Seite 1 von 3

Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Di 24. Sep 2013, 12:38
von Pirat
hallo zusammen,

ich mach mir gedanken über das pferd einer bekannten.
ich lese einiges zum thema hufe, habe ganz viel "halb-wissen" :mrgreen: , also nichts, was wirklich weiterhilft - aber eben ein gefühl für verschiedene dinge.

ich frage mich also zur zeit, ob es überhaupt gesunde hufe geben kann, wenn die hufe seit jahren beschlagen wurden?

ich weiß, daß viele pferde schlechte hufe habe, die beschlagen sind - aber ist das sozusagen ein "muss", oder liegt es an der qualität des beschlags?

meine kleine theorie:
dadurch, daß zwischen boden und huf ein eisen=abstand ist, kann der strahl automatisch viel weniger mittragen, als ohne eisen.
wieviel er mittragen kann ist wohl vom boden abhängig (sand gibt nach und "füllt" bestimmt auch den raum zwischen eisen und huf, teer ist hart...)

heißt das im umkehrschluss, daß eigentlich jedes dauerhaft beschlagene pferd einen verkümmerten/engen strahl haben wird?

ich vermute halt schon - aber eh ich mich da aus dem fenster lege, möchte ich gerne noch ein bischen erfahrungswerte sammeln.

gibt es hier pferde/huf-bearbeiter, die phasenweise beschlagen (z.b. für den sommer, wenn vermehrt ausgeritten wird, ein wanderritt bevorsteht und man aus welchen gründen auch immer man keine hufschuhe benutzen will?)?
und dann wieder auf barhuf umstellen?

wäre schön, wenn ich ein bischen mehr hintergrundinfos bekommen könnte.

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Di 24. Sep 2013, 13:40
von Martin
Pirat hat geschrieben:hallo zusammen,

ich mach mir gedanken über das pferd einer bekannten.
ich lese einiges zum thema hufe, habe ganz viel "halb-wissen" :mrgreen: , also nichts, was wirklich weiterhilft - aber eben ein gefühl für verschiedene dinge.

ich frage mich also zur zeit, ob es überhaupt gesunde hufe geben kann, wenn die hufe seit jahren beschlagen wurden?

ich weiß, daß viele pferde schlechte hufe habe, die beschlagen sind - aber ist das sozusagen ein "muss", oder liegt es an der qualität des beschlags?

meine kleine theorie:
dadurch, daß zwischen boden und huf ein eisen=abstand ist, kann der strahl automatisch viel weniger mittragen, als ohne eisen.
wieviel er mittragen kann ist wohl vom boden abhängig (sand gibt nach und "füllt" bestimmt auch den raum zwischen eisen und huf, teer ist hart...)

heißt das im umkehrschluss, daß eigentlich jedes dauerhaft beschlagene pferd einen verkümmerten/engen strahl haben wird?

ich vermute halt schon - aber eh ich mich da aus dem fenster lege, möchte ich gerne noch ein bischen erfahrungswerte sammeln.

gibt es hier pferde/huf-bearbeiter, die phasenweise beschlagen (z.b. für den sommer, wenn vermehrt ausgeritten wird, ein wanderritt bevorsteht und man aus welchen gründen auch immer man keine hufschuhe benutzen will?)?
und dann wieder auf barhuf umstellen?

wäre schön, wenn ich ein bischen mehr hintergrundinfos bekommen könnte.
Ich will mal versuchen meine Erfahrungen zum Besten zu geben:

Ja, es gibt eindeutig Pferde die auch nach jahrelangem Beschlag gesunde Hufe haben, insofern ich meinte das bewerten zu können.

Ja, ein Teil der Pferde leidet stark unter Dauerbeschlag, auch wenn sie gute Hufschmiede haben.

Ja, ein Wechsel zwischen Barhuf und Hufschutz ist gut machbar und kann jenen Pferden zu einer besseren Hufsituation verhelfen, die unter Dauerbeschlag leiden.


Martin

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Di 24. Sep 2013, 23:00
von Pat
Tja, alles ist möglich...
Auch, dass ein nie beschlagenes Pferd grottenschlechte Hufe hat. ;)

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Fr 27. Sep 2013, 17:01
von Ramona1974
Ich denke es spielen auch andere Faktoren mit, die ausschlaggebend sind:

Wie wird das Pferd gehalten?
Wann, wie, wo, wie oft wird das Pferd gearbeitet?
Wie wird das Pferd ernährt?
Wie lang sind die Beschlagsintervalle?
Auf welchen Boden wird das Pferd geritten?
Wie wird es geritten?
Ist das Pferd ansonsten auch körperlich gesund oder hat es schon andere geusndheitliche Baustellen?
Stoffwechsel?
Hat das Pferd einen korrekten oder eine mangelhaften Körperbau?

Die Rasse....manche haben von Natur aus dünne Wände und schlechtere Hufqualtität

und ....und.....

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Fr 27. Sep 2013, 17:22
von Mascha
Ich habe mal ein Pferd gekannt, dass seit Jahren mit Eisen beschlagen war, das Beschlagsintervall waren 4 Wochen und die Hufe sahen ganz passabel aus. Ich habe sie mir nie ganz genau angucken können, aber auf den ersten Blick ok. Sonst habe ich noch kein Pferd gesehen, von dem ich wusste, dass es schon lange durchgehend beschlagen war und dessen Hufen man das nicht auch ansah. Ich denke, wenn man es pauschal ausdrücken will, würde ich sagen, es ist in der Regel unwahrscheinlich, dass es funktioniert, aber nicht ausgeschlossen.

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Fr 27. Sep 2013, 17:35
von kelte
Da geht es eigentlich eher darum, was hält ein Huf aus und was ist für ihn gesund.
Klar halten kräftigere Hufe einen GUTEN Beschlag aus, aber ist der Huf desswegen auch gesund? Ich würde eher sagen er ist trotzdem noch brauchbar.

Abgesehen davon ist mir noch nie ein langzeit beschlagener Huf untergekommen, welcher wirklich gesund ist. Allesamt sind sie mehr oder weniger längsoval, zu hoch und haben kein vollständig entwickeltes Strahlpolster.

Grüße

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Fr 27. Sep 2013, 18:03
von Martin
kelte hat geschrieben:Da geht es eigentlich eher darum, was hält ein Huf aus und was ist für ihn gesund.
Klar halten kräftigere Hufe einen GUTEN Beschlag aus, aber ist der Huf desswegen auch gesund? Ich würde eher sagen er ist trotzdem noch brauchbar.

Abgesehen davon ist mir noch nie ein langzeit beschlagener Huf untergekommen, welcher wirklich gesund ist. Allesamt sind sie mehr oder weniger längsoval, zu hoch und haben kein vollständig entwickeltes Strahlpolster.

Grüße
Über die Definition was ein gesunder Huf ist, besteht ja kein Einvernehmen, so dass wir mit dem Begriff sicherlich so unsere Schwierigkeiten haben werden.

Die von Dir beschriebenen Hufe sind primär Folge der fehlerhaften deutschen/österreichischen Beschlagsweise und nur sekundär des Beschlages ansich.
Wenn man in die USA, nach Frankreich oder Australien schaut, dann sieht man schon weit mehr beschlagene Pferde, denen man gesunde Hufe zubilligen würde, z.B. weil sie nicht mit hohen Trachten beschlagen werden und in dessen Folge der Strahl auch nicht in der Luft hängt oder wo mit Strahlpolster beschlagen wird oder wo Kunststoffbeschläge zum Einsatz kommen, die die Ballenbewegung nicht so einschränken usw....

Trotzdem stimme ich zu, dass Dauerbeschlag, egal welcher Art, die Wahrscheinlichkeit von Fehlentwicklungen drastisch erhöht. Dazu habe ich zu viele Pferde gesehen, deren Hufe auch bei sehr guten Schmieden unter Beschlag in Stellung und Form entglitten, völlig egal was die auch technisch anstellten. Auch mir selbst entgleiten Pferde unter Dauerbeschlag, wenn sie z.B. im Rahmen des Hochleistungssports mehrere Monate Hufschutz tragen.

Martin

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Mi 2. Okt 2013, 19:38
von Pirat
danke!
das ist äußerst interessant!
Allesamt sind sie mehr oder weniger längsoval, zu hoch und haben kein vollständig entwickeltes Strahlpolster.
das trifft wohl ganz gut das, was ich "glaube" bei dem pferd zu sehen...

ich wusste bisher nicht, daß in anderen ländern anders beschlagen wird (also mit anderen schwerpunkten).
interessant!

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Mi 2. Okt 2013, 20:52
von HenrikeBL
Ich weiß nicht genau, ob es hier hin paßt:

mein neuer Schmied lehnt es ab, Hufe dauerhaft mit Duplos zu beschlagen. In der Winter Saison könne jedes Pferd barhuf/mit Schuhe laufen, damit der Huf sich erholen kann. Was haltet ihr davon, daß ein dauerhafter Duplobeschlag "ungesund" sein soll?

Trifft "beschlagen" (siehe Titel) nur auf Eisen oder auch auf Kunststoff zu?

Re: Dauerhaft beschlagene Hufe und "trotzdem" Gesund?

Verfasst: Mi 2. Okt 2013, 21:25
von SilentDee
Ich als absoluter Beschlagsgegner aus dem Gesundheitsgrund antworte mal mit meiner sehr krassen Meinung. (Habt Ihr bestimmt nur drauf gewartet, was? :lol: )

Ich denke, dass, wenn schon beschlagen, dann doch in den meisten Indikationen immer lieber mit nem Duplo, als mit nem ganz starren und klirrendem Metallbeschlag.

Der Dämpfungsaspekt, die Möglichkeit des physiologischen Fussens mit nem Duplo (beim Eisenbeschlag haben sie die Gleitphase, die nicht wirklich gut für die Gelenke, Bänder, Sehnen usw. ist und unphysiologisches Fußen beinhaltet) und so weiter lassen ihn bedeutend besser und gesunderhaltender erscheinen.
Zumal ein erster Wandüberstand, der ja unter dauerhaftem Abriebschutz schnell entsteht, am Anfang in den Kunststoffteil des Duplos reindrückt und nicht sofort hochstaucht.

Und die Trachten reiben sich unter dem Duplo auch nicht ab, also verändert sich die Achse nicht so stark, wie unter dem Metallbeschlag, denn dort haben die Trachten einen Beweglichkeitsspielraum, man erkennt das schön an den Rillen, die sich reinreiben im Schenkelbereich.

wenn also beschlagen, dann bitte mit einem Duplo, aber dazu muss der Huf auch entsprechend vorbereitet sein, denn mit nem Duplo muss man auch gelernt haben, zu beschlagen, damit das Pferd damit physiologisch fussen kann. (Zehen kurz, Trachten zurück, denn wenn das Pferd seine Hufstrukturen nicht benutzen mag, dann fusst es gleitend, und dann stoppt er doof, was wiederum schlecht für den Bewegungsapparat ist.)

Der Duplo bietet auch einen Strahlbereich, damit dieser auch noch seine Funktion zu erfüllen glauben kann. :roll: :mrgreen:
Das haben ganz normale Eisenbeschläge ja nicht.

Es gibt für mich gaaanz wenige Indikationen für starre Eisenbeschläge, unter anderem Hufbeinbrüche! Dann aber immer mit Polsterung drinnen.


Zur Frage der Gesunderhaltung unter Dauerbeschlag muss man definieren, wann ein Huf gesund ist.

Ich bin da sehr strikt, schauen die einzelnen Hufstrukturen an, und zu einem gesunden Huf gehört für mich
- geschlossene, intakte Lamellenschicht
- naturgerade heruntergewachsene Hufwände
- gesunder und leistungsfähiger Strahl
- Fäulnisfreiheit
- dicke und harte Sohle, die nicht auf die Zange reagieren lässt (nur dann sind Steinchen kein Problem)
- gut entwickeltes Strahl- und Ballenpolster
- dicke und große physiologisch geformte Hufknorpel
usw.

Diese Kriterien habe ich alle zusammen noch nie bei einem Dauerbeschlagshuf gefunden.

Meiner Meinung nach kann der Schmied superklasse Arbeit leisten, nach 6-8 Wochen sind die Hufe ohne jeden Abrieb weitergewachsen, haben aber die an der damals kurzen Hufwand festgenagelten Beschlag mit nach unten-vorn-außen (Hufe wachsen ja schräg nach vorn-außen) mitgenommen, wodurch nun mal Hebel entstanden sind.

Manche sehr gesunde Pferde haben nur wenige Stauchungen, Zerrungen, Einblutungen, Risse usw. Die meisten leider nicht. Das lässt sich kaum vermeiden, dafür sind die Abstände einfach zu groß, und die Nägel halten eben nun mal punktuell an der Hufwand.
Der Strahl hängt meist arbeitslos in der Luft herum, was in tiefem Sandboden ja noch etwas kompensiert wird, aber in ner Strohbox auch nicht. :? Die inneren Strukturen sind dadurch unterentwickelt, wenn der Huf dauerhaft manche Strukturen nicht ausreichend benutzt. So funktionieren Körper nun mal. Wir haben unseren Blinddarm nicht benutzt, schwupps, ist er ein nutzloser, verkrüppelter Wurmfortsatz, der sich höchstens mal entzündet. Unsere gut geschützen Fußsohlen haben keine derbe, harte Hornhaut... ziehen wir die Schuhe ein paar Wochen aus, schwupps, sind die Fußunterseiten etwas anders in der Hautoberfläche, oder? :D
Nagellöcher und auseinandergezerrte Lamellenschichten bieten übrigens super Wohnraum für Bakterien, die sich in feuchtwarmen, engen Räumen super wohl fühlen... ;)

Und nun stelle man sich mal vor, wie das bei Hufen aussieht, wo ein "so guter" Schmied dran war, dass die Beschläge 14 und mehr Wochen dran bleiben? :shock:
Extra enge Schenkel, zu kurze Schenkel, und und und... Da gibt es nicht nur untergeschobene Trachten, sondern eingerollte mit mega- Trachtenzwang und Strahlfäule...

Alle zwei bis drei Wochen neu beschlagen und Hufe kürzen würde dem entgegenwirken, aber wer will das bezahlen und machen?

LG