Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

saskia
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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von saskia » Do 2. Jul 2015, 21:43

Du hast die Frage formuliert, was am Gras anders ist als am Heu, aber wenn man sich alles durchliest, könnte man die Frage auch so formulieren : was ist im Winter anders als im Sommer? Du hast ja selber schon angedeutet, dass es vielleicht "... nicht das Gras sondern die Sonne...." sein könnte.

Ich habe in Foren schon einigemale gelesen, dass Pferde die graslos lebten, im Herbst fühliger wurden, obwohl es in keiner Hinsicht Änderungen gegeben hatte. Als Erklärung wurde die natürliche, jahreszeitlich schwankende hormonelle Situation genannt. Der Körper steuert anscheinend durch Auslöser wie Tageslänge und Temperatur die Hormone, und die wiederum beeinflussen den Stoffwechsel. Evtl ist der Stoffwechsel darauf progammiert, den Körper im Frühjahr/Sommer/Herbst mit reichlich Energie zu versorgen, da in der Natur diese Energie zur Fortpflanzung benötigt wird. Im Winter verliert der Körper an Substanz, die er im folgenden Frühjahr wieder reichlich ausgleicht.

Manche Pferdehalter füttern im Winter bewusst knapper, damit ihr Pferd nicht zu rundlich aus dem Winter kommt und nicht beim Anweiden das Fass überläuft und das Pferd Rehe bekommt. Wenn ein Pferd mager aus dem Winter kommt, hat es normalerweise anscheinend kaum Probleme mit dem Frühjahrsgras*. Dann darf es im Sommer auch ruhig etwas mehr zulegen - wenn dieser Speck eben kein Dauerzustand wird, wie das leider bei unserer heutigen Haltung zumeist üblich ist : Pferd ganzjährig "gut in Futter", keine jahreszeitlichen Schwankungen mehr. Daraus resultierend die Wohlstandskrankheiten.

Kurzum : was im Sommer anders ist als im Winter, sind auf jeden Fall anscheind die Hormone. Vielleicht funktioniert die hormonelle Steuerung bei deinem Pferd nicht mehr so ganz, und daher zeigen sich diese betonten Unterschiede. Wie man die hormonelle Situation wieder ins Gleichgewicht bringen kann, da bin ich allerdings überfragt. Sollte nur ein Stichwort sein, in welcher Richtung man sonst noch suchen könnte.

* edit : wie gesagt, bezieht sich dies auf Pferde ohne bereits bestehende Erkrankungen. Liegen bereits Stoffwechselstörungen vor, kann man sie natürlich nicht so einfach risikolos aufs Gras stellen.
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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von Annette » Fr 3. Jul 2015, 00:47

Ich hab auch noch einen Theorieansatz bzgl. Graskonsum und Hufbeinabsenkung:

Im Hufatlas (?) habe ich mal gelesen, dass das Prinzip des Hufwachstums an der Wand so ist, dass sich die aeussere Wand entlang der Verbindung zum Hufbein (also der Lamellenschicht) nach unten schiebt, in dem die Lamellen immer ein ganz kleines bischen loslassen (und dann wieder halten). Umso schneller das Wachstum, umso mehr laesst die Lamellenschicht evtl. los und umso instabiler kann es werden (in Richtung Absenkung).

Und das Wachstum von (menschlichen) Keratinozyten (sitzen in der Lamellenschicht, siehe neues Pete Ramey Buch, Kap. 4, Aufbau der Lamellenschicht) wird gefoerdert durch Cortison, Insulin, Schilddruesenhormon, Toxine (wie Choleratoxin, aber vermutlich auch andere).

Der stabile Zellzusammenhalt ist abhaengig von der richtigen Calciumkonzentration und wird gestoert, wenn die Zellen mit Serum in Kontakt kommen. (Nicht ICH bin so schlau, sondern das kommt von einer guten Bekannten mit Rehepferd, die in der dermatologischen Forschung arbeitet)

Also gibt es offensichtlich einige Ausloeser, die vom Graskonsum kommen koennen, wie z.B. die von Kelte erwaehnte gestoerte Darmflora, die Toxine ins Blut laesst, aber auch Insulinpeaks oder durch andere Dinge gestoerte Hormonbildung (man steckt ja nicht drin), die ein vermehrtes Keratinozytenwachstum und/oder einen gestoerten Zellverbund bedingen, so dass es zu leichten Absenkungen kommen kann, in deren Folge Serum austritt, welches weitere Stoerungen im Zellverbund ausloest.

Dies alles sind aber wilde Theorien, die wir heute beim Fruehstueck aufgestellt haben, es gibt offensichtlich noch keine fertige Forschung beim Pferdehuf. Aber irgendwas in der Richtung wird vielleicht bei manchen vorbelasteten Pferden durchs Gras ganz schnell ausgeloest oder ist der Tropfen, der das Fass zum Ueberlaufen bringt.

Nuetzt Dir jetzt wahrscheinlich auch nix, aber ich glaube, man weiss es einfach noch gar nicht genau. Man weiss nur aus Beobachtungen, dass Gras fuehlig macht, aber wie genau alle Mechanismen sind...? Und warum nicht bei jedem Pferd und warum manche Pferde schon nach ganz wenig den Bach runter gehen...? Es ist ja auch nicht jedes empfindliche Pferd IR, Deins ist ja mit PSSM eher das Gegenteil davon. Man kann es sicherlich nicht ausschliesslich auf Zucker und Co. reduzieren.

Hattest Du nicht auch manchmal so Kotwassersachen? Oder war das nur bei den anderen Pferden?

Achja, wir hatten heute morgen bei unserem Brainstorming auch noch die Idee, dass die Zusammensetzung der Darmflora moeglicherweise schon im jungen Fohlenalter entschieden wird und spaeter nicht mehr komplett geaendert werden kann. Evtl. haben also Pferde, die nicht optimal aufgewachsen sind, spaeter immer mehr Probleme damit als andere.

Gruesse aus West Yorkshire ;-)
Annette

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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von kelte » Fr 3. Jul 2015, 06:33

@ Heike4

Mit Umstellung war die Bakterienpopulation gemeint, also das sich die Art der Bakterien umstellen muß, wenn sich an der Fütterung etwas ändert.
Vielleicht wäre der Ausdruck Anpassung genauer gewesen......

Grüße

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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von myriell » Fr 3. Jul 2015, 07:48

Annette hat geschrieben: Achja, wir hatten heute morgen bei unserem Brainstorming auch noch die Idee, dass die Zusammensetzung der Darmflora moeglicherweise schon im jungen Fohlenalter entschieden wird und spaeter nicht mehr komplett geaendert werden kann. Evtl. haben also Pferde, die nicht optimal aufgewachsen sind, spaeter immer mehr Probleme damit als andere.
Ja, das haben wir bei unserer Ekzemerin auch gedacht. Die hatte eine miserable Kindheit, auch was das Futter angeht. Zweijährig gekauft hatte sie bereits das Ekzem und hat immer gepupst, mal viel, mal sehr viel, oft lautstark und über viele Schritte. Auch im Winter bei reiner Heufütterung und ebenso im Sommer bei reiner Grasfütterung oder bei Mischfütterungen. Beim Anweiden und an nassen Tagen teilweise umso mehr bis hin zur Kolik. Diverse Zusatzfuttermittelchen oder das Weglassen dieser brachte nichts.

Seitdem sie wegen ihres Ekzems nach Borkum gezogen ist, pupst sie nicht mehr, obwohl es dort nur Gras und Heulage gibt, kein Heu. Heulagefütterung wäre bei uns undenkbar gewesen.

Die Hufe waren allerdings interessanterweise total unproblematisch.

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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von saskia » Fr 3. Jul 2015, 09:59

Annette hat geschrieben: ....
Also gibt es offensichtlich einige Ausloeser, die vom Graskonsum kommen koennen, ....
....
Es gibt aber auch etliche Fälle, wo Besitzer ihre Rehepatienten wieder auf's Gras lassen (ggf mit Maulkorb), und die Speckpolster schmelzen dahin (evtl deshalb, weil sich ein Pferd auf Gras deutlich mehr bewegt (Schritt für Schritt vorwärts gehend) als stehend an der Raufe/Heunetz, und diese Dauerbewegung in ruhigem Tempo (also ohne Überlastungsspitzen wie z.B. beim Reiten) dem Stoffwechsel und somit den Hufen recht gut tut.

Andererseits gibt es die bereits erwähnten Fälle, wo sich trotz keinerlei Änderung in der Fütterung/Haltung im Herbst wieder Fühligkeit einstellt.


Nebenbei bemerkt meinte ich, dass es in diesem Fall weniger um Fühligkeitsprobleme geht, sondern um das extreme Abmagern im Winter. Also wie man DEM begegen kann.
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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von Annette » Fr 3. Jul 2015, 11:22

saskia hat geschrieben:
Nebenbei bemerkt meinte ich, dass es in diesem Fall weniger um Fühligkeitsprobleme geht, sondern um das extreme Abmagern im Winter. Also wie man DEM begegen kann.
Wahrscheinlich haengen die beiden Sachen zusammen, weder extremes Abmagern im Winter, noch Fuehligkeit nach relativ wenig Gruenzeugs ist normal.

Soweit ich weiss, fehlt dem Heu an Naehrstoffen i.W. Vit A und E und Fettsaeuren. Aber ob das allein die Ursache sein kann, bezweifle ich.
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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von Yvonne » Fr 3. Jul 2015, 11:43

Ich hab jetzt nicht den ganzen Thread minuziös durchgelesen würde aber in so einem Zusammenhang an Cushing denken?
Waren diese Werte im Blutbild wirklich normal? bzw würde ich da mal ein Blutbild wirklich im Fellwechsel usw machen.

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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von Heike4 » Fr 3. Jul 2015, 15:16

@Yvonne Die zwei Blutbilder einmal im Dezember und einmal Ende Oktober waren bis auf 2013 etwas niedrige Selen- und Zinkwerte völlig ok... haben einige THPs angeschaut.... und in 2014 waren die Werte auch deutlich besser.
Sie hat etwa ein 3/4 Jahr Corticosal bekommen.... ohne dass ich irgendwelche Auswirkung diesem zuschieben würde. Danach noch Corticosal als Globuli...
Sie hat PSSM.

Letztlich geht es wirklich darum zu schauen was da stört, dass sie im Zeitraum vom Oktober bis März/April so abmagert.... und das obwohl wir wirklich so viel füttern wie sie nur frisst.... und sie frisst langsam und mit aller Seelenruhe.

@Annette ich bin mir nicht sicher, ob die Fühligkeit wirklich mit dem Gras zusammenhängt oder ob es doch daran liegt, dass ich die Hufe kurz mache...
Nur hab ich es eben auch schon ausprobiert sie nicht so kurz zu machen und dann hab ich eben andere Probleme.. die Außenwand splittert unter der Last..
Es sind halt auch kleine Hufe für ein großes Pferd....Easyboot Gr. 0 als sie kam, jetzt Gr. 1
163 cm Stockmaß, Typ Ranchpferd, als würde sie den ganzen Tag Rinder durch die Gegend treiben...

@Myriell... ob ein Pferd was mit 3 Jahre für 15.000,- EUR gekostet hat, wirklich schlecht in der Jugend gehalten wurde? Sie ist schon früh zu Shows gewesen... gezogen auf der Circle L Ranch... ich hab sie für einen Bruchteil der Summe gekauft.

@Saskia hormonelle Beteiligung war auch so ein Gedanke der ersten THP... die Rosse ist quasi nicht zu bemerken, wie auch das ganze Pferd so unauffällig in der Art ist. Wenn sie auf die Weide darf oder ihren Eimer kommen sieht, dann kommt Leben ins Pferd. Und nach ihrer Zeit auf der Weide, kommt sie artig wieder mit... aber wenn man es nach 10 Minuten schon versucht, erzählt sie einem schon... meine Zeit ist noch nicht rum.

Die Heilpraktikerin meiner Tochter hat neulich erzählt, dass sie weiße Pudel gezüchtet hat und der eine im Winter immer eine rosa Nase bekam... dann gab sie Vitamin D dazu und die Nase blieb auch im Winter schwarz.... auch das ließ mich aufhorchen, denn Kathie ist ein Schimmel.

Vielen, vielen Dank, dass ihr mit mir überlegt.
Geht nicht, gibt es nicht.

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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von saskia » Fr 3. Jul 2015, 17:57

Hast du schonmal Bierhefe gefüttert? Quantitativ viel Futter nützt nicht viel, wenn der Organismus es nicht ausreichend verwerten kann und das Meiste ungenutzt wieder ausscheidet. Bierhefe soll da angeblich die Verwertung der Nahrung verbessern.

Hier mal ein Beispiel-Artikel, http://www.bierhefe.org/bierhefe-produk ... ferde.html Per Google findet man noch etliche mehr.
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Re: Unterschied Heu und Gras.... Was fehlt dem einen??

Beitrag von Heike4 » Fr 3. Jul 2015, 21:13

@Saskia Bierhefe ist kein Futtermittel was ein PSSM-Pferd unbedingt fressen darf, so mein Wissensstand.

Ich habe jetzt noch mal die letzte THP angeklingelt und ihr noch mal geschildert was ich für Beobachtungen habe und ob sie eine Idee für den Herbst hat.
Geht nicht, gibt es nicht.

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