Spannendes Thema, hab ich völlig überlesen gehabt.
Ich nehme alle Pferde an, egal in welcher Haltungsform, wenn denn der Besitzer nach dem ausführlichen Beratungsgespräch sich für diesen Weg entscheidet, den ich ihm aufzeige. Ich bespreche die Hufe und auch meine Art der Bearbeitung, betone dabei, dass meine Hufe so kurz sind, dass Schmiede, Schulmediziner und andere Stallkumpels alle wahrscheinlich sagen: viel zu kurz! Das ist nämlich das oft größte Problem, die Verunsicherung, die der Pferdebesitzer erfährt, wenn andere immer sagen, oh gottogott, die Hufe sind viel zu kurz! Ist halt wirklich konträr zur allegemeingültigen (ewig schon so geltenden) Meinung, Hufe müssten möglichst lang sein, um barhuf laufen zu können... werden sie zu kurz oder brechen ab (=kürzen sich auf natürlichem Wege) wird manchmal ja schon sicherheitshalber beschlagen...
Boxenhaltung 24 Stunden habe ich nicht im Kundenkreis, kenne hier aber auch eigentlich keinen Stall, wo Pferde noch so tierschutzwidrig gehalten werden. Aber halbtags Boxenpferde habe ich schon im Kundenkreis, und auch die können schöne, gesunde Hufe bekommen, manchmal bin ich regelrecht fasziniert, was Hufe alles kompensieren und wie dankbar sie manchmal eine andere Bearbeitung annehmen und die Chance ergreifen, möglichst schnell gesund zu werden. Faszinierend schnelles Hornwachstum, faszinierendes Strahlheilen, wenn wirklich mal richtig mit Druck tamponiert wird usw.
Mein erklärtes Ziel ist nicht der Schotterbrecherhuf, sondern der gesunde Huf. Weichbodenhufe (24 Stunden Weidehaltung) haben nun mal von der logischen Anatomie auch im gesunde zustand ein gewisses Problem mit spitzen Steinchen auf hartem Boden. Klar kürzen die sich durch wegbrechen, suchen den Grünstreifen usw. Aber wenn man solche Haltungs hat bei einem Kunden, kann man das ja so besprechen. Ziel: gesunde Lamellenschicht, möglichst naturgerade Wände, möglichst wenig Hebel, denn ich imitiere immer zu einem gewissen Maß den hartbodenabrieb, um wenigstens eine Mischform im Huf zu haben. Und stelle die Besitzer auf Hufschuhe ein, denn Weichbodenhufe ohne Sohlenschutz über Schotterpisten zu schrubben, ist auch Tierquälerei, finde ich.
Zum Beschlag: Ich mag keine Fixierung eines Gegenstandes rund um die Uhr mit Nägeln (punktuell) an der Hornwand. Die Auswirkungen auf die Hufanatomie sind mir zu schlimm. Das passt nun mal nicht zusammen mit meiner Einstellung zu meinem Beruf, denn wer beschlägt alle 2 Wochen neu? Niemand! und das wäre das Intervall, ab dem doch die Hornwand die Sohle überragt, wenn es keinen Abrieb gibt... nach einer Woche kann man anfangen, das Zerfallssohlenhorn unter'm Beschlag rauszupulen, wenn man es drauf anlegen würde (was man ja nicht tut, ist ja klar, aber die Sohle wächst eben nicht in dem Maße, wie die Wand mit, und auch nach Schmiedelehre ist der Tragrand ja angeblich eine Mischung aus Wandhorn und äußerem Bereich der Sohle, und das bedeutet, ab dann ist der schmiedetechnische Tragrand hinfällig und Hebel setzen ein und schaden)
Daher habe ich mich bewußt dagegen entschieden, es anbieten zu wollen. Passt halt nicht ins Konzept, und ich finde es auch besser, wenn man für Beschlag den Beschlagsprofi beauftragt, für den Barhuf, den Barhuf-Profi - und am idealsten wäre, wenn beide zusammenarbeiten könnten.
Ich erhaklte auch das beste chinesische Essen beim Chinesen, das beste griechische Essen bei Griechen, und die Lieferservice, die alles haben, machen zwar alles, aber nichts so richtig perfekt...
Ich wäre auch echt glücklich, wenn es bei den Schmieden auch noch individuelle Fachrichtungen gäbe, wie man eben mit gewissen Krankheiten ja auch zum Facharzt geht. Dann könnte man guten Gewissens in alle Richtungen hin- und herüberweisen. leider kenne ich keinen Schmied hier bei mir in der gegend, an den ich guten Gewissens überweisen könnte, wenn Beschlag gewünscht wird. (Sollte ein Schmied Interesse haben an einer Zusammenarbeit, und meine kritischen Fragen und Blicke nicht fürchtet, würde ich ihn/sie und seine Arbeit gern kennenlernen
)
Ich sehe auch, dass für manche Pferd-Mensch-Kombinationen nur ein Beschlag in Frage kommt. Springpferde ab einer gewissen Klasse z.B., oder eben jeder Freizeitreiter, der sein Pferd einfach ohne drüber nachzudenken, benutzen möchte. Diese Menschen sind aber nicht meine erklärte Zielgruppe an Kunden.
Ich habe meine Berufung und mein Hobby hiermit zum beruf gemacht, und der soll mir auch Spaß bringen, das tut es nicht, wenn Pferde ohne Rücksicht auf die Gesundheit benutzt werden.
Ich sehe z.B. bei Sehnenproblemen keine Indikation für Eisen-Beschlag, denn das Eisen hat einfach derart negative Aspekte, die echt auf die Sehnen gehen, und heutzutage gibt es genügend alternative Varianten, wzB. Kunsthorn, Klebebeschläge, Hufschuhe, Casts usw., dass man auch bei Stellungsproblemen keinen Eisenbeschlag benötigt. Ist halt etwas teurer, und evtl. manches auch aufwendiger, aber manches eben auch nicht...
Dass man im Hochleistungssport Pferde so stark nutzt, dass man Abstriche machen muss, und sie möglichst so effizient schützen muss, ist natürlich keine Frage. und für jeden Schutz muss man immer Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen, und auf dieser Basis entscheiden, ist ja klar.
Dressurpferde haben m.M. nach für Barhuf das absolut beste Potential, denn die müssen ja nur auf steinarmen, weichen, tiefem Boden laufen wie auf Wolken, und dafür reicht doch ein gesunder Weichbodenhuf komplett aus!
Wie viele Dressurpferde werden in Wirklichkeit regelmäßig ausgeritten?
Für die paar Male ist doch ein Hufschuh eine sinnvolle Alternative, denn ein gesunder Huf hat ein so besonderes Gangbild, das erleben manch Kunden nach ca 3/4 Jahr Umstellung dann immer verwundert, wie raumgreifend plötzlich verstärkter Trab wird bei gesunden Barhufpferd wird... und wie viele Pferde sieht man in Reithallen zehenfußend herumtrippeln mit Beschlag?
Ähnlich in der Wetsernszene, in der Isi-Szene, die typischen Vollblüterhufe usw.
Barhuf geht doch!!! (hab mir damit extra ein T-Shirt bedruckt für meine Ralley-Teilnahmen usw.
)
Ich nehme also alle Pferde an, wenn die Besis diesen weg gehen wollen, wenn sie ihn dann aber nicht mitgehen, rede ich ein ernstes Wörtchen und rate ihnen bei beratungsresistenten Kunden dann irgendwann wohl zu einem anderen Bearbeiter/ Schmied, wenn alles nichts hilft, denn manchmal mag ein nicht fühlender Huf für das Pferd besser sein... hatte ich aber noch nicht. zum Glück! Meine Kunden sind irgendwie alle total toll und besorgt und tamponieren, pflegen, trauen sich auch irgendwann, mitzuraspeln usw.
Lieben Gruß