verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

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saskia
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verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von saskia » Di 30. Jul 2013, 23:25

Es ist schon etliche Monate her, dass ich auf einer NHC-orientierten Site (weiss grad nicht mehr wie sich die Gruppe nannte) gelesen hab "the bar which curls most, is usually the higher one", also die Eckstrebe die sich stärker verbiegt, ist üblicherweise die Höhere.

Ich hatte das damals einfach mal so übernommen und versucht, bei der Bearbeitung zu berücksichtigen. Aber leider vergisst man im Laufe der Zeit einiges, und so war dieser Satz in den Hintergrund gerutscht, zumal wir in der Folgezeit auch kaum Probleme mit den Dingern hatten. In letzter Zeit hab ich jedoch wieder einige Eckstreben bei dem Versuch erwischt, sich überlegen zu wollen. Hab sie dann immer "aufgerichtet", aber sie liessen sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen und versuchten es immer wieder. Heute nun fiel mir dieser Satz wieder ein, und ich frage mich, ob ich mit dem "Aufrichten" nicht Symptome kurzzeitig verschönere, anstatt die Ursache zu suchen.

Hier im Forum liest man ja auch immer wieder "die Eckstreben legen sich über, die musst du aufrichten". Ich kann mich nicht erinnern, hier mal gelesen zu haben : "die Eckstreben legen sich über, versuche herauszufinden warum sie das tun."

Ja, warum legen sich die Mistdinger denn widerrechtlich über und verbiegen sich? Und obendrein drücken sie die Wand nach aussen und zerren dabei die weisse Linie. Manchmal anscheinend mit beharrlicher Ausdauer. Oft ist am Huf ja nur eine Eckstrebe betroffen, oder zumindest die eine stärker als die andere. Wenn sich am Huf was verbiegt und plattdrückt, ist dort meist eine zu starke Belastung die Ursache. Wenn sich nun also die Eckstreben verbiegen und plattlegen, heisst das, dass dort der Druck zu hoch ist? Und warum ist er zu hoch? Weil evtl die entsprechende Trachte höher ist als die andere? (Ich gehe mal davon aus, dass hier im Forum kein Selber-Raspler die Eckstreben über Wandniveau hinausragen lässt, aber trotzdem verbiegen sich die Dinger zuweilen). Und ist es eigentlich wirklich so, dass sie sie Wand auswärts drücken? Oder weicht die Wand aus anderen Gründen auswärts und zieht die Eckstreben mit sich mit? Wenn dem so wäre, würde man die Eckstrebenverbiegungen und die gezerrte WL ja nicht wieder in den Griff kriegen, wenn man lediglich die Eckstreben ständig "aufrichtet"? Könnte man das Problem effektiver lösen, wenn man nicht bloss die Eckstrebe bearbeitet, sondern die Verformung als willkommenen Indikator betrachtet, dass die Trachte gekürzt werden möchte?

Wir hatten in einem der Anz-Threads ja mal die Bedeutung gleichmässiger Trachtenhöhe gehabt, und dann wieder wurde gesagt, dass es Fälle geben mag wo die Trachten nicht exakt gleich hoch sein wollen. Wenn man sich nun statt Trachtenhöhe messen an den Eckstreben orientieren würde (gerade, steile Eckstrebe = Belastung stimmt, verbogene Eckstrebe = Trachte möchte kürzer sein), wäre das ja nun ein hilfreicher Anhaltspunkt zur Herstellung der individuell optimalen Balance?
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

kelte
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Re: verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von kelte » Mi 31. Jul 2013, 07:26

Servus!

Ich lasse die ES fast immer deutlich über Sohlenniveau und ich habe wenige Probleme mit umkippen.
Tun sies doch, dann frage ich mich warum und manchmal ist es dann ein Versuch des Hufes seinen hinteren Bereich zu schützen, weil dieser aus welchen Gründen auch immer, empfindlich ist. Erst nachdem ich Anzeichen sehe, daß die Dinger weg wollen, bzw wenn das Pferd unkomfortabler zu gehen beginnt, schneide ich den übergelegten Teil weg, den geraden belasse ich eigentlich immer.
Manchmal kippen sie wegen Fehlbelastung und manchmal einfach deßhalb, weil das Tier zu wenig Bewegung auf entsprechenden Böden hat. Manchmal kippen sie, wenn Pferd von weichen Böden plötzlich auf harte wechseln, denn auf weichen Böden stehen die ES manchmal sogar über Tragrandniveau. Habe seit Jahren eine Kundschaft mit 2 Norikern, welche immer auf einer riesigen, eher weicheren weil feuchten Wiese stehen und nur max 1-2x im Monat auf weichen Waldböden geritten werden. Die ES beider Pferde stehen gut 1cm (!!!) über Tragrandniveau. Es kippt seit jahren nichts, es drückt nichts, es schiebt nichts, die Hufe sind gesund und auf IHREM Boden leistungsfähig.

Meine Überlegungen dazu:
ES sind verlängerte Wand, warum sollen sie nicht mittragen.
Warum sollte da überhaupt etwas wachsen, wenns prinzipiell keiner braucht?
Auch ES passen sich Boden und Arbeit an.
ES liegen genau unter den Hufknorpeln und sind somit DIE Struktur, die die HK belasten und bewegen können. Mir fällt immer schon die Tendenz auf, daß ES-lose Pferde (weil immer auf Sohlenniveau geschnitten) mehr mit HK-Verknöcherungen zu tun haben, als Pferde. welche "mitarbeitende" ES haben.
Mir scheint auch eher, daß die ES sich wegen anderer Probleme verbiegen oder umlegen und nicht das sie es sind, die den Huf verformen.

Grüße

saskia
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Re: verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von saskia » Mi 31. Jul 2013, 08:59

kelte hat geschrieben: ...Habe seit Jahren eine Kundschaft mit 2 Norikern, welche immer auf einer riesigen, eher weicheren weil feuchten Wiese stehen und nur max 1-2x im Monat auf weichen Waldböden geritten werden. Die ES beider Pferde stehen gut 1cm (!!!) über Tragrandniveau. Es kippt seit jahren nichts, es drückt nichts, es schiebt nichts, die Hufe sind gesund und auf IHREM Boden leistungsfähig.

...
Grüße
Krass. Kommen die ohne einen Schritt auf hartem Boden aus (Strassenüberquerung, um zum nächsten weichen Weg zu kommen, befestigte Stellen auf dem Hof (Putzplatz, Hofzufahrt)? Würden sie da dann regelrecht lahmen, oder geht das locker für die "paar Meter"?

Ja, ich denke auch, die ES sollen mittragen, aber wenn sie sich verbiegen und die Hufwand im hinteren Bereich zu einer Klammer verformen, die in den Strahl zwickt, oder sich über die Sohle legen, dann stimmt da was mit den Belastungsverhältnissen nicht.

Ich erinnere mich aber auch gerade, dass ich mal gelesen hätte (bei Ramey??), dass das Überlegen eine Schutzfunktion sei um den hinteren Teil zu stabilisieren, und dass man es daher zulassen sollte (den übergelegten Teil also nicht wegschneiden?) und dass dieser Teil von selber wegbröckeln würde wenn er nicht mehr gebraucht würde. - Funktioniert aber wahrscheinlich nur mit viel Bewegung auf hartem Boden, das Wegbröckeln?
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Re: verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von mareike** » Mi 31. Jul 2013, 09:31

Ich denke, die ES sollten nicht zu sehr destabilisiert werden aber aufgerichtet sein. Ich entferne meistens nur den übergelegten Teil. Aber wenn sie sich vor allem einseitig verbiegen, dann stimmen die Belastungsverhältnissen nicht. Damit meine ich dann nicht nur die Belastungssituation der ES sondern des ganzen Hufes.

Natürlich ist die ES, je nach Schweregrad der Verbiegung, nach der Wiederherstellung der richtigigen Belastungsverhältnisse nicht sofort aufrecht. Muss ja auch erst wieder gerade nachwachsen können. Also nur anhand der ES kann nicht wirklich beurteilt werden, ob die Belastungsverhältnisse zu diesem Zeitpunkt stimmen.

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Re: verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von kelte » Mi 31. Jul 2013, 12:59

@ saskia

Ja die beiden Noris sind wirklich krass. Auch mich würde interessieren, was die auf richtig hartem Boden machen würden, leider hat der dort wirklich absolut nichts Hartes, nichteinmal Unterstand, nur Bäume. Die werden auf der Wiese gesattelt und dann gehts auf die Waldwege. Das ist ein Bauernhof mitten im Wald.
Allerdings gibts kleine naturharte Stellen und auf denen gehen Beide normal drüber und weichen auch nicht aus.

Grüße

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Re: verbogene, überlegende Eckstreben Ursache oder Folge?

Beitrag von Mascha » Do 1. Aug 2013, 10:26

Pferde mit Fehlstellungen können ihre Hufe oft nicht ganz gleichmäßig belasten. Da muss man immer dagegen arbeiten, damit die Hufform nicht entgleitet. Wenn z.B. ein Pferd zeheneng steht und die Außenwand der Hufe mehr belastet, wird die Innenwand und damit auch die innere Eckstrebe (sind ja verbunden) immer dazu neigen, wegzuflügeln und überzulegen. Die Äußere Wand und Eckstrebe werden dazu neigen steil zu werden, bzw an der Trachtenecke nach innen zu biegen. Das kann man durch die richtige Bearbeitung gut im Zaum halten, aber allein durch die Belastungsverhältnisse wird die Tendenz dazu nie verschwinden.
Viele Grüße, Mascha
Alles, was ich an Beurteilungen abgebe, basiert auf dem Material, das mir dafür zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich müsste man für eine vollständige, seriöse Beurteilung der Hufe das Pferd live und in Bewegung sehen.

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