Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

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SilentDee
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von SilentDee » Fr 14. Jun 2013, 22:15

Martin hat geschrieben: 1. Silent Dee und Nupur polstern beide das Hufbein, fragt sich nur wo genau.
2. Nupur beschlägt dabei, Silent macht es anders
3. Nupur arbeitet vermutlich ohne Steg etc. aber vermutlich mit Platte. Tic's Chefschmied macht das genau anders. Er nutzt eine Metallstabilisierung.
4. Silent arbeit mit Casts und Hufschuhen etc.
5. Nupur stellt einen akuten Rehefall steil um den Zug der tiefen Beugesehne zu senken, damit die Rotation nicht weiter fortschreitet. Silent macht das meines Wissens nicht?
6. Nupur und Silent gehen davon aus, dass der Hufbeinträger bei einer Rehe komplett entzündet/minderdurchblutet ist. Nupur geht wegen starken Hebel im Zehenbereich von einer mechanischen Trennung aus, die sich an dieser Stell zuerst zeigt. Schreitet die Trennung weiter fort, kommt es zum "Sinker". Was hier Silent denkt weiß nicht nicht.

Hab ich was vergessen oder falsch beschrieben?

Martin
Ich fasse mal die Fragezeichen zu meiner Herangehensweise zusammen:
1. Ich polstere im Idealfall nach einem markierten Röbi, das Polster reicht bin kurz hinter den Hufbeinspitzenrand, es nimmt die komplette Last auf und verteilt sie auf Strahl und hinteren Hufbereich (ohne Wand), um die Entzündung möglichst schnell und effektiv komplett ruhig zu bekommen, denn manchmal reichen minimalste mechanische Reize an den Lederhäuten aus, dass die Pulsation noch bliebt, wenn auch abgeschwächt durch evtl. andere Maßnahmen von Seiten des hinzugezogenen TA. ;)
2. ja, denn ich beschlage ja nicht mit Nägeln! :mrgreen: (wenn ich auch können möchte, nicht wahr? ) Mit Cast oder Bekleb schon, vor allem in der Anfangsphase, denn da möchte ich ungern das Risiko eines verlorenen Krankenschuhs eingehen, und auch ist da m.E. zu wenig Fixation.
3.Ich würde mich sehr über eine detaillierte Erklärung von Nupurs Herangehensweise freuen! :D
4. ja, anfangs mit Cast + Rehepolster, immer in Zusammenarbeit mit dem TA, später, wenn die Entzündung raus ist, und wir schon ein paar cm neues Horn haben, (und wenn es sich der Besi zutraut) mit Hufschuhen und Polster.
5.Ich schaue im Röbi, und versuche dann, das Hufbein phsiologisch zu stellen und das dann dort zu fixieren. meist muss ich dafür die Trachten sogar runter nehmen... + Wand vorne bis seitlich komplett aus der Last raspeln.
Allerdings darf der Sohlenbereich unter der Hufbeinspitze nicht auf den Boden drücken, es wird also eher ein Trachtenkeil entfernt. Und dann mit meinem Rehepolster gecastet, das Pferd kann dann bestimmen, ob es steiler oder flacher stehen möchte, kann damit eigenmächtig wechseln und entlasten, wie es das auch im tiefen, kalten, nassen Sand machen würde. Man kann damit dann die Hufe auch Kühlen, in Eimern parken... ;) Und man kann z.B. Blutegel ansetzen usw.
6.Ich denke, dass es sich ja bei der Hufrehe um eine aseptische und diffuse Pododermatitis handelt, und daher ist nicht nur der Zehenbereich der Wandlederhaut betroffen. Allerdings ist durch die Zehenhebel, die anatomischen Begebenheiten mit der Lage des Hufbeins und den Bewegungsgang einfach an der Zehe die meisten Auswirkungen makroskopisch gibt, weil da natürlich mehr Zug und Druck drauf ist. Der Lamellenkeil bei einer Wand- oder Hufbeinrotation um die Achse ist natürlich im Zehenbereich am massivsten. Allerdings sieht man mikroskopisch in den Lederhäuten eine diffuse Entzündung, und die hat natürlich dann Auswirkungen, je nachdem, wo die Lederhaut sich befindet und welche Kräfte auf sie wirken.
Wenn nun die Zehenwandlederhaut ausheilen kann, und Rotationen rückgängig gemacht werden können, warum sollte es dann mit Sinkern anders sein?
Es kommt in beiden Fällen auf das richtige Management an, und vor allem darauf, ob die Basalmembran geschädigt wurde, oder nicht. Wenn nicht, kann es komplett ausheilen, wenn doch, kann auch im Zehenbereich nur vernarben. ist halt so in der Haut.
Dieses Thema ist noch nicht komplett erforscht. ich habe schon Sinker im Röbi wieder erholt gesehen. Allerdings habe ich selbst noch nie Lederhäute unter'm Mikroskop histologisch untersucht, nachdem die Rehe ausgeheilt wurde. (Hatte ich ja mal als IG-Projekt beantragt! :lol: ) Und es steht ja die Frage im Raum, ob bei unterschiedlichen Reheursachen unterschiedliche Hautschichten geschädigt werden, ob der Erguß immer zwischen den gleichen Schichten stattfindet usw.
Der Grad der Trennung der Lederhaut vom Hufbein hängt m.E. ab vom Schweregrad der Entzündung, der schnell eingeleiteten, sinnvollen und effektiven Erstversorgung und dem Management des Stoffwechsels und der Stabilisierung des Hufbeines.
Und evtl. dem Ursachenkomplex. Und der Entzündung, ob sie schnell und effektiv bekämpft werden kann, oder eben nicht. Je stärker die mechanischen Kräfte, desto ausgeprägter an entsprechender Stelle die Trennung auch makroskopisch.

Ich hoffe, erst mal alle Gedanken meinerseits dazu verständlich dargelegt zu haben. :mrgreen: Hab extra früher am Tag losgetippt!

LG

Korgur
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von Korgur » Sa 15. Jun 2013, 00:22

Nupur hat geschrieben:
myriell hat geschrieben:Ich finde es sehr zweckmäßig von uns, unter einem Beschlag nur jenen Hufschutz zu verstehen, der auf die Hufe "geschlagen" wird, also in der Regel mit Hammer und Nagel. Bin schwer dafür, dass wir das so beibehalten und weiterhin Bekleb, Cast und sonstige Begriffe für sonstigen, permanenten Hufschutz gebrauchen. Zudem man Schuhe auch im 24/7-Betrieb nutzen kann, die sind dann doch auch permanenter Hufschutz, nur mit schnellerem Wechselverfahren.
Laß uns doch auch beschließen, den Himmel zukünftig als "grün" zu bezeichnen. Dann verwechseln wir ihn nicht mit dem Meer.

Wie soll man sich denn fachlich und fachübergreifend unterhalten, wenn jeder seine eigenen Begriffe erfindet?
Also ich fand die Bezeichnungen die bisher hier genutzt worden sehr gut...

Tic
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von Tic » Sa 15. Jun 2013, 09:13

da du deine Vorgehensweise nun so detailliert beschrieben hast, stelle ich auch meine Verständnisfrage noch einmal gezielt. Vielleicht reden wir nun nicht aneinander vorbei :)
SilentDee hat geschrieben: 4. ja, anfangs mit Cast + Rehepolster, immer in Zusammenarbeit mit dem TA, später, wenn die Entzündung raus ist, und wir schon ein paar cm neues Horn haben, (und wenn es sich der Besi zutraut) mit Hufschuhen und Polster.
Da haperts halt wieder an meiner Vorstellung. Wie stabilisierst du den Huf denn im Schuh so, dass diese paar cm neues Horn nicht wieder zerstört werden. Was ist hier mit dem Risiko:
SilentDee hat geschrieben:
2. [...] Mit Cast oder Bekleb schon, vor allem in der Anfangsphase, denn da möchte ich ungern das Risiko eines verlorenen Krankenschuhs eingehen, und auch ist da m.E. zu wenig Fixation.
du schreibst selbst, dass der Schuh zu wenig Fixation in der akuten Phase bietet. Wo ist der Unterschied zur chronischen Phase (oder Heilungsphase - wie man es nennen will...) ?

Ich würde das wirklich gerne verstehen, denn ich hätte die Angst, dass eben allein schon durch das Pferdegewicht die paar cm neues Horn wieder kaputt gehen.
Du wolltest ja mal einen mit Röbis durchdokumentierten Fall einstellen, vielleicht verstehe ich es dann.



@ Martin, ich weiß schon was hier mit dem Forum versucht wird zu erreichen. Ich bin selbst durch mein Pferd zu meiner Nebenjobleidenschaft gekommen. Aber ich habe auch schon meine Grenzen kennen gelernt. Und da wir an Lebewesen herumratzen, finde ich es wichtig, dass auch mal gesagt wird, das nicht alles im Alleingang zu lösen ist, denn sonst handeln wir - meiner Meinung nach - unverantwortlich dem Tier gegenüber.

Jo, und dann sag ich nu auch gleich noch was zu der Fachbegriffediskussion :mrgreen: ich finde auch jedem sein eigenes Tal :) sonst könnten wir ja den babylonischen Turm fertig bauen :)
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von Martin » Sa 15. Jun 2013, 10:36

Tic hat geschrieben:



@ Martin, ich weiß schon was hier mit dem Forum versucht wird zu erreichen. Ich bin selbst durch mein Pferd zu meiner Nebenjobleidenschaft gekommen. Aber ich habe auch schon meine Grenzen kennen gelernt. Und da wir an Lebewesen herumratzen, finde ich es wichtig, dass auch mal gesagt wird, das nicht alles im Alleingang zu lösen ist, denn sonst handeln wir - meiner Meinung nach - unverantwortlich dem Tier gegenüber.
Ja, klar gehen wir mit diesem Forum ein Risiko ein. Wir haben keine Kontrolle darüber, was mit den Vorschlägen aus dem Forum gemacht wird.
Aber wir gehen mittlerweile dieses Risiko ganz bewusst ein, weil wir feststellen durften, dass das Risiko "Hufschmied" oder "Hufpfleger" oftmals viel größer ist als das Risiko "Forum".

Das ist traurig, ist aber so. Sicherlich war ich anfangs auch davon überzeugt, dass bestimmte Hufprobleme nur in die Hände der Fachleute gehören. Rehe gehörte dazu. Ich bin auch weiterhin der Meinung, dass es sich in solchen Fällen lohnt einen qualifizierten Fachmann/eine Fachfrau zu bemühen, wenn denn eine(r) da ist. Letzteres ist aber ganz oft nicht der Fall und so durfte ich lernen, dass auch bei diesen Fällen sich Pferdebesitzer selbst helfen können, wenn sie bereit sind sich einzuarbeiten.

Und dann bin ich nicht so arrogant zu glauben, dass das was ich im Selbststudium erlernen durfte/mußte, für andere nicht erlernbar ist. Ich habe auch keine Ausbildung an Hufen, habe keinen Kurs gemacht und schon gar keine Prüfung. Trotzdem beschlage ich Pferde so, dass sie 160 km in 8 Stunden laufen können, eine Aufgabe, an denen ein Großteil der Hufschmiede scheitert und von Hufpflegern wollen wir diesbezüglich erst gar nicht reden, da haben ganz viele Angst vor Nägeln.

Ich bringe Distanzreitern bei, wie sie ihre Pferde mit Duplos beschlagen. Das dauert irgendwas zwischen 15 und 45 Minuten, mehr nicht. Wenn sie dann noch wissen, wie man ein Pferd barhuf bearbeitet, können sie ihren Pferden gerechter werden, als 99% der Hufschmiede, die Pferde unter Dauerbeschlag halten.

Ich weiß, das zerstört eine Menge vom Mythos Hufbearbeitung und ich wäre der Letzte, der sich nicht eine exzellente Ausbildung im Bereich der Hufbearbeitung wünschen würde.

Aber die Realität ist halt eine komplett andere.

Martin
Zuletzt geändert von Martin am Sa 15. Jun 2013, 11:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von myriell » Sa 15. Jun 2013, 11:39

Hier vermisse ich mal wieder den "Hilfreich"- bzw. "Gefällt mir"-Button ;).

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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von greenorest » Sa 15. Jun 2013, 14:39

Hallo,

das Röbi von Pete Rameys Homepage gehört zu dem Pferd auf DVD 10. Der Fall wird in seiner Entwicklung gezeigt, der Rest auf der HP http://www.hoofrehab.com/dvdupdate.htm


Gruß Tina
* http://www.pro-barhuf.de -Vollständig überarbeitete Auflage des Hufbuchs erschienen *

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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von SilentDee » Sa 15. Jun 2013, 18:59

Tic hat geschrieben:da du deine Vorgehensweise nun so detailliert beschrieben hast, stelle ich auch meine Verständnisfrage noch einmal gezielt. Vielleicht reden wir nun nicht aneinander vorbei :)
SilentDee hat geschrieben: 4. ja, anfangs mit Cast + Rehepolster, immer in Zusammenarbeit mit dem TA, später, wenn die Entzündung raus ist, und wir schon ein paar cm neues Horn haben, (und wenn es sich der Besi zutraut) mit Hufschuhen und Polster.
Da haperts halt wieder an meiner Vorstellung. Wie stabilisierst du den Huf denn im Schuh so, dass diese paar cm neues Horn nicht wieder zerstört werden. Was ist hier mit dem Risiko:
SilentDee hat geschrieben:
2. [...] Mit Cast oder Bekleb schon, vor allem in der Anfangsphase, denn da möchte ich ungern das Risiko eines verlorenen Krankenschuhs eingehen, und auch ist da m.E. zu wenig Fixation.
du schreibst selbst, dass der Schuh zu wenig Fixation in der akuten Phase bietet. Wo ist der Unterschied zur chronischen Phase (oder Heilungsphase - wie man es nennen will...) ?

Ich würde das wirklich gerne verstehen, denn ich hätte die Angst, dass eben allein schon durch das Pferdegewicht die paar cm neues Horn wieder kaputt gehen.
Du wolltest ja mal einen mit Röbis durchdokumentierten Fall einstellen, vielleicht verstehe ich es dann.

Hmm, also, ich gehe davon aus, dass bei der diffusen und aseptischen Entzündung nicht nur der Zehenanteil der Wanmdlederhaut betroffen ist, sondern die Lederhäute. ;)
Damit da dann nichts rotiert, balanciere ich das Hufbein so aus, dass weder ein spitzer Hufbeinrand nach unten drückt, noch medio-lateral Kräfte einseitig wirken, nehme das Wandhorn aus der Last und stelle das Pferdegewicht auf dieses Polster.
Parallel dazu wird die Hufrehe behandelt, denn das ist ja nun keine Hufkrankheit. ;) Wenn nun die Entzündung durch sinnvolles Management, Behandlung und auch Hufzubereitung und Schutz komplett gestoppt ist, dann wächst gutes und angebundenes Horn, und zwar Wandhorn, hinunter. (Natürlich auch Zwischenröhrchenhorn. Alle anderen Hornbereiche wachsen auch, logo.) Dieses Wandhorn halte ich absolut hebellos! Es ist noch nicht sehr kräftig, haben wir doch erst sehr wenig davon, aber wenn das Wandhorn nicht gezerrt, geruckelt oder gestaucht werden kann, nichts dran befestigt ist, kein Gewicht drauf lastet, dann trennt es sich nicht wieder, es sei denn, die Entzündung ist noch latent vorhanden.
Ich habe bisher zum Glück immer nur Erfolge mit dieser Methode gehabt. Immer in Zusammenarbeit mit Tierärzten, die das ziemlich fassungslos und dann später sehr nachdenklich genau dieses Vorgehen als gut befunden haben. Sich das Polster und die Cast-Technik erklärt haben lassen und es auch in der Erstversorgung fortan so machen wollen, weil es so gut funktioniert hat. (Ich hoffe, das bleibt so, aber sicher ist man da natürlich nie - also muss man jedes Mal, wenn man kommt, einen Erfolg und eine Verbesserung feststellen, sonst ist was falsch!)

Auf die Hufschuhe gehe ich manchmal schon nach 6 Wochen, manchmal später, manchmal lassen wir sie nach ein paar Monaten sogar schon weg - hängt davon ab, wie der Besitzer ist (mitrapseln, gut geschult auf Entzündungszeichen und gewillt, viel Zeit und Aufmekrsamkeit in die Pflege des Pferdes zu stecken, Pulsationskontrolle gut sitzt, und die Haltungs- und Fütterungsbedingungen und die Zusammenarbeit gut klappt.)

Jede Hufrehe ist ein individueller Fall. Ich bin anfangs täglich, dann wöchentlich, später spätestens alle drei Wochen wieder da.

LG

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Nupur
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von Nupur » Mi 19. Jun 2013, 01:08

Dann werde ich mich auch mal versuchen.

Bei einem akuten Reheschub muß fachlich und rechtlich zwingend ein Tierarzt her. Je nach dessen Kompetenz und Selbstvertrauen übernimmt der neben der medikamentösen auch die Erstversorgung der Hufe. Die Behandlungsmöglichkeiten durch Entzündungshemmer, Blutverdünner, Schmerzmittel, Aderlaß, Blutegel etc. dürften hinlänglich bekannt sein - und sind eigentlich auch nicht unsere Sache. Was den Huf betrifft, so gehen die Versorgungsvarianten ebenfalls von - bis, was vor allem mit dem Grad der Schmerzreaktion zu tun hat. Und mit der Reaktion des Pferdes auf die jeweilige Maßnahme. Rehegips, Cast, Verband, Reheschuh, Styrofoampad, Rehepolster oder einfach nur ein geeigneter Untergrund (z.B. Lehmbox) kommen dafür in Frage. Von Hufbearbeitung in dem Stadium halte ich nichts.

Wenn Röntgenbilder angefertigt werden, dann erwarte ich eine hufgerechte Ausführung.

Da eine längerfristige Kooperation zwischen TA und Hufbearbeiter unausweichlich ist, wünsche ich mir, daß betroffene Pferdebesitzer von Anfang an einen TA auch meines Vertrauens hinzuziehen, und nicht den Landarzt, dessen Therapie aus einer Woche Bute besteht... Allerdings sind leider weder dieser Optimalfall, noch die frühestmögliche Behandlung besonders häufig. In der Regel kommen wir ins Spiel bei Pferden mit abklingender Entzündung und großen Schmerzen im Huf. Unser Einsatzgebiet ist dann also der chronische Rehehuf, bei dem - Achtung: Definition - die akute Phase 48h überschritten hat, oder eine Knochenlageveränderung stattgefunden hat.

Das ist meine Ausgangssituation, wenn ich nicht gerade dem TA bei der Erstversorgung helfe.

Die Hufbearbeitung richtet sich diesmal nicht nach den üblichen Theorien, denn nach einer Rehe ist alles anders. Ein Reboot für die Hornkapsel sozusagen, und es kommt ausschließlich darauf an, daß der Schmerz nachläßt und Bewegung ermöglicht wird. Ein Röntgenbild hilft, eine Einschätzung über die Empfindlichkeit zu treffen, eine Prognose abzugeben und ggfs. einen Beschlag exakt zu platzieren. Außerdem ermöglicht es eine Verlaufsdokumentation.

Der Huf wird möglichst auf Sohlenniveau getrimmt, natürlich inklusive Kürzen der Trachten. Sohle und Strahl sollen ja Tragen, bzw. schützen, daher werden sie nicht beschnitten, oder nur soweit, wie es die Hygiene unter einem Polster erfordert. Ob bei einer Rotation die Zehenwand sofort beigeraspelt werden muß, ist ein stückweit Ansichtssache. Im Falle eines Beschlages ist der Abrollpunkt ausschlaggebend für die entstehenden Hebelkräfte, und dann ist die Zehenwand eigentlich egal. Meist begradige ich sie erst beim 2. oder 3. Besuch. Mit Verfahren wie Zehenwand ausdünnen, Wandresektion oder waagerechten Rinnen habe ich keine Erfahrung, und halte sie entweder für klinische Anwendungen oder für überholt.
Je nach Laufverhalten des Pferdes kommen als Bearbeitungsvarianten auch noch angerundete Trachen oder ein Bananatrimm in Frage.

Ein Pferd mit akuten Hufschmerzen bleibt bei mir nicht unbeschlagen. Wobei ich in diesem Fall die Möglichkeiten von Verbänden, Gipsen, Casts oder Schuhen ausdrücklich mit einschließen möchte. Die Art der Anbringung - kleben statt nageln bei Klopfempfindlichkeit - und die Aufwendigkeit der Ausführung - je schneller, desto weniger Schmerz - spielen eine Rolle. Ab dem Zeitpunkt, wenn sich das Pferd wieder bewegen darf und soll, haben sich die dauerhaften, geklebten oder genagelten Beschläge am besten bewährt. Wobei flexible Beschläge á la Duplo & Co. trotz theoretischer Vorzüge nach meiner Erfahrung immer schlecht abgeschnitten haben. Wahrscheinlich spüren Pferde in ihren Hufen eh schon wesentlich mehr, als ihnen lieb ist. Meine Wahl ist also ein starrer Beschlag aus Eisen oder Aluminium, der die Hornkapsel stabilisiert und "betäubt". Ein weiterer Vorteil: Man kann die Auflagefläche auf dem Huf 100%ig definieren und sensible Bereiche schweben lassen. Flexible Beschläge drücken doch irgendwie immer flächig oder biegen sich nach oben. Ob dann geklebt oder genagelt wird, ist eher eine handwerklich-technische Frage, als eine funktionelle. Meistens nagele ich.
Es stehen unterschiedlichste Profile zur Verfügung. Nicht anwenden tue ich den Bolz-Beschlag (das ist der mit dem Steg). Da kann man sich herrlich mit Tierärzten drüber streiten... Ein zehenoffenes Eisen ist grundsätzlich geeignet, jedoch finde ich es nicht optimal, den empfindlichen Zehenbereich zu exponieren. Mein Favorit ist das NBS-Eisen, welches ich mit geringem Aufwand anpassen und platzieren kann, und welches den vorderen Hufbeinrand ohne zu drücken abdeckt und schützt. In Kombination mit einer Einlage, die ein Strahlprofil besitzt, und Polstern. Der hintere Hufbereich, ca. bis zur Strahlmitte, kann mit einem festen, tragenden Polster gefüllt werden, der vordere Teil mit einem ganz weichen, oder auch nur Hanf oder Kinderknete. Bei den modernen Zweikomponentenpolstern habe ich noch keine Fäulnisprobleme gehabt und auch noch nie gesehen, daß es irgendwie nicht mehr mitträgt, weil der Huf wächst. (Das wurde hier unterstellt.) Außerdem sind sie superschnell und präzise in der Verarbeitung.

Bei der Wahl der Einlage stellt sich die Frage nach Trachtenerhöhung oder nicht. Grundsätzlich ist es so, daß eine Erhöhung im Sinne einer Überkorrektur des Fesselstandes 1. mehr Gewicht auf die Trachten verlagert, und 2. den Zug der Tiefen Beugesehne am Hufbeinträger verringert. Die verbreitete Meinung, das Hufbein würde in steiler Stellung auf der Spitze "stehen" und damit Druck erfahren, ist ein physikalischer, meßbarer und logischer Irrglaube. Das wissen wir spätestens seit der Dallmer-Studie, und die ist bereits uralt. Daher kann eine Trachtenerhöhung um mehrere cm im akuten Stadium tatsächlich eine Rotation verhindern.
Für meine Entscheidung ist wichtig, welche Art von Knochenlageveränderung vorliegt. Reine Sinker oder Kapselrotationen reagieren kaum positiv oder sogar schlecht auf die Keile. Die klassische Hufbeinrotation jedoch sehr gut. Da es mir im Rehabilitationsstadium nicht mehr primär um den Zug der TBS geht, welchen ich ja sowieso durch den optimierten Abrollpunkt herabsetze, bleibt die Überlegung der veränderten Lastverteilung - weg von der Zehe, auf die Trachten. Daher entscheide ich mich meist für eine gängige Keilplatte, die eine Erhöhung von 8 - 10mm aufweist.

Meine Maßnahmen mache ich stark von der weiteren Entwicklung, insbesonder vom Wohlbefinden des Pferdes, abhängig. Es kann vorkommen, daß man einen Beschlag zwei-, dreimal nach kurzer Zeit modifizieren muß, bis er "paßt". Falls die stoffwechselbedingte Ursache der Rehe im Griff ist, dann sollte keine Verschlechterung mehr zu erwarten sein. Ich lehne mich so weit aus dem Fenster, zu behaupten, daß jede Rehe rein technisch lösbar ist. Die Fälle, an denen wir scheitern, die haben entweder bereits den x-ten Schub, oder eine nach wie vor bestehende Stoffwechselproblematik.
Ich versuche auch, (bei jedem Hufproblem) so schnell wie möglich weg vom Komplizierten, hin zum Einfachen zu kommen: Sind Huf und Pferd stabil, reicht beim nächsten Mal ein einfaches NBS-Eisen. Das Mal darauf vielleicht ein Duplo. Und irgendwann wieder der Barhuf.

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Laddie
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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von Laddie » Mi 19. Jun 2013, 07:54

Danke für die ausführliche Beschreibung Deiner Herangehensweise!

Daß Du bei jedem Beschlagswechsel diesen bei Bedarf an eine mögliche Veränderung der Hufsituation anpaßt finde ich klasse. In welchen Intervallen betreust Du ein Rehepferd, das sich in dem von Dir beschriebenen Stadium befindet? Und welche Art von Pferden sind das in der Regel? Alles quer durch den Garten, oder vorzugsweise Sportpferde?
Viele Grüße, Ariane

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Re: Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von charlsey » Mi 19. Jun 2013, 10:54

Vielen Dank für soviel Input - ich werd's vermutlich noch ein paarmal lesen (müssen) :D
Viele Grüsse,

Claudia

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