Weide/Gras und Fühligkeit

Kerstin
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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von Kerstin » Di 21. Feb 2012, 13:42

Hallo an alle,

ich muss mich jetzt hier auch mal melden.

Für mich besteht auch ein klarer Zusammenhang zwischen Fütterung und Huf. Bei unserem Pferd war es nicht vorrangig Gras, sondern sogenannte Heulage.

Wir haben uns eine Stute (Deutsches Sportpferd) gekauft und wollten sie nicht beschlagen lassen. Untergebracht wurde sie in einem Reitstall. Sie bekam immer zuwenig zu essen. Irgendwann wurde dann mal mit Heulage gefüttert. Sie bekam dicke Beine und weiche Sohlen, wollte gar nicht mehr laufen. Da wir "Neue" Pferdebesitzer waren, wurden wir massiv unter Druck gesetzt, unser Pferd doch endlich beschlagen zu lassen. Unsere Reaktion - Umzug zu einem privaten Stallbesitzer. Pferd lief wieder, bis ca. 1,5 Jahre später wegen einer Heumissernte wieder mit Heulage gefüttert wurde. Wieder total weiche Sohlen. Pferd konnte kaum noch stehen. Mussten wireder umziehen, da dort nur noch "Heulage" gefüttert wurde.

Seit August 2010 sind wir endlich Selbstversorger. Bei uns gibt es nur Heu, aber das soviel sie wollen. Im Sommer müssen wir unsere Weide portionieren, da wir für 2 Pferde nur 1 ha Wiese haben. Haben das System einer Wanderweide für uns entdeckt. Nachmittags oder abends wird immer dazu gesteckt, so wird das Gras abends und in der Nacht gefressen. Früh, wenn Tau auf den Wiesen liegt und das Gras sehr gehaltvoll ist, war meist nichts mehr da. Natürlich gibt es auch bei uns Hafer, Struktur E und MiFu dazu, aber in Maßen.

Seit wir sie zu Hause haben, gibt es kein Problem mehr mit weichen Sohlen. Die Pferde laufen auf normalen Waldwegen. Paddock haben wir mit Schotter mit Feinanteilen befestigt, damit sie ihre Hufe schonmal trainieren können.

Das sind unsere Erfahrungen mit der Fütterung. Kerstin

saskia
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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von saskia » Di 21. Feb 2012, 20:36

Schön dass es bei euch gut funktioniert. Ich persönlich würd die Zeiten anders einteilen, denn meines (aus -zig Quellen angelesenen) Wissens nach ist die Fruktankonzentration im Gras gegen Mittag am höchsten, gegen frühen Abend wurde bei den Forschungen ein zweiter Fruktanhöhepunkt gemessen, und am frühen Morgen ist die Konzentration am geringsten (lies mal in Hufreheforen, da wird immer wieder gesagt, dass der frühe Morgen der ungefährlichste Zeitpunkt ist. Denn durch das Sonnenlicht baut die Pflanze Fruktan auf, welches sie in der Nacht wieder verbraucht. Folglich ist am Morgen nichts bzw extrem wenig davon übrig.

Die Methode mit dem limitierten Zustecken scheint ja auch noch den Haken zu haben, dass die Pferde sich dann gierig auf das "neue" Stück stürzen und drauflos bunkern, und das Fressen von relativ grossen Mengen innerhalb relativ kurzer Zeit ist bedenklicher, als wenn sie ganztags Zeit haben zu fressen und daher nicht so hastig fressen. Notfalls eben Maulkorb drauf, aber dafür dann nicht "unter zeitdruck" möglichst schnell möglichst viel fressen bevor nix mehr da ist. Und wichtig ist auch ein ausgewogenes Verhältnis von Bewegung und Futtermenge : wird nur 1 Meter zugesteckt (z.B.), dann stehen sie da und fressen um ihre Füsse herum, - haben sie die ganze Weide, dann bewegen sie sich beim Fressen naturgemäss fast ständig vorwärts.

Na ja, ich muss aber zugeben, es gibt da viele unterschiedliche Ansichten und Erfahrungen, und jeder muss sich dabei das raussuchen was für ihn bzw seine Pferde am besten passt. Und wenn's bei euch so funktioniert, ist's doch prima.
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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von Silke & Abai » Mi 22. Feb 2012, 09:14

Wir hatten auch mal Wanderzaun und dabei ist bei uns die Weide extrem verbissen worden und wir hatten im nächsten Jahr relativ viel Unkraut. Die stürzten sich wirklich wie die Wilden auf den neuen Streifen und bissen den soooo kurz, da schaute kaum noch grün aus dem Boden. Wir haben dann die Weide in 3 Streifen geteilt (jeweils mit eigenem Eingang) und diese Streifen nacheinander beweidet. Bis der dritte abgefressen war, war der erste nachgewachsen. Damit hat es deutlich besser geklappt. Aber wenn es bei euch so gut klappt, ist ja prima.
Viele Grüße

Silke

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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von Andrea&Atila » Mi 20. Jun 2012, 15:42

Ich habe jetzt eine sehr interessante Entdeckung bei meinem Weide-Problempferd gemacht.

Sie lief fühlig bis tickend, nach ca. 2 Wochen auf 24h Weide, trotz Freßkorb. Ich hatte sie dann zwischendurch zeitweise runter von der Weide in grasarmen O-Stall.

Dann wieder vorsichtig unter genauester Beobachtung raus, seit 1,5 Wochen ist die Fühligkeit komplett weg. Was mir aufgefallen ist, die Gräser sind mit der Blüte fertig und schmeißen ihre Samen weg. Also die Pflanze hat sozusagen ihre Aufgabe erfüllt. Was auch immer sich dann da drin ändert, das Pferd läuft super. :dance:

Das gleiche Phänomen hatte ich letztes Jahr, hatte es aber auf den Freßkorb an sich geschoben und nicht auf den Blühstatus der Gräser.


lg
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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von Evolution » Fr 28. Sep 2012, 12:04

Hier ist ja vieles schon ein bißchen älter, aber mir sind noch ein paar Dinge eingefallen, die man dazu sagen könnte:

Heulage / dicke Beine: Heulage enthält Histamin, gut bekannt bei Allergikern, weil das eben an diesen allergischen Reaktionen beteiligt ist. Histamin ist als Botenstoff (unter Anderem - es hat noch diverse weitere Funktionen) genau dafür zuständig, eine Gewebeschwellung zu bewirken. Es erhöht die Durchlässigkeit der Wände kleiner Adern und führt gleichzeitig dazu, daß größere Blutgefäße sich verengen. Beim Pferd kann das natürlich dazu führen, daß sich - gerade in den Hinterbeinen - Gewebsflüssigkeit ansammelt. Ob das schon mal jemand "in echt" wissenschaftlich untersucht hat, weiß ich nicht. Wäre aber interessant. Zum Glück reagiert nicht jedes Pferd so.
Was auch immer sich dann da drin ändert,
Die Hauptfunktion, also das Sicherstellen einer nächsten Generation, ist erfüllt. Das Gras stellt das massive Wachstum ein und verholzt zunehmend. Wenn man es nicht abschneidet/abfrißt, stirbt der obere Teil dann einfach ab. Wachstumsstreß i. S. von starker Fruktanbildung entsteht erst wieder, wenn ich die Halme abmache. Dann sieht das Gras zu, daß es sich (es ist ja jetzt mehr Platz und Licht vorhanden, weil die überständigen Halme weg sind) noch ein paar Blätter zaubert, die im nächsten Frühjahr dann die ersten Sonnenstrahlen ausnutzen können. In den Wurzeln werden zwar einige Nährstoffe gespeichert, aber es ist ja kein Speicherorgan wie z. B. eine Kartoffelknolle da, aus der die erste Energie für das Wachstum im Frühjahr gezogen werden kann und so muß das Gras sich von Anfang an aus den Blättchen "ernähren", die den Winter überstanden haben. Je mehr davon da sind, desto besser, falls ein Teil über den Winter verloren geht.

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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von SilentDee » Fr 28. Sep 2012, 15:57

Kennt ihr die Untersuchungen zu Giften in Weidegräsern?

Wir haben hier ja eine sehr kompetente Frau im Norden, Dr. Renate Vanselow (oder so ähnlich), die hat dazu etwas geschrieben:

http://www.vfdnet.de/vereinigung-der-fr ... h-graeser/

LG

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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von Evolution » Fr 28. Sep 2012, 16:15

Jepp. Das ist auch hochinteressant.
Wer allerdings beim VFD auf die links zu den Giften klickt, wird leider keinen Erfolg haben, da immer nur auf die Hauptseite weitergeleitet wird. Die korrekten links sind
Loline
Lolitreme
Ergotalkaloide

Letztere müßten als Mutterkornvergiftung allerdings eigentlich jedem bekannt sein.

Und last but not least den Link zur
weiterführenden Literatur

Nachtrag: ich bin ja lange noch nicht fertig mit Nachlesen im Forum, sicher steht dieser Link auch schon an anderer Stelle. Aber da wir hier gerade von Toxinen sprechen, möchte ich gerne die Datenbank der Veterinärpharmakologie der Uni Zürich hier noch verlinken.

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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von saskia » Fr 28. Sep 2012, 18:22

Manchmal fragt man sich, was die Pferde überhaupt noch fressen dürfen... Ist bei der menschlichen Ernährung ja nicht viel anders : hier sind Giftstoffe drin, da sind krebserregende Sachen drin, und dies ist ungesund und das ist nicht gut..... :( :( :(
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Re: Weide/Gras und Fühligkeit

Beitrag von SilentDee » So 30. Sep 2012, 23:31

Na, ja, so wie wir versuchen, alles chemische, genetisch veränderte usw. aus unserer ernährung zu streichen, und uns möglichst naturnah und damit gesund ernähren sollten, muss man eben bei Pferden auch aufpassen, was ihrer Natur am nächsten kommt.

Und alle Hochleistungsgräser sind nun mal verändert... damit sie eben Kriterien erfüllen, die normale Gräser nicht erfüllen könnten, das ist unnatürlich und gefährlich...

Giftpflanzen wurde sicher von den meisten Pferden gemieden in natürlichen Lebensbedingungen, aber unsere Haltungsformen sind eben derart unnatürlich, dass da Sachen gefressen werden, die eigentlich giftig sind (zu hohe Besatzdichte auf Koppeln und Paddocks machen das unumgänglich, zu lange Fresspausen auch...) und es können gewisse Gegensteuerungen (Heilpflanzen) ja nicht mehr gefressen werden, weil sie nicht zugänglich sind...

Dazu zu wenig Bewegung, eingeschränkte Hufmechanismen, evtl. verseuchtes Wasser und viel zu viel unnatürliches Kraftfutter, Allergene und Schimmelpilze noch und nöcher, und schwups, Pferd krank!

Da spielt auch der Geldfaktor eine Rolle. Und zwar eine große Rolle!

Echt gutes Pferdeheu ist quasi nicht ertragreich, man mäht spät, hat also evtl. keinen 2. Schnitt mehr, und eh sind es andere Gräser, die man bräuchte, was die Weide für die Nachbeweidung mit Hochleistungsrindern z.B. auch unsinnig macht, die finden nämlich zu wenig Energie drauf... So eine Grünfuttergewinnung ist also massiv teuer im ganzen Jahr. Das gute, früh geschnittene Weidelgras bringt mehr Ertrag, und durch den früheren Schnittzeitpunkt kann man fast doppelt so viele Ballen produzieren, weil der 2. Schnitt i.d.R. auch an Pferdehalter verkauft wird. Eben dann günstigeres Heu. Man kann nicht auf gutes Wetter warten, weswegen oft noch zu viel Feuchtigkeit drin ist beim Einfahren... -> schimmelig...

Ein Pensionsstallbetreiber muss von dem Betrieb leben! Da muss alos echt was übrig bleiben, neben den laufenden Versorgungskosten, der Arbeitskraft, die er braucht, den Abend- und Feiertagsarbeitszeiten, den wechselnden Grundfutter- und Einstreupreisen, den Versicherungen, der Anlagenbau und -Erhaltung, usw. Da nimmt er natürlich möglichst viele Pferde auf in Pension, ist ja irgendwie klar. und auf eine Reithalle und Vollpensionsservive mag kaum einer verzichten.
Viel Weide und Paddock (befestigt) für wenige Pferde ist sündhaft teuer! Eine Box mistet man schneller als riesige Paddocklandschaften...

Daher gibt es eben solche "Grünfutter ist schädlich"-Probleme.

Ist ja nicht nur die Weide, sondern auch gewisse Heuvariationen...

Und natürlich auch irgendwie das Platzproblem, nicht wahr? ;)

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