Darf ich auch antworten?Tic hat geschrieben:ich hab mal ein paar Fragen im Kopf... vielleicht könnt ihr mich aufschlauen:
ich geh mal davon aus, dass ein guter Hufbearbeiter den Huf richtig bearbeitet hat und einen guten Rehebeschlag angebracht hat. In die Hufkapsel ist Ruhe eingekehrt, der Huf hat durch das Polster eine feste Stütze für das Hufbein. Kannst du mir bitte erklären, warum nun nach einer Woche die Trachten wieder zu hoch gewachsen wären? Geht das mit einem festen Polster überhaupt?
Wo ist das Problem den Beschlag einen adäquaten Zeitraum am Huf zu lassen, damit der Hufbeinträger sich erholen und wieder anbinden kann?
Ich würde an diesem Huf nämlich nie einen Rehebeschlag anbringen!
Erklärung: Bei einer Hufrehe entzündet sich ja nicht nur die Wandlederhaut im Zehenbereich, sondern rund um. dazu auch die Kronlederhaut mindestens im Zehenbereich, hier sieht man deutlich die rundum verlaufenden Entzündungszeichen.
Der sogenannte Hufbeinträger ist kaputt, und zwar nicht nur im vordersten Zehenbereich.
Wenn ich nun einen Rehebeschlag an diesen Wänden mit Nägeln befestige, dann habe ich den Huf dafür natürlich gut zubereitet. Unstrittig ist, dass die Auflagefläche plan geraspelt sein sollte. Und der "Tragrand" für einen Beschlag ja nicht nur aus Wandhorn, sondern auch aus einem Sohlenbereich besteht, der zumindest die Stärke des Wandhorns hat. Äußere Sohle und Wandhorn teilen sich also zu gleichen Teilen die Tragkraftaufnahme.
Nun wächst so ein Huf unter Abriebschutz natürlich. (jeder Huf, nicht nur dieser Rehehuf )
Nach kurzer Zeit ist das Wandhorn länger als das äußere Sohlenhorn, das zerbröselt schon in Zerfallshorn. nach ca einer Woche unter Beschlag kann man schon beim hufe auskratzen merken, dass der beschlag vom wachsenden wandhorn von der Sohlenauflagefläche gehoben wird, man könnte Zerfallshorn unter'm beschlag aus der Sohle kratzen. nach 2-3 Wochen hat sich dieser Zustand noch verschlimmert, und die Kraft wirkt nun nicht mehr auf Sohle und Wandhorn, sondern nur noch auf das Wandhorn, und zwar punktuell an den Nagelbereichen. (ich kann mich nicht wie ein Physiker ausdrücken, sorry! )
Der Hufbeinträger, der aber nun die Verbindung zwischen Hufbein und Wandhorn herstellt, ist aber nun marode. Hebelt und zerrt es nun an nur noch der Wand, wird die Entzündung immer wieder neu gereizt.
Dafür benutzt man nun das Polster, aber das soll ja nicht aktiv, sondern passiv Druck ausüben und abdämpfen und stabilisieren. Wenn nun aber die Wand länger wächst, dann ist auch diese Stabilisierung durch das Polster verringert mit dem Abstand, der sich auftut.
Bei fast allen beschlagenen Rehehufen fühle ich latente Pulsation, die immer ein Zeichen dafür ist, das es eben nicht komplett beruhigt ist.
Die Trachten wachsen im Verhältnis zum Zehenwandhorn so stark, weil an der Zehe die Durchblutung herabgesetzt ist. Meist wird auch beim Rehebeschlag das Hufbein nicht durch Trachtenkürzen in die physiologische Stellung zurückgebracht. Trachten wachsen auch mit Polsterung weiter, solange der Strecksehnenfortsatz weiter gegen das Horn drückt, und solange die Durchblutung nicht wieder gut und ungehindert in allen Hufteilen funktioniert, so lange wachsen auch die Hufe nicht in guter Hornqualität und gleichmäßig!
Und die Entzündung wird durch die Zerrungen und Hebel, die durch die Negelbefestigung auf die Wand wirken, sobald eine Woche um ist, am Leben erhalten und gespeist.
Ich arbeite daher immer mit Rehepolster und Cast anfangs, wenn sich die Entzündung beruhigt hat, wird der Polster im Hufschuh weiter das Hufbein stabilisieren, der Huf kann regelmäßig auf einem Level und in einer Stellung behalten werden durch wenig Trimmen ständig, so dass auch die krassen Stellungsänderungen unterbleiben, denn dann wirken die Kräfte ja in unterschiedlichen Richtungen, und auch das reizt die Entzündung weiter.
Mein Hauptaugenmerk ist also die Stabilisierung des Hufbeins, die Ausschaltung aller Entzündungsursachen und die Durchblutung! Mit den Maßnahmen mache ich auch Schmerzbefreiung. Schöne und wirkungsvolle Mischung.
Niemals belasse ich einen solchen Huf als Bockhuf, denn der bekommt immer eine Hufbeinspitzendegeneration. Das wird allerdings auch von sonst sehr fähigen Hufprofis in manchen Fällen einfach so gemacht. Das behaupte ich jetzt nicht einfach, das haben sie mir eindeutig gesagt, sogar vor Publikum auf Rehefachtagungen.
Profi ist nicht gleich Profi. Und wenn man nun mal das Dilemma mit den unzähligen rehebeschlägen anschaut, die mir nahezu täglich begegnen, dann kann ich Dir nur sagen, dass es große Teile Deutschlands gibt, in denen jahrzentelange Profis echten Schrott anbringen, ohne anatomische Kenntnisse, ohne Röbis, nach Schema F... und Durchbrüche unter Rehebeschlag, sogar an Pferden von Pferdefachtierärzten! Leider!
Ich war gerade gestern bei meinem Rehepferd von vor 3/4 Jahr, da war der TA gerade zum Kontrollröntgen da - und der TA war extrem erstaunt und hat dem Pferd wieder volle Einsatzfähigkeit bestätigt, die ich noch gar nicht so sehe. Wir arbeiten gerade am Musekaufbau auf Ausritten, Kringel sind noch von mir verboten. ganz durchgewachsen ist die Wand ja noch nicht... Und das erste horn nach dem Entzündungshorn ist noch nicht perfekt, auch nicht im Hufbeinträger! Also auch noch nicht 100%ig sicher einsatzfähig!
Es gehen Tierarztmeinungen massiv auseinander, es existieren extrem viele verschiedene Rehebeschläge. Und auch verschiedene Theorien, was ein Rehebeschlag leisten muss.
Welchen meinst Du denn, wenn Du einen empfiehlst?
LG