Zehenfußung - nur hinten

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Pat
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Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Pat » Mi 11. Jun 2014, 11:55

Liebe Gemeinde!

Ich brauch mal euer geballtes Wissen, meins reicht dafür nicht aus. Und ja, es sind auch ausdrücklich Meinungen von talentierten Laien gefragt… ;)
Der kleine Araber rechts ist ein langjähriges Kundenpferd von mir und wir waren Pfingsten auf einem fantastischen Wanderritt rund um den Brocken.

Bild

Er bekam dafür drei Tage vorher nagelneue Duplos, denn ohne Hufschutz geht im Harz natürlich nichts. Bereits am 2. Ritttag, nach 60km, waren die Duplos hinten so runter, dass der Eisenkern rausguckte, am 3. Tag lief er komplett auf dem Eisen – wie gesagt, nur hinten. Vorne ist der Abrieb ganz normal. (Zum Vergleich: bei den anderen beiden Pferden mit Duplos war auch am Ende des Rittes nach 100km, kein Eisen zu sehen.)
Grund für diesen extremen Verschleiß ist eine deutliche Zehenfußung – nochmals: nur hinten! Vorne fußt er schön mit der Trachte zuerst auf.
Und jetzt zerbrech ich mir den Kopf, woher diese Zehenfußung kommen könnte. Die Hufe sind sicherlich nicht perfekt, aber soweit unauffällig, so dass ich keine Fotos habe. (Könnte ich aber demnächst noch machen.) Keine Strahlfäule, nichts schmerzhaftes am Huf, so dass er die Trachten schonen müßte. Ich hab ihn deshalb auch schon mal ein eine gute Tierklink geschickt, um mal diagnostisch einiges abzuklären – nichts. Keine Arthrose, keine sichtbaren Befunde.
Er ist jetzt 18 Jahre, ging bis vor 2 Jahren Distanzen bis 90km, war bis 2011 rund ums Jahr mir Eisen beschlagen, 2011 Umstellung auf Barhuf, Hufschuhe und seit 2012 gelegentlich mal einen Duplobeschlag für Wanderitte. Das Problem ist alt, also auch früher, als er noch Eisen hatte, wurde immer eine Verstärkung im Zehenbereich eingebaut, damit die Eisen 6 Wochen hielten. Wenn er barhuf läuft, ist das Problem auch da, aber der Abrieb nichts so schlimm, weil er zu Hause ein sehr weiches Geläuf hat und gutes Hufwachstum. So fällt das gar nicht auf.
Weitere Symptome:
Wie auf dem Foto zu erkennen ist, trägt er den Schweif immer nach rechts gestellt.
Am 3.und 4. Ritttag, als er dann doch etwas müde wurde, trat er sich noch seitlich in den Ballen und ins Fesselgelenk, so dass es blutete.
Öfters Rückenprobleme, auch wird gerade wieder nach einem neuen Sattel gesucht.

So, jetzt seid ihr dran... :)

Lilli
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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Lilli » Mi 11. Jun 2014, 12:29

Als untalentiert und Laie, denke ich hast du dir die Antwort selber gegeben.

Rückenprobleme, unpassender Sattel. Wenn es dort klemmt, wo auch immer letztendlich, kann die Hinterhand nicht vollständig vorschwingen und macht, je nach Möglichkeiten, Ausweichbewegungen seitlich, verkippt usw. Gutes Rückentraining, wenn möglich abstellen der Ursache (nur der Sattel?) und dann nochmal schauen, ob es sich bessert. Decke bei Regen, Überlastung vermeiden.

Araber sind da aber auch unheimlich zäh! Die laufen auch noch 100 Meilen ohne den Hauch von Rückenmuskulatur mit 100 kg Frischfleich auf dem Rücken ;) Und! werden trotzdem 30!
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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von kelte » Mi 11. Jun 2014, 12:47

Servus!

Nachdem durch die Winkelung der Hinterbeine fast immer eine Trachtenlandung erfolgt, müssen da schon grundlegende Probleme bestehen. Entweder er kann nicht, also wirklich die angesprochenen Rücken-, Hüften-, Kniescheiben-, oder anderen Beinstellungsprobleme, oder er will nicht, weil ihm im hinteren Hufbereich noch etwas schmerzt. Ich denke da an ein unterentwickeltes Strahlpolster. Event kann man das durch palpieren einmal abklären.
Eine weitere Frage die sich mir stellt, macht er wirklich eine Zehernlandung, oder schleift er sich den Zehenbereich "nur" durch extrem flaches vorziehen der Hufe ab?

Grüße

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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Puschel » Mi 11. Jun 2014, 13:01

Ich schließ mich Kelte an. Ich denke ohne eine Gangbeurteilung von der Seite ist da kaum eine Aussage zu machen.
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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von charlsey » Mi 11. Jun 2014, 13:36

Foto von der Seite wäre schonmal spannend. Steile Hinterhand? Leicht überbaut? An Probleme mit dem Strahl glaube ich nicht. Besser, wenn er richtig gefordert wird? Also gymnastiziert und Hinterhand zum (Unter)setzen gebracht wird? Wie leicht aus der Hüfte läßt sich der hinterhuf nach vorne auf den Bock stellen? Alles etwas fest im ISG? ....
Viele Grüsse,

Claudia

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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von saskia » Mi 11. Jun 2014, 14:12

Ist das Problem an beiden Hinterhufen gleichermassen ausgeprägt? Ich hab dazu leider keine Ideen, aber was den seitwärts getragenen Schweif betrifft : ich kannte mal ein Pferd (gehörte einer TÄ, die es aus schlechten Verhältnissen gerettet hatte) das den Schweif sehr stark seitwärts trug, immer. Laut TÄ-Besi war der Grund ein Unfall, - an genaueres erinnere ich mich nicht mehr, ist sicher schon 30 Jahre her. Evtl auf der Weide einen heftigen Purzelbaum geschlagen, sodass sich später ein Bluterguss verkapselte, oder ein Muskel atrophierte o.ä. sodass der Schweif einfach nicht mehr normal getragen werden konnte. Und so'e Schadensursache wirkt sich sicher auch auf das Gangbild aus. Mit Röntgen kann man da evtl nichts entdecken, wenn die Knochen noch heil geblieben sind, und es eben nur Weichteile betrifft. Ich weiss ja nicht, was an dem Pferd alles untersucht wurde und ich nehme an, dass 'ne Osteo auch schon dran war? Und ob so jemand eventuelle Weichteilprobleme entdecken kann, wenn das Pferd im Laufe der Jahre gelernt hat, sie bis zur Unauffälligkeit zu kompensieren?
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.

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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Saskia & Facu » Mi 11. Jun 2014, 14:48

Zeigt er es nur unterm Sattel oder auch so?

Fjorda
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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Fjorda » Mi 11. Jun 2014, 15:20

Ist doch immer am einfachsten, sich dem Problem dort zu nähern, wo es schon offensichtlich ist; da hilft man wenigstens schon mal, wenn es vielleicht auch noch nicht DAS Ding ist. Also:
- Osteo//Chiro, um Rücken, ISG, Schweifhaltung zu untersuchen und evtl. korrigieren
- anderer Sattel (ich bin in solchen Fällen für einen sehr guten baumlosen, weil der mit dem sich bessernden Rücken ständig "mit wachsen" kann)
Für den Rücken gute Leitseil-, Stangen-/Kappzaumarbeit

Interessieren würde mich ein Video von der Seite im Schritt/Trab auf festem Boden, und evtl auch bei der Stangenarbeit, um mal zu sehen, wie das Pferdchen überhaupt die Beine heben kann, wie der Rücken schwingt.

So weit meine Laienmeinung von der Nicht-Huf-Seite.

Ich hatte hier vorletzten Winter doch noch einige Pferde mehr stehen. Die eine Stute hatte ein ähnliches Problem (Zehen abgelaufen, wobei da auch mordsmäßige Trachten beteiligt waren, sehr spannig, schiefer Schweif). Das wurde mit Chiro und viel Stangenarbeit deutlich besser (obwohl die Trachten blieben - Besitzerin war die HO). Ohne beides wieder viel schlechter. Sah immer so aus, als würde sie hinten mit 50%iger Leistung hinterher laufen. Ich vermute heute, dass die wohl auch PSSM hatte...

edit: Und wenn das oben alles stimmt und unten nach wie vor merkwürdig ist, dann kannst Du wieder über die Hufe nachdenken. Einen schwierigen Knoten löst man ja auch, in dem man einfach mal anfängt und die offensichtlichsten Schlaufen als erstes löst...

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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von Pat » Do 12. Jun 2014, 00:22

Ganz herzlichen Dank für eure Antworten!

Ja, Osteopathin war da auch schon dran und inzwischen wird auch wieder mehr Reitunterricht genommen. Die Besitzerin meinte übrigens, dass während und nach dem Ritt der Rücken unauffällig gewesen sei. Ich hab's nicht überprüft... :shifty:

Ich seh die beiden am Freitag wieder und dann mach ich reichlich Fotos. Leider hab ich keine Slow-Motion-Cam, kann also nur mit den Handy filmen. Und ich schau mir auch mal den Unterricht an, ob er, wenn er mal "richtig geritten" wird, auch mit der Zehe fußt.
Er schleift sich übrigens nicht die Zehenspitze ab, sondern den ganzen Bereich sohlenseitig unter der Zehe von ca. 9 - 15 Uhr. Aber am Freitag gibt's Fotos, dann seht ihr, was ich meine.

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Re: Zehenfußung - nur hinten

Beitrag von TinaH » Do 12. Jun 2014, 07:40

Ich versuch mir grad vorzustellen, wie das mechanisch überhaupt abläuft?
Kann mir da jemand weiterhelfen?

Wenn ein Hinterhuf mit der Trachte aufsetzt und beim Aufsetzen noch etwas übern Boden schleift, dann wird die Trachte "abgerieben".
Wenn ein Hinterhuf beim Vorführen nicht gescheit angehoben wird und über den Boden schleift, dann wird die Zehe "abgerieben".

Aber wie sieht der Bewegungsablauf aus, wenn die Zehe sohlenseitig abgerieben wird? Passiert das beim Ab- oder Auffußen?
Irgendwie hab ich da grad nen Knoten im Hirn :oops:
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