Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

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Pat
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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von Pat » Fr 9. Dez 2011, 12:35

charlsey hat geschrieben: naja, bei uns noch nicht einmal das... unsere tierärzte wollen gar nicht wissen, dass das pferd besser läuft. das ignorieren die total, wenn der besi sich zu anderer behandlung als von denen vorgeschlagen entschieden hat. (hab ich selber mehr als 2mal bei gravierenden diagnosen erlebt ... )
Ja, das habe ich allerdings auch erlebt! Von Tierärzten, von Schmieden, von Hufpflegern, von Human-Ärzten.... :x

Martin
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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von Martin » Fr 9. Dez 2011, 13:19

SilentDee hat geschrieben:Häufig ist der Pferdebesitzer selbst entschieden, hat sich mit dem Thema Hufschuhe im Übergang und evtl. sogar mal eine vorübergehende Polsterung usw. abgefunden, steht dann aber unter dem Druck der Stallkollegen.

Die beschimpfen teilweise (hatte ich gerade wieder) den Besi als Tierquäler, weil das Pferd in den ersten 2 Wochen fühlig läuft, drohen mit dem Tierschutzgesetz usw. :shock:

Ich mache daher vorher schockierende Huffotos, und in einem solchen Falle drucke ich die dann aus und bringe sie dem Besi mit, schön hereingezeichnet, wo welche Einblutungen, getrennte Lamellenschichten usw. sind. Dann achte ich aber auch pinibel darauf, dass das Pferd wirklich nicht schmerzhaft, sondern nur fühlig läuft. Da ist die Unterscheidung schon schwierig. Pulsation wird überwacht, mit der Hufuntersuchzange wird pinibel abgedrückt, ich lasse den Besi auch mal drücken.

Da er immer vorher aufgeklärt wird, dass im Falle von schmerzhaftem Laufen ein Polster unbedingt notwendig ist, und ich den Krankenschuh immer im Auto parat habe, aber auch alle Vettec-Geschichten, Panzertape u.v.m. sind die dann beruhigt und ich muss nicht über Geld reden, denn ohne dieses ok mache ich keine Barhufumstellung. Ich will ja keinem Pferd Schmerzen bereiten, sondern nehmen.

Aber den Druck, den Stallkollegen, Reitlehrer und andere Schmiede ("Oh Gott, Dein Pferd hat ja viiieeel zu kurze Hufe, da muss ein Eisen drauf, das bekommt ja sonst eine Belastungsrehe!!!") ausüben, ist schon erheblich. Leider sind auch viele Tierärzte eigentlich ahnungslos bei Hufgeschichten. So traurig das ist. Aber zum Glück sind die dann positiv überrascht, wenn es klappt und Hotte plötzlich viel besser läuft!

LG
Ich habe es da meist etwas einfacher. Ich sage Besitzern, Tierärzten und Hufschmieden, dass wir den Aufwand mit komischen Hufschuhen, dem merkwürdigen Barhufgereite usw. nicht machen würden, wenn es unserem Hochleistungsport nicht nachhaltig nützen würde. Wenn das klassische System in unserem Sport bestens funktionieren würde, hätten wir nichts geändert. Diese Begründung bringt selbst Tierärzte und Schmiede zum Nachdenken.

Dann kommt noch hinzu, dass ich ja immer noch Beschlage, zwar mit Kunststoff, aber eben noch Nägel reinhaue. Vielen Pferdebesitzern gibt es ein gutes Gefühl, dass sie von mir jederzeit einen mehr oder weniger klassischen Beschlag bekommen können. Brauchen sie meistens dann gar nicht, aber es hilft ihnen sich auf das Abenteuer einzulassen. Aus dem Grund kann ich auch nur schwer verstehen, dass so viele Barhufbearbeiter sich weigern das Nageln zu lernen.

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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von Mascha » Fr 9. Dez 2011, 13:36

Ich mach es mir da ganz einfach. Ich verdien ja auch kein Geld damit. Da ich fremde Hufe meinem Rücken zu Liebe (und weil ich keine Zeit habe, die nächsten zehn Jahre auch noch x fremde Pferde zu raspeln) im Normalfall nicht selber bearbeite sondern nur daneben stehe und anleite (bis die Hufe wieder ok sind), sehen die Besitzer ein, dass sie selber ein wenig Ahnung haben sollten. Wenn jemand mich also fragt, ob ich nicht helfen kann, die Hufe wieder in Ordnung zu bekommen, dann frag ich erstmal, was denn schlecht sei an den Hufen. Meisten wissen die Leute es dann nicht so genau. Dann geb ich ihnen einen Haufen Links, die sie sich mal angucken sollen und wir treffen uns später nochmal. Wenn sie mir dann erklären können, was an den Hufen alles "falsch" ist, dann haben sie die Notwendigkeit, was zu ändern meistens ein für alle Mal eingesehen und tun alles, was nötig ist. :)
Viele Grüße, Mascha
Alles, was ich an Beurteilungen abgebe, basiert auf dem Material, das mir dafür zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich müsste man für eine vollständige, seriöse Beurteilung der Hufe das Pferd live und in Bewegung sehen.

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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von SilentDee » So 11. Dez 2011, 02:08

Ich erzähle vorab, dass ich dann eben zur Not was drunter kleben würde. Hab immer noch ein Problem mit dem Thema Nagel. Ist halt schon eine ungleichmäßige Belastung, die vielleicht bei wirklich gesunden Hufen für eine kurze Zeit keine Probleme macht, aber jedes Nagelloch ist eine Eintrittspforte für Bakterien, bei jedem Nagel betreibt man Hornverdrängung, die bei den mir ständig neu vorgestellten echt kranken Hufen schnell Auswirkungen hat, zumal die meisten Leute leider erst über Barhuf nachdenken, wenn der Schmied auf den Huf wirklich kein Eisen mehr drauf bekommt und Hotte selbst mit von Klinik verordnetem Spezial-orthobeschlag lahm geht. :( das sind häufig meine Neukunden. Immer der Erste in einer Region, dann habe ich dort exponentielles Kundenstammwachstum. :lol: Aber es tut in der Seele weh, zu sehen, was die armen Pferde vorher erleiden mussten. Und dann gibt es die ersten Wochen mal Probleme bei der Umstellung - der Huf muss die Chance bekommen, seine Selbstheilungskräfte in Gang zu bringen. Diese erste Phase ist dann schlimm.

Bei normalen Umstellungen sind fast nie irgendwelche Probleme, meist erzähle ich jede schlimme Möglichkeit im Vorraus, um dann festzustellen, dass gar keine erste Fühligkeit aufgetreten ist. :dance: Ich kläre aber vorher immer über mögliche Risiken und Kompliaktionen auf - ist die Schulmedizinerin in mir, macht man vor OP's ja auch. Ich mag es selbst auch nicht, wenn ich nicht alles vorher weiß und mich auf den schlimmsten Fall einstellen kann. Lasse mich lieber positiv als negativ überraschen.

Dadurch, dass ich erst lange Gespräche führe, habe ich auch fast nur super motivierte, klasse mitarbeitende Pferdebesis. mal ein Kompliment an alle, die mich zu sich rufen. :clap: Da wird tamponiert, desinfiziert und geschmirgelt vom feinsten! Dass die Pferde sehr schnell super laufen, auch wenn die Hufe anfangs total deformiert und weggefault sind, liegt nicht nur am Bearbeiter! Der Besi ist noch wichtiger, der ist täglich dran! Und wird anfangs echt viel Zeit und Mühe in z.B. die fauligen, verpilzten Hufteile gesteckt (ob Strahl oder Lamellenschicht), hat gaanz ganz schnell einen sehr krassen Erfolg!

Lieben Gruß

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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von Lesley » Do 23. Okt 2014, 12:48

Das Thema von @Frog ist jetzt hier.
"Experience is the hardest kind of teacher. It gives you the test first and the lesson afterward." ~Oscar Wilde

„If you are not willing to learn, no one can help you.
If you are determined to learn, no one can stop you.“

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Re: Barhufumstellung - Herangehensweise Vergleich

Beitrag von greenorest » Mo 27. Okt 2014, 22:05

Hallo,

mir ist es am Wichtigsten, dass der Pferdebesitzer selbst und ausreichend gut informiert entscheidet, sein Pferd auf Barhuf umstellen.

Ich schaue mir das Pferd an und schätze ab, ob und welche Probleme zu erwarten sind (SilentDee hat m.E. die kriterien schon erschöpfend beschrieben). Besonders achte ich auf die Umgebungsbedingungen, so vermeide ichz.B. kritische Barhufumstellungen um diese Jahreszeit. Die Böden frieren bei uns im Winter meist irgendwann fies zusammen und sind dann schlimmer als Schotter im Sommer, dies überfordert ein frisch umgestelltes Pferd meist völlig. Besonders recht ist mir ein Paddock oder eine Weide mit gutem, weichem Boden. Wenn möglich versuche ich die Umgebung so auszuwählen, dass Krankenschuhe nicht nötig sind, denn das ist schon eine herbe Zumutung an die Besitzer.

In der Regel lasse ich das Pferd auf verschiedenen Untergründen vorlaufen, nachdem ich die Beschläge entfernt, aber die Hufe noch nicht bearbeitet habe. Hier kann ich die Lage gut beurteilen und kann dem Besitzer erklären/zeigen, dass meine Bearbeitung das Pferd sicher nicht schlechter laufen lässt.

Die Hufe bearbeite ich ganz normal am Barhuf, wobei ich Material eher etwas vorsichtiger als zu forsch entferne.

Als nächstes passe ich Hufschuhe an, zur Not nehme ich irgendein Provisorium (habe immer eine Sammlung alter Hufschuhe zur Hand) damit der Huf erstmal geschützt ist. (Es sei denn, dass es meiner Einschätzung nach nicht nötig ist, z.B. bei einem Rentnerpferd, was nur auf der Weide läuft).

Zum Schluss lasse ich das Pferd barhuf und mit Hufschuhen vorlaufen. Mein Ziel ist es, dass das Pferd mit den Hufschuhen genauso oder besser wie mit Beschlag läuft. Barhuf sollte zumindest auf weichem Boden auch genauso funktionieren wie vorher mit Beschlag.
Pferd mit extrem geschädigten Hufen schicke ich natürlich ohne Schutz nicht auf fiesen Boden, da quält man das Pferd nur.

Dem Besitzer gebe ich dann anschließend genauen Rat, wie er die Umstellung am besten angeht, d.h. welche Umgebung, wie viel Bewegung, Reiten ja oder nein, mit Hufschuhen wann etc. Wenn nötig, vergewissere ich mich, dass die Besitzer das Laufverhalten eines Pferdes einschätzen können. Ich hatte mal eine Kundin, die nicht merkte, das ihr Pferd ultra-fühlig war, weil der Abrieb hinten einfach viel zu hoch war. Sie ritt ja immer mit Hufschuhen (vorne) :roll: . Ich habe sie gestoppt, als sie bei mir über den Hof ritt und sie nicht ohne hintere Hufschuhe wieder weg gelassen....

Für mich ist es das Wichtigste, dass es dem Pferd ohne permanenten Beschlag nicht schlechter geht als vorher, d.h. Barhufumstellungen mit Schmerzen fürs Pferd lehne ich ab.

Zur Erklärung für die Besitzer nutze ich das Vorlaufen vor und nach der Bearbeitung und frage danach, wie das Pferd als Jungpferd vor dem ersten Beschlag lief. Dies demonstiert, dass eine gute Barhufbearbeitung keine Schmerzen verursacht. Die Fühligkeit (auf hartem Boden) hat die Ursache in den schon zuvor vorhandenen Schäden am Huf, die (falls das Pferd als Jungpferd deutlich besser barhuf lief als aktuell zu sehen) ja offensichtlich durch die zuvor praktizierte Hufbearbeitung/den Beschlag verursacht wurden. (Dies gilt für den Standardfall, nicht unbedingt für Krankheiten, z.B. EMS)

Zum Schluss: Ich berate immer sehr ehrlich, ob eine Barhufumstellung fürs Pferd und seinen Besitzer sinnvoll wäre, nachdem ich mir beide ausführlich angeschaut und ausgefragt habe. Beim Pferd und seiner Hufsituation gibts m.E. selten Fälle, wo ich es nicht zumindest mal vorsichtig probieren würde. Ich - oder ein anderer Hufbearbeiter - kann schließlich in jedem Stadium wieder beschlagen/kleben. Beim Besitzer habe ich aber schon oft abgeraten. Besser Dauerbeschlag als eine Barhufumstellung mit massiven Schmerzen fürs Pferd, weils absehbar ist, dass es schief läuft.

Gruß Tina
* http://www.pro-barhuf.de -Vollständig überarbeitete Auflage des Hufbuchs erschienen *

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