Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

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wolf busch
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von wolf busch » Sa 31. Mai 2014, 07:57

passt sogar noch besser...

Martin
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Martin » Sa 31. Mai 2014, 08:40

Annette hat geschrieben:§6:
Verboten ist das ... teilweise ... Zerstören von ... Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn
1.
der Eingriff im Einzelfall
a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist
...
...
Eingriffe nach Satz 2 Nummer 1 ... sind durch einen Tierarzt vorzunehmen.


Dort wo man Zweifel hat, wie etwas auszulegen ist (also ob das Schneiden am Huf in die Tiefe ein "teilweises Zerstören von Gewebe" im Sinne des Gesetzes ist), sollte man, zumindest wenn man gewerblich damit arbeitet, in einen Gesetzeskommentar schauen. Da stehen in der Regel viele Beispiele drin und die Kommentare sind meist gut zu lesen (im Gegensatz zum Gesetzestext selbst).
Ich hatte die Diskussion schon mal vor 10 Jahren und schon damals konnte mir niemand einen Gesetzestext nennen, der das Öffnen eines Hufgeschwürs klar verbietet oder klar erlaubt. Auch der obige Paragraf klärt diese nicht abschließend. Ich weiß aber nicht, ob es in den letzten Jahren Konkretierungen, ggf. wegweisende Urteile gegeben hat. (Bei den Hufschmiedefortbildungen gibt es doch immer mal wieder Rechtsauslegungen. Hat da einer einen Text?)

Vielleicht wird es das auch nie geben, weil es kaum nötig ist, sowas in allen Details zu definieren. Wieviele Fälle sind je gerichtsrelevant oder wenigstens versicherunsgrelevant geworden? Die Gefahr einer Fehlentwicklung ist einfach zu gering. Die primäre Gefahr geht vom Hufgeschwür selbst aus, nicht von dem der es öffnet. Die beschriebenen möglichen Fehlentwicklungen durchs Öffnen sind eher selten. Da spielt sich einfach mehr in unseren Köpfen ab, als in der Realität.

In diesem Zusammenhang kamm man noch auf die Pferdedentisten (die ohne Medizinstudium) verweisen. Die bewegen sich im Sinne des § 6 viel eher in einer Grauzone und trotzdem arbeiten sie munter rund ums Zahnfleisch. Die momentanen Auslegungen des Tierschutzgesetzes scheinen also nicht so hart zu sein, dass man dieser Berufgruppe die Ausübung verbietet.

Martin

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Annette
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Annette » Sa 31. Mai 2014, 08:44

Man müsste hier ja auch noch das Hufbeschlagsgesetz dazunehmen:

§ 2
Im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Hufbeschlag:
die Gesamtheit aller Verrichtungen an einem Huf zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung;

Und dazu aber auch:
§ 1
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für
1. tierärztliche Behandlungen


Also bleibt auch hier die Frage, ob das Schneiden am Huf in die Tiefe zu einer "Behandlung" nach § 2 gehört, oder zu einer "tierärztlichen Behandlung", für die das Hufbeschlagsgesetz nicht gilt, denn dann gilt wieder das Tierschutzgesetz und dann darf es nur der Tierarzt.

... oder möglicherweise der Schmied/Hufpfleger unter Aufsicht des Tierarztes:
Wer regelmäßig HundKatzeMaus auf Vox guckt, hat sicher schon den Beitrag gesehen, wie der Hufschmied in der Pferdeklinik im Beisein/"unter Anleitung" des Tierarztes eine Hornsäule entfernt.
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Pat » Sa 31. Mai 2014, 09:12

§ 6 richtet sich nach meinem Verständnis sehr klar gegen das Kupieren von Ohren und Schwänzen. Letzteres ist Gewebe.

Martin
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Martin » Sa 31. Mai 2014, 09:13

Annette hat geschrieben:Man müsste hier ja auch noch das Hufbeschlagsgesetz dazunehmen:

§ 2
Im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Hufbeschlag:
die Gesamtheit aller Verrichtungen an einem Huf zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung;

Und dazu aber auch:
§ 1
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für
1. tierärztliche Behandlungen


Also bleibt auch hier die Frage, ob das Schneiden am Huf in die Tiefe zu einer "Behandlung" nach § 2 gehört, oder zu einer "tierärztlichen Behandlung", für die das Hufbeschlagsgesetz nicht gilt, denn dann gilt wieder das Tierschutzgesetz und dann darf es nur der Tierarzt.

... oder möglicherweise der Schmied/Hufpfleger unter Aufsicht des Tierarztes:
Wer regelmäßig HundKatzeMaus auf Vox guckt, hat sicher schon den Beitrag gesehen, wie der Hufschmied in der Pferdeklinik im Beisein/"unter Anleitung" des Tierarztes eine Hornsäule entfernt.
Wenn das Tierschutzgesetz so zu interpretieren ist, dass es nur der TA darf, dann kann das nicht einfach durch das Hufbeschlaggesetz anders geregelt sein. Dann hätten wir sich widersprechende Gesetze. Das kommt natürlich auch vor, aber würde ich in diesem Fall gar nicht so sehen, weil es für mich gar kein Widerspruch ist.

Das Öffnen eines Hufgeschwürs wäre für mich nur dann eine Handlung im Sinne des § 6, wenn ich wirklich massiv gesundes Gewebe zerstöre. Dem ist in der Regel nicht der Fall. In der Regel schneidet man weiterhin Horn und öffnet ein Absess, also keineswegs gesundes Gewebe. Kommt noch hinzu, dass man in der Regel schmerzlindernd und Gefahr reduzierend arbeitet.

In welchem Umfang das Hufbeschlaggesetz für Hufpfleger gilt, ist ein anderer Punkt.

Unter Anleitung des Tierarztes ist fast alles möglich. Dann wird man einfach zum ärztlichen Hilfspersonal.

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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Annette » Sa 31. Mai 2014, 09:26

Spezialgesetze gehen allgemeinen Gesetzen vor. http://de.wikipedia.org/wiki/Lex_specialis

Und interessant wird die Frage, wer was durfte, wenn es durch den Eingriff zu ernsthaften Komplikationen kommt, und es sich um ein besonders wertvolles Tier handelt, wo möglicherweise eine Versicherung ins Spiel kommt. Dann würde ich mir als Hufpfleger eigentlich sicher sein wollen, dass ich nicht hinterher selber bezahlen muss. Bei einem 4-stelligen Betrag geht das ja noch (da würde wohl kaum ein Besitzer überhaupt klagen), aber es gibt ja auch Pferde, die sind 6-stellig teuer und die laufen über die Versicherung, die klagen sicher.
In der Regel schneidet man weiterhin Horn und öffnet ein Absess, also keineswegs gesundes Gewebe.
Bendenke, dass auch das Clippen verboten ist, Tasthaare wären nach meinem Verständnis auch totes Gewebe gewesen. Man muss ja immer gucken, was "Gewebe" (oder Organe) im Sinne des Gesetzes ist. Hat denn niemand einen Kommentar zum Tierschutzgesetz zur Hand oder wohnt neben einer Staatsbibliothek :?:
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Pat » Sa 31. Mai 2014, 10:06

Das Verbot von Clippen ist meines Wissens nach keine gesetzliche Regelung, sondern wird durch die Zuchtverbände geregelt. Ohren werden immer noch (teilweise) geclippt.

Weiter könnte man auch über das Entfernen von Warzen sinnieren. Gewebe ist das auch... :think:

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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Annette » Sa 31. Mai 2014, 10:26

zum Clippen: http://www.tierschutz-tvt.de/merkblaetter.html#c6 Merkblatt 61

Als Richter würde ich mich auf sowas stützen, wenns nichts anderes gibt.
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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Martin » Sa 31. Mai 2014, 10:56

Annette hat geschrieben:Spezialgesetze gehen allgemeinen Gesetzen vor. http://de.wikipedia.org/wiki/Lex_specialis

Und interessant wird die Frage, wer was durfte, wenn es durch den Eingriff zu ernsthaften Komplikationen kommt, und es sich um ein besonders wertvolles Tier handelt, wo möglicherweise eine Versicherung ins Spiel kommt. Dann würde ich mir als Hufpfleger eigentlich sicher sein wollen, dass ich nicht hinterher selber bezahlen muss. Bei einem 4-stelligen Betrag geht das ja noch (da würde wohl kaum ein Besitzer überhaupt klagen), aber es gibt ja auch Pferde, die sind 6-stellig teuer und die laufen über die Versicherung, die klagen sicher.
In der Regel schneidet man weiterhin Horn und öffnet ein Absess, also keineswegs gesundes Gewebe.
Bendenke, dass auch das Clippen verboten ist, Tasthaare wären nach meinem Verständnis auch totes Gewebe gewesen. Man muss ja immer gucken, was "Gewebe" (oder Organe) im Sinne des Gesetzes ist. Hat denn niemand einen Kommentar zum Tierschutzgesetz zur Hand oder wohnt neben einer Staatsbibliothek :?:
Ja, da hast Du bezüglich der Spezialgesetze recht. Ob dieser Rechtsgrundsatz mit dem Begriff "Behandlung" schon erfüllt ist, wäre die Frage. Wäre dem so, dann dürfen Hufschmiede vermutlich ein Hufgeschwür aufschneiden, falls nicht noch irgendein anderer Rechtsgrundsatz dagegen steht. Allerdings sind wir dann bei der Definition von Behandlung und damit haben wir das von Dir beschriebene Definitionsproblem bei vielen Begriffen. Was verstehen die Hufschmiede unter Behandlung?

"Clippen" (aus Gründen der Schönheit) ist für mich in diesem Zusammenhang kein relevantes Beispiel, weil es da um eine "Verstümmelung" des Pferdes geht. Das darf weder der TA noch der Hufschmied noch sonstwer, wenn es denn jetzt verboten ist und das Pferd nicht an der Nase operiert wird. ;) )

Es stellt sich für mich aber auch weiterhin die Frage, ob eine generelle Regelung, was wer bei einem Hufgschwür darf, überhaupt sinnvoll ist. Hufgeschwür ist nicht gleich Hufgeschwür, es kommt einfach auf den Einzelfall an. Einen geöffneten Geschwürgang sauber schneiden, ist eine andere Nummer, als eine total unterminierte Sohle abzutragen.

Natürlich gehe ich mit den Handlungen am Huf ein wirtschaftliches Risiko ein. Je teurer das Pferd umso höher das Risiko. Das ist schon mal prinzipiell so. Und wenn dann noch unklar ist, ob meine Versicherung das spezielle Risiko abdeckt, dann sollte ich es lassen oder das Risiko abschätzen.

Das ganze wird rechtlich sogar noch komplizierter, wenn man gegen die Bewertung des Tierarztes handelt. Es ist gar nicht so selten, dass der TA kein Hufgeschwür findet, komplett andere Diagnosen anbietet und der Hufexperte findet dann das Hufgeschwür. Hätte er das dann aufschneiden dürfen, hätte er überhaupt auf Suche gehen dürfen?

Oder nehmen wir die Rehehufe. In den letzten Monaten habe ich mehrere Rehehufe mit Speziallösungen versorgt, bei denen TA's eine Rehe ausgeschlossen hatten. Im Nachhinein mussten sie dann doch zugeben, dass eine Rehe vorlag (Röntgenbeleg). Aber hätte ich nicht erst auf grünes Licht des TA's warten müssen, bevor ich Rehebeschläge anbringe?

Wir sind weiß Gott nicht nur im Bereich Hufgeschwür in einer rechtlich unklaren Lage.

Martin

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Re: Hufgeschwür öffnen durch Hufpfleger/Schmied

Beitrag von Annette » Sa 31. Mai 2014, 14:30

Naja, das eine ist das rein rechtliche (wobei wir das ja nicht klären konnten) und das andere das praktische/moralische/wasauchimmer, was dem Pferd manchmal besser hilft. Keine Frage, würde ich bei meinen Ponies auch so halten und stehe da auch voll hinter Dir ;-)
Würde ich ein fremdes Pferd "behandeln", würde ich mir auf jeden Fall das ausdrückliche OK vom Besitzer holen, auch wenn mir das im Fall des Falles auch nicht hilft.
Annette

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