Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Bearbeitungstechniken
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Feuerhuf
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Feuerhuf » So 22. Dez 2013, 17:14

Mit der repräsentativen Mehrheit war diesmal wirklich ironisch gemeint.
Wie viel? Über 500 Forenmitglieder und nur so wenige Meinungen, obwohl doch eine nicht kleine Anzahl gewerblich tätig ist.
Und richtig, an 3 Hufen etwas festzumachen, dazu noch ohne Verlaufskontrolle ist vermessen. In diesem Thread wollte ich den Versuch starten etwas für den Anfang einer Arbeit oder Sichtweise auf eine Struktur eine relativ allgemeingültige Aussage zu finden, die zumindest keinen Schaden anrichtet. Und egal in welcher Schule man sein Wissen erworben hat, es repräsentiert in der Regel noch nicht einmal 50% von dem was man wissen sollte um halbwegs qualitativ arbeiten zu können und Zustände inklusiv deren Entwicklung einschätzen zu können. Wir sind häufiger mit unserer Annahme auf dem Holzweg was für das Pferd und die Hufe das besser Mögliche ist, als wir uns eingestehen wollen und oft auch unter Ermangelung des Begreifens eingestehen können.
Ich hätte mir halt schon gewünscht mehr konträre Meinungen zur Bearbeitung zu erhalten.
Denn es soll hier ja nicht um das Richtig oder Falsch einer Bearbeitung gehen, sondern um die Möglichen Vorgehensweisen.
Über 90% meiner Kundenpferde hatten Probleme bei denen es nicht weiterging. Waren alle Vorbearbeiter deshalb Nichtkönner? Ich glaube nicht; oft sind es Nuancen die zwischen einer erfolgreichen und nicht erfolgreichen Bearbeitung liegen. In dem Sinnen, das sich die guten wie die schlechten Nuancen kumulieren. Ein Riss entsteht selten über Nacht, ebenso wie hebelnde Wände und verfaulte Strähle oder ein Hufrollensyndrom.
Normalerweise habe ich für mich persönlich eine klare Regel. Wenn jemand für sein Pferd Raspeln und Bearbeiten lernen möchte, wird es vor Ort in kleinen Schritten mehrfach gezeigt. Bearbeitungsratschläge wie man sie in vielen bunten Beschreibungen findet sind oft sehr einfach, einfach nachzuvollziehen und sehr oft einfach falsch, bzw. nicht zielführend.
Schon mal aufgefallen, dass es von keiner noch so renommierten deutschen Hufbearbeitungsschule oder – Richtung ein Fachbuch über die Bearbeitung gibt. Es gibt immer nur Bücher über: das passiert weil und nicht: das passiert wenn man dieses und jenes macht und wie man es macht. Selbst das neue Buch Der Huf von Litzke Rau enthält diverse Vorgehensweisen die einem den Magen rum drehen.
Normalerweise schreibe ich nicht in Foren, weil das Problem der Kluft zwischen Formulierung und der Interpretation des Gemeinten oft besteht. Einen halbwegs sachlich richtigen Post auf den Weg zu bringen bedeutend Arbeit und die ewigen Richtigstellungen und Erklärungen sind ermüdend. Vielleicht können wir es ja noch mal mit der Bearbeitung der Sohle versuchen.

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Pferdefreund
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Pferdefreund » So 22. Dez 2013, 17:32

Feuerhuf hat geschrieben: Einen halbwegs sachlich richtigen Post auf den Weg zu bringen bedeutend Arbeit und die ewigen Richtigstellungen und Erklärungen sind ermüdend. Vielleicht können wir es ja noch mal mit der Bearbeitung der Sohle versuchen.

Das kann ich absolut nachvollziehen. Es kostet Zeit, und man macht sich angreifbar, deswegen schreiben vermutlich so wenige Leute ihre Meinung und Beobachtungen. Aber, trotzdem muss man Richtigstellen und Erklaeren, ansonsten macht das Ganze keinen Sinn. Der Lehrer in der Schule hat schon immer gesagt, "es gibt keine dummen Fragen, nur Fragen die nie gestellt werden". Ich bin ja an der Uni taetig. Die schlechtesten Vorlesungen/ Vortraege sind die wo keine Fragen kommen aus dem Publikum. Es gibt immer offene Fragen, und zu viele Leute trauen sich keine zu stellen, oder ueberhaupt mal ihren Kopf zu bemuehen, weil sie denken sie haben ja eh kein Verstaendnis fuer die Materie und das ist alles so komplex. In Wahrheit ist der Huf gar nicht so komplex. Es ist aber irgendwie scheinbar schwierig das rueberzubringen.

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Mascha
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Mascha » So 22. Dez 2013, 18:16

Ich wollte gar nicht sagen, dass man sich nicht bemühen sollte, die eigene Bearbeitungsweise zu erklären oder sich andere Bearbeitungsweise anzusehen. Ich meine nur, wir sollten nicht versuchen, aus den verschiedenen Erfahrungen ein "allgemeingültiges" Fazit zu ziehen. Denn eine Anleitung, die immer richtig ist, gibt es da meiner Erfahrung nach nicht. Wenn wir hier jetzt eine vermeintlich allgemeingültige Empfehlung als Konsens der verschiedenen Bearbeitungen aussprechen, wird das zur Folge haben, dass einige Leute, die das lesen, das glauben und dann a) bestimmt einige Pferde darunter leiden und b) die Leute aufhören, sich selber Gedanken zu machen. Schließlich gibt es ja endlich eine immer gültige Anleitung.

Dass das nicht so gemeint war, ist mir klar. Aber jemand, der das als Unerfahrener ließt, kann das nicht wissen.
Viele Grüße, Mascha
Alles, was ich an Beurteilungen abgebe, basiert auf dem Material, das mir dafür zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich müsste man für eine vollständige, seriöse Beurteilung der Hufe das Pferd live und in Bewegung sehen.

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Feuerhuf » So 22. Dez 2013, 18:52

Ein allgemeingültiges Fazit war nicht das Ziel sondern eine Aussage die dem Pferd keinen Schaden durch Selbstbearbeiter zufügt. Man kann es natürlich auch so flapsig wie unsere renommierten Schulen halten; Die Regel ist, es gibt keine Regel.
Nur mal als schlechtes Beispiel: Ob man eine Mustangroll anbringt oder ein Rieddach im Zehenbereich herstellt, ist von der Technik fast egal nicht jedoch von der Wirkung und von der Schnelligkeit manchmal ans Ziel zu kommen. Wichtig für den Selbstbearbeiter wäre der allgemeingültige Hinweis, wenn möglich nicht bis auf die Blättchenschicht zu raspeln, da dort Fäulnis entstehen kann und evtl. die Seiten ausbeulen können. und on top der Hinweis bei der Dicke der Hornwand gestaltung auf die Belastung des jeweiligen Hufabschnitts zu achten.

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Lilli » So 22. Dez 2013, 21:10

Also auf dieser Seite sind wir alle der gleichen Meinung :angelic-flying:

Feuerhuf, stell doch ein paar Verläufe ein. Das ist doch sehr interessant, was aus den Schwielen wird. Mein Rehepferdchen hat derzeit zwei Schwielen hinter den Resten des Narbenkeils und das erst seit 8 Wochen. Das ist dann kurz nachdem sie wieder mit den anderen zusammen lebt, scheint also durchaus eine Unterstützung unter dem Hufbein bei vermehrter Belastung zu sein.

Wäre es nicht interessant verschiedene Verläufe zu verschiedenen Bearbeitungsweisen anzulegen?

Hast du nicht noch Fotos von Hufen, nachdem du die Schwielen geglättest, oder fast geglättest hast? Wie ging das weiter?
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greenorest
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von greenorest » So 22. Dez 2013, 22:33

Hallo,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass -regelmäßiges- Entfernen von Sohlenschwielen (="Hügeln" auf einer eher dünnen Sohle) ein ziemlich sicherer Weg ist, Barhufpferde fühlig zu schneiden.

Biernat behauptet, dass die Sohle keine Last tragen dürfe. Diese Sichtweise finde ich ebenfalls in den Beiträgen von Feuerhuf.

Meiner Meinung nach ist diese Sicht realitätsfern. Nehmen wir ein Pferd mit gesunden Hufen und dicker Sohle und 5 mm Tragrandüberstand rundherum. Reiten wir auf der Wiese, wird der Tragrand einsinken und die gesamte Hufunterseite anteilig Last tragen. Reiten wir auf etwas nachgiebigem Schotter, wird der Tragrand ebenfalls etwas einsinken die Randbereiche der Sohle werden einen Teil der Last übernehmen. Nach ca. 10 km im Trab wird der Tragrandüberstand an der Zehe weitgehend verschwunden sein und die Randbereiche der Sohle werden beim Abhufen sicher ebenfalls belastet. Lediglich auf Asphalt hat die Sohle zunächst keinen Bodenkontakt - bis auch hier nach einigen Kilometern der Tragrand an der Zehe ebenfalls abgelaufen ist.

Ich wohne in einer Region mit abriebsintensiven Böden. Hier kenne ich kein regelmäßig gearbeitetes Pferd, dass je einen Tragrandüberstand an der Zehe ausbildet. Die Sohle bekommt -zumindest in den Randbereichen- immer etwas Abrieb und Last mit. Die Pferd laufen noch viele km hervorragend barhuf, nachdem der Tragrandüberstand weg ist. Das Hufbein und die Lederhäute sind offensichtlich immer noch ausreichend vor Bodenreizen geschützt. Fühlig werden sie erst dann, wenn die schützende Hornschicht an Tragrand und Sohle zu dünn wird, weil der Abrieb das Wachstum übersteigt. (z.B. nach 30-60 km auf Schotter und Asphalt am Stück)

Es entsteht meiner Erfahrung nach bei eher viel Abrieb ein "kompakter" Huf mit dicker Sohle und höchtens im Trachtenbereich leicht Tragrandüberstand. Wenn durch die Hufbearbeitung versucht wird, diesen Zustand zu verändern (z.B. deutlich lang wachsen lassen oder einen Tragrandüberstand schneiden) kehrt der Huf nach kurzer Zeit durch die Kräfte des Abriebs wieder in den ursprünglichen Zustand zurück. Dieser stellt daher m.E. einen Gleichgewichtszustand dar, der für die Pferde funktioniert und den man sowieso nicht großartig ändern könnte. Ich beobachte hier übrigens auch nie Einblutungen.

Doch nun zu dem, was hier mit Sohlenschwielen thematisiert wird: Die Sohle ist zu dünn, hat aber stellenweise - häufig im Randbereich und insbesondere an der Zehe - Hügel, an den das Horn härter und dichter ist. Es kann sein, dass der Tragrand nicht funktionsfähig ist, weil er z.B. wegen schlechter Hornqualität total ausgebrochen ist. Dann tragen sie Sohlenschwielen sogar auf Asphalt einen signifikanten Anteil von Gewicht und Abrieb. Es gibt häufig die eine oder andere Einblutung.

Einschub: Ein Pferd mit solchen Hufen hat mich endgültig zur Hufbearbeitung gebracht. Die Hufsituation war zu Beginn Mist (platt, dünne Sohle, Risse, völlig verbogene Wände). Ich hatte das Pferd einer guten Freundin schon ein paarmal gemacht, ohne Probleme, die Risse waren schon dabei rauszuwachsen. Ich hatte die Freundin dann mit Engelszungen überredet, die Bearbeitung doch von meiner damaligen Hufbearbeiterin kontrollieren zu lassen... Naja, die Hufbearbeiterin kam, "glättete" die Sohlenschwielen... und am nächsten Tag lief die Stute erbärmlich fühlig. Ich hatte selten ein so schlechtes Gewissen - zum Glück rettete uns ein Wintereinbruch mit reichlich Schnee.

Daher meine Erfahrung: Wenn die Sohle eh zu dünn ist bzw. der Tragrand nicht funktionstüchtig, sind die Sohlenschwielen m.E. eine Art Notreparatur des Organismus, um wenigstens an den am stärksten belasteten Stellen für etwas Schutz zu sorgen. Die Sohle ist also überall zu dünn (so manches Mal per Hand eindrückbar), nur an den Schwielen ist sie in der Nähe der natürlichen Dicke. Wenn man die Schwielen nun glättet, ist die Sohle dann ganz sicher zu dünn und das Pferd hat zu wenig Schutz. Wenn die Sohle wegen einer nicht funktionsfähigen Wand überlastet ist, mag es Einblutungen geben - die verhindere ich aber nicht dadurch, dass ich die einzigen Bereiche mit halbwegs ausreichend Hornstärke noch schwäche. Mein Ansatz ist, solche Pferde von zu hartem Boden fernzuhalten und die Hufe ggf. temporär zu schützen, bis Sohle und Tragrand wieder gut nachgewachsen sind. Das hat bis jetzt immer geklappt und Sohle bekam später eine gleichmäßige Wölbung, ohne dass ich das hätte hinschneiden müssen. Auch habe ich die Erfahrung, dass die Schwielen ganz schnell wieder entstehen, wenn man sie wegschneidet. Wenn man also eher selten und nicht zuviel auf einmal bearbeitet, passiert vielleicht gar nichts, wenn man die Schwielen glättet. Wenn man aber häufig bearbeitet, geht es m.E. dann irgendwann deutlich schief.

Es gibt andere Situationen, wo ich die Sohle -ggf drastisch- bearbeite. z.B. wenn Eckstrebenhorn eine doppelte Sohle gebildet hat oder selten bearbeitete Hufe mit langer Zehe die scheinbar eine "Schwiele" hinter dem Tragrand haben - in Wahrheit aber z.B. 3 cm Sohlenhorn und einen einen völlig unpassenden Winkel.

Man muss also meiner Meinung nach sorgfältig unterscheiden, was vorliegt. Ich habe allerdings ganz schlechte Erfahrungen damit, an einem Huf mit dünner Sohle noch zusätzlich Material zu entfernen. Bei Hufen mit dicker und gesunder Sohle hat man meistens eine schön ebene Sohle ohne auffällige Schwielen, selbst wenn man nichts macht. Und falls es doch -zB. an der Zehe eine Verdickung geben sollte, so finde ich darunter keine Einblutungen.

...und schließlich ist die Situation mit Beschlag eine andere. Man erzeugt hier ziemlich sicher Druck und fühliges Laufen, sollte der Beschlag fast nur oder nur auf einer Sohlenschwiele bei einer eher grenzwertig dünnen Sohle zu liegen kommt. Hier kann glätten - und zusätzlich das ausschleifen der Innenseite des Beschlags- sehr nützlich sein - aber die Sohle ist anschließend ja auch geschützt. Diese Situation hätte man am Barhuf nur, wenn das Pferd nachher nur auf Beton stehen würde - meist sicher unrealistisch.

Gruß Tina
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Saskia & Facu
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Saskia & Facu » So 22. Dez 2013, 23:42

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Zuletzt geändert von Saskia & Facu am Mo 18. Jan 2016, 22:51, insgesamt 1-mal geändert.

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SilentDee
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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von SilentDee » Mo 23. Dez 2013, 01:23

Huhu,

ich mische mich auch mal kurz ein - bin momentan total eingespannt an anderer Front und daher hier nur vom Handy mal kurz... und schreibe lieber gar keine Meinung als zu kurz und daher unpräzise... ;) (Schreib halt gern Romane!)

Ich finde, man muss ein paar Definitionen klären, denn in unterschiedlichen Bearbeitungsformen gibt es ja Begriffe, die unterschiedlich definiert werden, das sind dann die z.B. nicht medizinischen Begriffe, z.B. Tragrand und Sohlenschwiele.

Ich glaube, oft wird von "nicht genügend Tragrand" gesprochen und gemeint, dass kein Wandüberstand ist. In der Huforthopädie ist das z.B. so, oder?
Ich mit meiner individuellen Methode, als auch Schmiede, die in gewissen Ausgaben ihres Lehrbuches geschmökert haben (ist nett-lustig gemeint, hat mir grad mein Rumpelstielzchen-Schmiedekollege so formuliert mit Augenzwinkern), definieren aber ja den Tragrand als Wandhorn und ungefähr einen genau so breiten Anteil äußerstes Sohlenhorn, die zusammen den sogenannten Tragrand bilden.

Bitte also in den jeweiligen Bearbeitungstip mit hinein schreiben, was damit genau gemeint ist.

Sohlenschwielen sind für mich aus Sohlenhornanteilen gebaute Verdickungen der Hornsohle an gewissen Bereichen der Sohle. Z.B. zu finden unter dem Hufbeinrand, an der Zehe vor dem Hufbeinrand bei nach vorn rausgezogenen Zehen, aber auch im seitlichen Sohlenbereich unter überlegenden Eckstreben oder am Rand der Sohle, an der sich Wand abgetrennt hat.
Oft werden sie, gerade im Eckstrebenbereich, mit Teilen der Eckstreben verwechselt, wenn diese zu flach zurückgeschnitten werden. Der innere Wandanteil bleibt dann trotzdem noch übergelegt und der Druck wird nicht erheblich weniger.

Ich finde Sohlenschwielen immer nur an Hufen, an denen das Hufbein zu dicht am Erdboden befindlich ist. Ursachen dafür können sein, Rotationen und Absenkungen, aber auch Wandverbiegungen, und auch Instabilitäten durch getrennte Wände oder Fäule, oft als Folge von eigentlich zu langen Hufen.

Echte Sohlenschwielen belasse ich, es sei denn, sie sind so hoch, dass nach dem Wandkürzen die Schwiele der höchste Punkt wäre. Das gibt zu viel Druck, ich kürze sie dann in dem Maße ein, in dem ich die Wand gekürzt habe.
Oft mache ich sie mir zu nutzen, denn wenn z.B. bei einer getrennten Wand schon eine Schwiele gebildet worden ist, dann hat diese die Tragefunktion weitgehend übernommen, ich kann dann die Wand wegmachen, ohne große Folgeprobleme, wodurch eine Heilung des Bereichs schneller vonstatten geht, weil das Fäulnisproblem eingedämmt wird, und etwaige entstehende Hebelkräfte ausgeschaltet werden.

Hufe mit doppelten Sohlen bedürfen anderer Bearbeitungen. Ich kläre ab, ob eine akute Ursache dafür besteht, wenn nicht, mache ich sie weg.
Also die doppelte Sohle, denn es geschieht in falscher Haltung schon mal, dass Sohlenschwielen aufgrund von Piesch, Kack, viel zu wenig Bewegung usw. drin bleiben und komprimieren... Z.B. sogar die ganze Sohle nach vorn überwuchern, oft mit darin eingewachsenen Eckstrebenanteilen... :shock:

Es gibt auch Equiden mit derart harten Hufen und/oder so viel Wachstum, dass es einfach eine viel zu dicke, derbe, schwielige Sohle wird, weil der Huf versucht, was wegzubröseln, es aber nicht schafft. Da wird dann auch mal die vermeintliche Sohlenschwiele rigoros weggeschnitten.
Beispiel: der Araber mit den langzehigen Hinterhufen, bei dem ich ca 1,5 cm Zehenhorn weggeschnitten hatte, nach Entfernung des Sohlenhorns... oder bei Eseln mit viel Wachstum und nahezu keiner Bewegung auf abriebintensiven Böden...
Fallbeispiele kann ich aktuell aus Zeitgründen nicht liefern... habe sie aber, wie viele andere Fallbeispiele, in Planung für die Zeit nach dem Hofumbau.
Das Zehen-Araberchen habe ich hier irgendwo mal gezeigt.

Man muss also immer gucken, ist es eine funktionale echte Schwiele, oder ist es einfach zu dickes Sohlenhorn, wobei ich nicht der Meinung bin, dass Hartbodenhuf-Sohlenauffüllungen zu dickes Sohlenhorn sind, das wird gebraucht, auch zum Schutz des Hufrollenbereiches. ;)

So, schwupps, wieder weg.

LG

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von Feuerhuf » Mo 23. Dez 2013, 10:28

greenorest hat geschrieben:Hallo,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass -regelmäßiges- Entfernen von Sohlenschwielen (="Hügeln" auf einer eher dünnen Sohle) ein ziemlich sicherer Weg ist, Barhufpferde fühlig zu schneiden.

Biernat behauptet, dass die Sohle keine Last tragen dürfe. Diese Sichtweise finde ich ebenfalls in den Beiträgen von Feuerhuf.

Gruß Tina
Der Tragrand oder Wandhornüberstand ist in der Tat eines der Dogmen für den Idealzustand eines Hufes der Huforthopädie. Ich bilde mir ein weitgehend undogmatisch zu arbeiten, obwohl wenn es angebracht ist auch Tools aus anderen Techniken ausleihe. Ich nenne es funktionelle Huforthopädie, d.h. es muß im Sinne des Pferdes und der Pferdenutzung funktionieren und um mich von der allgemeinen Barhufbearbeitung nach Schmiedart abzugrenzen. Obwohl es auch hier immer mehr gibt, die neue funktionelle Bearbeitungstechniken anwenden. Ein Tragrand baut sich in der Regel duch zu geringe Nutzung auf. Und er wird auch auch nicht künstlich durch Schneiden in eine abgeriebene Sohle ohne Zerfallshorn hergestellt. Ich liebe den Tragrand weil er Funktion des Hufbeinträgers unterstützt. Ich versuche damit lediglich die Primärlast etwas zu reduzieren, gerade bei Eisenumstellung. Ich bin auch nicht der Meinung daß die Sohle keine Last aufnehmen darf oder kann, das tut sie zwangsläufig, da nützen auch keine 2 oder 3 mm Tragrand. Die Regel gerade im Winter ist doch ein nicht vorhandener Tragrand, bei der Bewegung auf Betonpaddock, Paddockplatten mit Sand oder abrasiven Reitplatzsand. In den meisten Fällen wird man bei fehlendem Tragrand ein Dickenzunahme der Sohle bemerken, die Natur weiß sich hier gut zu helfen.

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Re: Bearbeitung Zehen- bzw. Sohlenschwiele

Beitrag von TinaH » Mi 25. Dez 2013, 12:42

Als Erstes möchte ich Feuerhuf ganz herzlich für diesen Thread danken! :clap:
Und als Zweites danke ich ihm für sein "Fazit", weil es der Anlaß war, daß sich dann doch noch mal ein paar Leute gemeldet haben und ihre Meinung kund getan haben.

Ich versuche es mal möglichst wertfrei auszudrücken (bitte seid nachsichtig mit mir, jegliche Wertung ist nicht beabsichtigt):
Als Laie entdeckt man dieses Forum, wird quasi angefixt und saugt die Informationen in sich auf, man stellt vielleicht eigene Huffotos ein und bekommt vielleicht Kommentare, vielleicht auch nicht. Man befaßt sich weiter intensiv mit dem Thema, dringt tiefer vor, bekommt mehr Ahnung und Einblicke und möchte gerne weiter lernen, aber dann fehlt der Input. Ich kann es extrem gut verstehen, wenn die Profis hier wenig/keine Zeit haben, stundenlang im Netz rumzuhängen und Beiträge zu lesen und zu beantworten. Ich kann es ebensogut verstehen, wenn sie keine Lust haben, immer und immer wieder das Gleiche zu schreiben. ABER: meiner Meinung nach ist für den Laien irgendwann ein recht frustrierender Punkt erreicht, weil es irgendwie an neuem Input fehlt, an aktuellen Beiträgen der Profis. Ich stosse immer wieder auf neue Threads neuer Mitglieder (oder neue Fragen alter Mitglieder), wo es keine (oder kaum) Antworten der Profis gibt, sondern sich die Laien gegenseitig Tips geben oder Vermutungen anstellen (so kommt es mir vor, ich mag mich auch täuschen).

Das alles ist ein Grund für mich, daß ich mich sehr über die Initiative von Feuerhuf freue. Seine Idee mit den themenbezogenen Threads finde ich einfach grandios, weil sie meiner Meinung nach für die Laien die Möglichkeit bieten, unterschiedliche Bearbeitungsrichtungen kennenzulernen und die entsprechenden Argumentationen dazu. Und ich finde nicht, daß es nur die eine, einzig wahre, Bearbeitungsmöglichkeit gibt. Hier gilt doch eher: "Wer heilt, hat recht" (oder zumindest vieles richtig gemacht).

Und jetzt hoffe ich sehr, daß der Gedankenaustausch weiter geht und es noch weitere solche Threads zu anderen Themen gibt!
Gesendet von meinem verkabelten Computer mit echter Tastatur!

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