Entlastungsbohrungen bei Rehe

Alles was den Huf gesund erhält bzw. Hufkrankheiten
Benutzeravatar
Annette
Beiträge: 843
Registriert: Fr 23. Mär 2012, 14:32
Service: Vermessungsingenieur, Freizeitreiter, Selbstraspler an 2 eigenen Ponies
Wohnort: Nds.

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Annette » Do 30. Okt 2014, 09:53

Martin hat geschrieben:
Pollits Therapie geht letztendlich genau in die gleiche Richtung, Verhinderung der Schwellung. Mal angenommen, die Schwellung ist wirklich ein wesentliches Problem, würde die Mehrzahl der Rehepferde in Deutschland nicht die Therapie bekommen, die sich brauchen. Es wäre also fast alles komplett unlogisch, was wir da so machen.

Martin
Mein TA hat immer gesagt, man würde den Entzündungshemmer im Wesentlichen zur Verhinderung der Schwellung geben.
Annette

Benutzeravatar
Pat
Beiträge: 2101
Registriert: Do 11. Aug 2011, 14:37
Einzugsgebiet: Heidekreis bis Hannover
Service: gewerblich; Barhufbearbeitung, Duplobeschlag, zertifizierte Duploanwenderin, Hufkurse; F-Balance Professional
Wohnort: Walsrode (Lüneburger Heide)
Kontaktdaten:

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Pat » Do 30. Okt 2014, 10:15

Zu Medikamenten zitiere ich nochmals Pollitt: wenn es irgendein Medikament gäbe, das die Schäden einer Rehe verhindern könnte, dann wäre das sehr schön, und er könne sich anderen Themen zuwenden. Leider gibt es das aber nicht oder noch nicht.

Bombalurina
Beiträge: 22
Registriert: Mo 12. Nov 2012, 04:09

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Bombalurina » Do 30. Okt 2014, 10:42

Hier kann man einen wohl erfolgreichen Fall nachlesen.
http://hoofcare.blogspot.de/2013/07/lam ... r.html?m=1

Edit, na, ich muss mich korrigieren, das Pferd wurde trotz dieser Technik gerettet.
War wohl ein Tierarzt, der die Löcher gebohrt hat und ein Schmied hat es gerichtet.

saskia
Beiträge: 1222
Registriert: Di 11. Okt 2011, 21:52
Service: Selber-Raspler an 2 eigenen Pferden

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von saskia » Fr 31. Okt 2014, 10:24

Hätten nicht Blutegel die gleiche Wirkung? Und schonen dabei die Hufkapsel, und wenn ich mich recht erinnere, geben sie auch noch bestimmte Stoffe in die Bisswunde ab, die sich positiv auswirken. Ich kenne mich damit aber nicht aus, hab nur ab und zu mal was gelesen, aber die Infos nicht detailliert "abgespeichert".
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

Benutzeravatar
Annette
Beiträge: 843
Registriert: Fr 23. Mär 2012, 14:32
Service: Vermessungsingenieur, Freizeitreiter, Selbstraspler an 2 eigenen Ponies
Wohnort: Nds.

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Annette » Fr 31. Okt 2014, 10:49

Blutegel machen unter anderem das Blut flüssiger. Letztendlich bestimmt das Stadium der Rehe, was man macht: Hat das dicke Pony den Hafersack geplündert und könnte im Begriff sein Rehe zu entwickeln, kann man mit Kryotherapie versuchen, die Blutversorgung der kleinen Gefäße im Huf zu minimieren, damit die toxischen Stoffe nicht an die Lederhaut rankommen. Und man kann vorsorglich das Hufbein abstützen.
Ist die Rehe schon im vollen Gange und eigentlich schon nicht mehr akut (geht ja schnell), dann will man ja die Durchblutung gewährleisten, dann wären durchblutungsfördernde Maßnahmen wie Blutegel gut.
Aber die werden ja nicht einen Erguss, der sich schon im Horn befindet, auflösen können.
Annette

Benutzeravatar
SilentDee
Beiträge: 2069
Registriert: Mi 7. Sep 2011, 01:03
Einzugsgebiet: Nord-westliches Hamburg und nord(westliches) Schleswig-Holstein, ganze Touren aber auch weiter: Sylt, Dannenberg usw.
Service: Gewerblich.
Barhufbearbeitung, Huftherapie (Rehe, Zwanghufe usw), Hufschuhanpassung und -Beratung/ Verkauf, natürlich auch reine Beratung und/oder Schulung auf Wunsch.
- sehr ausgebucht und schwer erreichbar -
Kontaktdaten:

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von SilentDee » Fr 5. Dez 2014, 01:17

Huhu!

Die Rinne nach Lungwitz wird ja auch bei Trachtenzwang eingesetzt! :D Da wird eine druckreduzierende Wirkweise wohl angenommen.

Aus der Tiermedizin kenne ich die invasiven Methoden der Rinne unter'm Kronrand, damit die Durchblutung erhalten bleibt. Denn wenn das Hufbein rotiert, dann drückt der Strecksehnenfortsatz vorne gegen die Adern und unterbricht mechanisch die Durchblutung. Dem soll eben vorgebeugt werden, indem die harte Wand weggenommen wird da oben und sich die Durchblutung dann zumindest etwas erhalten kann, weil Druckentlastung durch mehr Platz gegeben wird. Wobei über der Rinne ja immer noch hartes Wandhorn befindlich bleibt... Je nach Höhe des Hufbeins also wahrscheinlich sinnvoller oder weniger sinnvoller... ;) Aber mit Sicherheit für den Besitzer schockierender als ein Aderlass, bei dem er/sie den Eimer unter halten muss.

Die "Wandresektion" an der Zehenwand soll nicht nur den Druck nehmen, sondern auch die mechanischen Hebel weg halten, denn auch die Schulmedizin ist sich im Klaren darüber, dass mechanisch Entzündungen am Leben erhalten werden oder sogar ursächlich sein können. Und Wegnahme des Zehenwandhebels schafft massive Erleichterung am Kronsaum.
Als kleiner Vergleich ist immer die mechanisch hergestellte Nagelhautentzündung bei zu langem Fußnagel in engem Schuh. Da drückt ja auch der Nagel nach oben-hinten gegen das Nagelbett (Lederhaut) und Druck schafft Entzündung. Und das sogar, obwohl man nicht drauf stehen und laufen muss mit seinem ganzen Gewicht und nicht drüber auch noch abrollen muss.

Schmerzfreiheit allein dadurch hängt wiederum vom Ausmaß der Rehe ab. Ist es eine Gewebeschwellung mit anschließendem Erguss ist die ja nun nicht unbedingt lokal auf die Zehenwand beschränkt. Nicht umsonst sinken Hufbeine rundum ab... ;)
Und Schmerzen macht ja auch eine rotierte Hufbeinspitze auf der Sohlenlederhaut. Oder ein insgesamt abgesunkendes Hufbein... und eben der Strecksehnenfortsatz an der Hufzehenwand Richtung Kronlederhaut... Und generell die Entzündung.

Diese Bohrungen empfinde ich also als semioptimal. Ich würd eher die Wand wegmachen vorn. ;) Oder die Rinne unter'm Kronrand, wenn sinnvoll.

Das Problem ist ja eh, dass, wenn Symptome ersichtlich sind, der Schaden meist schon da ist. Und dann hilft wohl eher, die Ursache zu bekämpfen und konsequent abzustellen, die Durchblutung zu fördern, damit alles schnell wieder funktioniert und keine Basalschicht kaputt geht (dann regeneriert eine Haut nämlich nicht mehr komplett, sondern narbig) und das Hufbein vor Schäden geschützt wird. Durchbrechung des Entzündungszyklus, weil sich so ne Entzündung auch selbst nähren kann.

LG

Baliosa
Beiträge: 244
Registriert: Mi 30. Jul 2014, 15:20
Einzugsgebiet: Großraum Augsburg und Umgebung
Service: gewerbliche Hufbearbeitung, Barhufumstellung, Hufschuhberatung
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Baliosa » Mo 12. Jan 2015, 12:54

SilentDee hat geschrieben: Das Problem ist ja eh, dass, wenn Symptome ersichtlich sind, der Schaden meist schon da ist. Und dann hilft wohl eher, die Ursache zu bekämpfen und konsequent abzustellen, die Durchblutung zu fördern, damit alles schnell wieder funktioniert und keine Basalschicht kaputt geht (dann regeneriert eine Haut nämlich nicht mehr komplett, sondern narbig) und das Hufbein vor Schäden geschützt wird. Durchbrechung des Entzündungszyklus, weil sich so ne Entzündung auch selbst nähren kann.

LG
kurze Zwischenfrage:
Woran erkenne ich, ob die Basalschicht Schaden genommen hat oder nicht?
Eine Rehe ist also "irreversibel" wenn die Basalschicht Schaden genommen hat (und oder wenn das Hufbein Knochenveränderungen vorweist)

Benutzeravatar
greenorest
Beiträge: 814
Registriert: Fr 12. Aug 2011, 22:32
Einzugsgebiet: Landkreis RW
Service: (neben)gewerbliche Hufbearbeitung und Hufkurse
Wohnort: Eschbronn
Kontaktdaten:

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von greenorest » Mo 12. Jan 2015, 13:51

Hallo,

es gibt m.E. keine Möglichkeit, am lebenden Pferd die mikroskopischen Schäden an Basalmembran bzw. Hufbeinaufhängung allgemein im Detail zu bewerten. Man sieht es im Laufe der Zeit, ob und in welchem Maß der Huf normal nachwächst.
Ein Anhaltspunkt: Je nach Ursache der Rehe wird diese im Detail durch unterschiedliche Mechanismen ausgelöst. Bei einer insulininduzierten Rehe ("Grasrehe", EMS, Cushing) treten in der Regel keine irreversiblen Schäden an der Hufbeinaufhängung auf, bei einer Vergiftungsrehe ("Futterkammer geplündert, plötzliche Futterumstellung, Geburtsrehe...) ist deren Auftreten hingegen wahrscheinlich. Ein Hinweis auf eine extreme Zerstörung der Hufbeinaufhängung während des akuten Schubs sind auch gasgefüllte Hohlräume rund ums das Hufbein, die auf dem Röntgenbild sichtbar werden.

Wenn Basalmembran (allgemein Hufbeinaufhängung) oder Hufbeinknochen irreversiblen Schaden genommen haben, kann kein vollständig gesunder Huf mehr erreicht werden. Allerdings kann ein Huf ggf. einen Schaden ausreichend gut kompensieren, dass das Pferd trotzdem gut und lahmfrei leben kann - das geht natürlich nicht immer.


Gruß Tina
* http://www.pro-barhuf.de -Vollständig überarbeitete Auflage des Hufbuchs erschienen *

Baliosa
Beiträge: 244
Registriert: Mi 30. Jul 2014, 15:20
Einzugsgebiet: Großraum Augsburg und Umgebung
Service: gewerbliche Hufbearbeitung, Barhufumstellung, Hufschuhberatung
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Entlastungsbohrungen bei Rehe

Beitrag von Baliosa » Mo 12. Jan 2015, 15:23

Danke Tina

Antworten