Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

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Nupur
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Nupur » Sa 28. Dez 2013, 15:40

saskia hat geschrieben:Ich meine, vor nicht allzu langer Zeit hier im Forum irgendwo gelesen zu haben, dass in USA das Phänomen "Negativ-Rotation" mehr Pferde als hierzulande betrifft, weil dort schon länger und in grösserem Ausmass (zahlenmässig) nach NHC die Sohle geschont wird und sich daher häufig soviel Hornmaterial an der Zehe angesammelt und komprimiert hat, dass es zu Negativ-Rotationen kam. Wäre also auch noch eine mögliche Folge von falsch verstandenem Schwielen-schonen.
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Wenn man die Sohle nie ausschneidet, verliert man schnell den Blick für die optimale Huflänge.

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Pferdefreund
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » Sa 28. Dez 2013, 16:01

Nupur hat geschrieben:Diese "Sohlenschwiele" ist ja eine sozusagen "neue" Struktur, über die sich vor Gene Ovenicek noch niemand (dokumentierte) Gedanken gemacht hat. Zumindest meines Wissens nach nicht.

Die umlaufende Schwiele muß man von der allgemeinen verdichteten oder doppelten Sohle trennen. Erstens ist die Ausbildung von Sohlenhorn offenbar individuell, d.h., mache Pferde stoßen überschüssiges Horn immer sofort ab, andere bilden ständig wieder eine gefüllte Sohle. Zweitens ist es abhängig vom Untergrund, wobei Hufe, die viel auf hartem Boden unterwegs sind, typischerweise eine dicke, verdichtete Sohle aufbauen und keinen Wandüberstand haben, aber auch Hufe, die permanent im weichen Boden sind, sich genauso darstellen können. Bei letzteren liegt die Ursache aber wohl eher in der mangelnden Gelegenheit, Horn abzuschilfern, und es geht mit insgesamt längeren Hufen und deutlich geringer Festigkeit des Sohlenmateriales einher.

Die Sohlenschwiele scheint eine rein funktionale Struktur zu sein - d.h. es macht keinen Sinn, ihr darüber hinaus Bedeutung zuzumessen. Sie ist kein Kennzeichen eines gesunden/kranken, guten/schlechten Hufes. Beschlagene Hufe bilden keine Sohlenschwiele aus, weil sie nicht benötigt wird. Ohne Zweifel schützt sie den Hufbeinrand und entsteht bei entsprechendem Reiz an der Stelle.

Zur Lastaufnahme eignet sie sich nur bedingt, weshalb die Vermutung, sie würde das Hufbein unterstützen, abzulehnen ist. In dieser Region entsteht am allerhäufigsten Fühligkeit - mit und ohne Schwiele. Hampson und Pollit haben gezeigt, daß ein Druck dort die Durchblutung der Sohlenrandarterie abschnürt. (Sie haben nicht weiter qualifiziert, ob das schlecht oder normal ist, haben aber für ihre eigene Hufbearbeitung den Schluß gezogen, die Schwiele nicht mit tragen zu lassen.) Gesunde Hufe mit starker Sohle haben kein Problem, wenn dieser Callus prominent ist, das Wandhorn also überragt. Dennoch empfinden viele Pferde das Laufen darauf auf hartem Untergrund als unangenehm, obwohl ausreichend Schutz gegeben sein müßte. Hier kann ein nachträgliches Ausdünnen der Struktur zur sofortigen Besserung führen.

Nupur, Deinen Beitrag fande ich sehr interesant. Besonders Deine Beobachtung dass Hufe auf weichem Boden auch verdichtete Sohlen produzieren koennen. Ich beobachte das naemlich auch, bei meinen Pferden, die auf Sand leben. Ganz verstanden habe ich es noch nicht, aber ich denke mir manchmal dass es daher kommt, dass der Sand doch schon sehr starken Druck auf die Sohle ausuebt, da er sich so in die Sohle reinsetzt und diese dann verdichtet. Bei mir ist das so wenn der Sand nass ist. Hast Du sowas auch schon beobachtet? Oder welchen weichen Boden meinst Du genau, bei denen Pferde die Sohlen ausfuellen?

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von kelte » Sa 28. Dez 2013, 16:08

Natürlich kann man es mit allem Guten übertreiben, so auch mit Sohlenschwielen. Vor allem bei Pferden, die sich nicht genug auf artgerechten Böden bewegen. Und sind wir uns ehrlich, das passiert fast überall.

Bei Christine sehe ich allerdings eine Zehenschwiele, es ist der helle, schmale Streifen hinter dem Zehenrand am letzten Bild. Abgesehen davon steht in der Studie auch drinnen, daß der Huf noch nicht fertig umgestellt war, 4 Monate waren noch etwas zu kurz.
Bei einem gesunden Huf sollte die Zehenschwiele aber genau dort liegen, wo man sie bei Christine sieht, hinter der Zehenrichtung und weiter umlaufend, am äußersten Rand der Sohle.

@ saskia
Ja, von vielen meiner Kundenpferden gibts Röbis. Ebenso von meinen eigenen Beiden, die seit Jahren mit einer ordentlichen Zehenschwiele herum rennen.
Und noch einmal, wenn ich innere Strukturen durch dickes, hartes Sohlenhorn schütze, dann erscheint es mir logisch, daß da nichts passiert. Zusätzlich darf man nicht vergessen, daß Sohlenhorn nicht hart "auf die Welt kommt", es verdichtet und verhärtet erst durch Bodendruck. An der äußersten Schicht am meisten und nach innen immer weniger. D.h. die Struktur wird immer weicher, je näher sie zum Hufbein, eigentlich Sohlenlederhaut kommt. Das erscheint mir physikalisch gesehen als ungemein dämpfend und schützend.

Grüße

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » Sa 28. Dez 2013, 16:10

vielleicht bringt ja dieses Bild auch noch einen Punkt in die Diskussion. Ich habe kuerzlich diese Dokumentation gesehen:

http://mollyshoofjourney.blogspot.com/2 ... ocker.html

Das Pferd hat sich eine "Sohlenschwiele" angelaufen, es ist aber nicht wirklich eine Schwiele sondern einfach nur die Stelle wo das Pferd abrollt. Da dort in Indien niemand den Pferden die Hufe trimmt, sie aber so viel laufen dass sie es trotz Sand schaffen sich ihren Abrollpunkt anzuschleifen.

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » Sa 28. Dez 2013, 16:19

saskia hat geschrieben:
kelte hat geschrieben:Für mich stellt die Zehenschwiele sogar einen der wichtigsten Strukturen dar. Sie ist der natürliche Abrollpunkt des Hufes.
....

Grüße
Wird die Last beim Abrollen nicht von der Wand an den vorderen 2 Punkten der "4-Punkt-Theorie" getragen? Die Belastung dieser 2 Punkte nimmt einen wesentlichen Lastanteil von der Sohlenschwiele (meinem Verständnis zufolge. Also nicht als bewiesenen Fact betrachten).

Ich wuerde das so bestaetigen. Sieht man auch bei dem Mustanghuf, den ich fotographiert habe. Das Pferd hat sich den Bereich wo die "Schwiele" sein soll einfach abgeschmirgelt, braucht diese also nicht als Schutz, sondern traegt die Last auf den Pillars. Man sieht meiner Meinung nach auch dass die Wand einen ganz minimalen Ueberstand hat, somit die Sohle effektiv vor zuviel Druck "schuetzt".

http://1.bp.blogspot.com/-elS0xGMH0EA/U ... lide02.jpg

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von kelte » Sa 28. Dez 2013, 17:12

Also ich sehe bei diesem Mustanghuf eine wunderschöne Zehenschwiele. Schön abgerundet und hervorragend als Anrollpunkt geeignet.

Grüße

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » Sa 28. Dez 2013, 18:54

aber das ist doch keine Schwiele. Das ist einfach nur abgeraspelte Sohle, die Sohle hat eine Woelbung nach innen, so wie eine Schwebe in der Seitenwand, es ist eine Schwebe in der Zehe, so dass nur die pillars ueberhaupt Bodenkontakt haben. Also eher genau das Gegenteil von einer Schwiele. Kannst Du mal exakt definieren was eine Schwiele Deiner Meinung nach ist? Oder noch besser, ein Bild zeigen?

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von TinaH » Sa 28. Dez 2013, 18:59

Ich glaube, eine Schwiele ist das, was Maureen (heißt sie so?) als "ridge" bezeichnet, oder?
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » Sa 28. Dez 2013, 19:03

ich weiss nicht ob man "ridge" mit Schwiele uebersetzen kann. Das ridge zeigt lediglich an dass die Zehe zu lang ist, dann verlagert sich das Pferd den Abrollpunkt nach hinten, so wie bei dem Indischen Pferd. Wenn die Zehenlaenge stimmt verschwindet das ridge. Ich habe Maureen genau zu diesem Thema befragt.

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von TinaH » Sa 28. Dez 2013, 19:21

Puh, jetzt wirf doch nicht durcheinander, was ich grade geglaubt habe, verstanden zu haben :lol: :lol: :lol:

Aber das, was Maureen als ridge bezeichnet, das sieht für mich auf den Fotos schon so aus wie das, was kelte hier als Schwiele bezeichnet.

Wäre vielleicht auch interessant. Hast Du nicht grad mal Fotos parat von Maureen, wo sie ein/eine ridge zeigt? Würde mich interessieren, was kelte und Feuerhuf dazu sagen.
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