Das mit der Instinktsicherheit ist so'ne Sache... Normalerweise ist im genetischen Programm nur eine Abneigung gegen bestimmte (meist bittere) Stoffe gespeichert. Schmeckt einfach nicht. Deshalb werden junge JKK-Pflanzen gefressen, ausgewachsene auf der Weide so gut wie nicht, so lange Alternativen da sind und getrocknete, in denen die Bitterstoffe kaputt gegangen sind, werden wieder gefressen. Da kann der Instinkt gar nicht greifen, weil der Auslöser des Meideverhaltens fehlt. (Kreuzkräuter gibt es hier "schon immer". Die derzeitige Ausbreitung ist wieder ein hausgemachtes Problem durch Aussaat an Straßenrändern bundesweit und Übernutzung (Trittschäden! Verbiß!) bzw. die Ausbreitung von KK fördernden Bewirtschaftungsmaßnahmen (spät gemähte stillgelegte Flächen, die weit vom Naturzustand entfernt sind und jeglicher sonstigen Nutzung entzogen wurden).) Ich denke, daß außer dem Instinkt auch ein Lernprogramm abläuft: Wildpferdfohlen wandern mit ihrer Familie zu "guten" Futterstellen. So lernen sie mindestens, was gut ist und daß da Pflanzen existieren, die "man" eher ignoriert. Problem: das ist nicht zu beweisen, es entzieht sich weitestgehend einer wissenschaftlichen Untersuchung. "Neue" Pflanzen werden i. d. R. erst mal vorsichtig geschmacksgetestet.
Ein Hauspferd hat gar nicht die Gelegenheit zu lernen, daß man für "gutes Futter" laufen und es sich aussuchen muß. Es bekommt alles vorgesetzt und steht auf einer "quadratisch, praktisch, gut"-Weide mit durchweg eßbarem Zeug drauf. Trifft es nun auf eine Robinie, nimmt es vielleicht einfach mal einen ordentlichen Haps. Oder es langweilt sich auf seinem Paddock zu Tode und bearbeitet den "Akazien"-Zaunpfosten mit Rindenresten, den der SB wegen seiner guten Haltbarkeit sorgfältig ausgewählt hat. Bei 'ner Robinie reicht das aber schon, um das Pferd umzubringen.
Ich frage mich auch, ob die Giftwirkung erst eintritt, wenn die Pflanze runtergeschluckt wird oder ob bereits durch Draufrumkauen (und nach Erkennen des Irrtums ausspucken) Giftstoffe freikommen.
Das kommt auf die Pflanze und das in ihr enthaltene Toxin an... Bei den meisten Pflanzen sollte einfaches draufrumkauen auf einem Blatt nicht ausreichend sein, um dem Pferd massiven Schaden zuzufügen (Atropin & Hyoscyamin z. B. werden zwar durch die Mundschleimhaut auch aufgenommen, aber bei einem normalen, gesunden Pferd von 500 kg sollte die Giftmenge in einem Tollkirschen-Blatt nicht für sofortiges Ableben sorgen - daß sich Symptome zeigen, ist aber natürlich nicht ausgeschlossen).
Mein Fazit daraus ist: ich sorge dafür, daß in Reichweite meines norddeutschen Tieflandpferdes keine
hochgiftigen Pflanzen*) stehen und daß das Heu frei von KK ist. Mindergiftige in kleinen Mengen dürfen dableiben, sonst wird das Pferd endgültig zum Kulturkrüppel und außerdem möchte ich ja biologische Vielfalt haben. Ich hab' auch noch nie einen Aufstand gemacht, wenn in einem Rundballen eine oder zwei Herbstzeitlosen drin waren. Kann und wird passieren auf artenreichen Wiesen. Da reicht's, dem Landwirt zu sagen "in dem Ballen waren zwei HZL drin, guck' bitte Deine Wiese nach, daß das nicht mehr wird!". Sobald das aber Mengen sind, die real gesundheitsgefährdend werden, ist der Ballen umgehend zu entsorgen.
*) auf meiner persönlichen "sofort zu beseitigen" bzw. "gar nicht erst Pferde raufstellen"-Blacklist für Weide/Paddock stehen
Robinie
Pfaffenhütchen
Eibe
Buchsbaum
Fingerhut
Nachtschattengewächse
alle Zierpflanzen
Wobei ich den Fingerhut lediglich auszäunen würde.
Alle mindergiftigen Pflanzen dürfen (in Kleinmengen) weiter wachsen - immer vorausgesetzt, das/die Pferd/e hat/haben immer ausreichend Zugang zu "gutem" Futter.
Auf der Heu-Blacklist stehen alle Giftpflanzen, denn viele von ihnen verlieren den charakteristischen Geruch/Geschmack beim Trocknen.