:40

mich würde das interessieren... zumal der finite-"artikel" in schwarz-weiß-form für mich ziemlich unverständlich war........

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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von Martin » Di 31. Mär 2015, 19:02

Hier ein Link zu Videos, die Aspekte der Kapselbewegung unter Druck beschreiben http://swedishhoofschool.com/Videofilm.htm
Vielleicht hilft das zum Verständnis.

In jedem Fall wären ein paar weitergehende Überlegungen zu diesem Thema sicherlich interessant. :clap: :clap:

Martin

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Re: Verständigungsproblem

Beitrag von wolf busch » Di 31. Mär 2015, 21:12

aber selbstverständlich haben die sohlentheorien ihre erfolge.
nämlich immer dann, wenn huf & pferd zur theorie passen.
da kannst du sie alle nehmen, die simplen theorien, alle "haben ihre erfolge", wenn der danach bearbeitete huf und das dazugehörige pferd dazu passen.
das heisst aber nicht im umkehrschlusse, daß diese theorien besonders gut geeignet wären, dann erfolgreich auf alle fälle angewandt werden zu können.
und genau da liegt der knackpunkt, denn sobald eine solche theorie versagt, hat man im besseren falle bspw. die kapsel ein bisserl verzogen oder kurzfristig eine etwas andere gliedmaßenführung, im schlechteren direkt einen mehr oder weniger gravierenden pathologischen vorgang in gang gesetzt, das arme tierchen "plattgeschnitten".
das kann sich meinetwegen ein hobbyschrauber an seinem eigenen roß leisten (man kann ihnen halt nicht allen helfen, den besitzern), ein profi kriegt dafür eins auf die finger und das sehr zurecht.
oder, besser, sollte gehörig eins auf die finger kriegen, denn leider sieht man diese pathologien ja häufig erst nach mittlerer bis langer frist...
die sohle ist im übrigen genauso integrativ oder auch nicht wie jeder andere teil der kapsel auch, kein einziges element bildet die gesamte komplexität lesbar alleine ab.

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