F-Balance

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F-Balance

Beitrag von Jouna » Di 6. Mär 2012, 13:17

Ich war ja nun letzte Woche bei dem F-Balance -Seminar und wollte mich mal erkundigen, ob jemand von euch das so in der Form schon länger kennt und danach arbeitet. Die meisten Bearbeitungsstrategien waren ja für mich - da ich Richtung NHC orientiert bin - nichts Neues ( die Schmiede hatten da weitaus mehr Spaß ), nur die Variante wie man Pferde mit hochgedrückten Ballen bearbeitet war für mich in der Form nicht bekannt. Ich finde es von der Theorie her durchaus einleuchtend , frage mich aber, ob das, wenn man das wirklich so durchzieht nicht zu Problemen/ Schmerzen mit den Bändern usw. führt.

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Re: F-Balance

Beitrag von SilentDee » Di 6. Mär 2012, 14:48

Ich war leider nicht da. Magst Du erzählen, wie er die hochgedrückten Ballen "bekämpft" und auch sonst ein bisserl von der F-Balance?

Lieben Gruß

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Re: F-Balance

Beitrag von Wurzl » Di 6. Mär 2012, 18:54

Ich geh nächste Woche zum Seminar nach Zürich - bin schon mal gespannt ...

Jouna
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Re: F-Balance

Beitrag von Jouna » Mi 7. Mär 2012, 10:39

Ich kann natürlich nur meine " zensierte " Version wiedergeben, also so wie ich es verstanden habe. Das gabze System läßt sich auf grobe Punkte reduzieren:
-der Tragrand wird auf Sohlenniveau runtergebracht

-an den Trachten ( wenn sie höher sind ) läßt sich ein Stresspunkt in Form eines kleinen Risses oder einer Welle oder einem Knick ausmachen, der uns die optimale Trachtenhöhe angibt. Dieser Punkt ist wie eine Sollbruchstelle. In der Uni hat man erforscht, daß dort die Hornröhrchen wirklich zerstört sind. Diese Höhe ist aber im Ende die gleiche Höhe wie Sohlenniveau. Das war der Punkt , mit dem die trachtenzüchtende Fraktion natürlich extreme Schwieigkeiten hatte

- es wird nur bis zur " funkionellen " Sohle gearbeitet, also genau wie NHC . Die lebende Sohle gehört dem Pferd und darf nicht bearbeitet werden

-die Wand wird von außen beraspelt um möglichst bald den Winkel hinzubekommen, den einem der obere Zentimeter der aus dem Kronrand kommt ja als " so-will-ich-wachsen " vorgibt. Da das gleiche Modell für beschlagenen wie für Barhufpferde gilt , fand ich das beraspeln auf 2/3Wandhöhe die wir beim beschlagenen Pferd gesehen haben schon recht hoch. Es wurde nur ein Pferd beschlagen und keines barhuf bearbeitet ( nur tote Beine ) und da wurde meiner Einschätzung nach nicht so etwas wie eine Roll angebracht. Auf nachfragen ob nicht dieses hohe Ausdünnen der Wand die Wand instabil machen würde konnte ich keine befriediegende Antwort von der Tierärztin der Uni Leipzig bekommen

-So, nun zum Hauptthema: das System versucht die bei vielen Pferden auf einer Wand liegende Belastung wieder in die Mitte des Hufes zu verschieben. Dazu werden die Trachten auch bei hochgeschobenen Ballen auf exakt die gleiche Höhe von der Haarlinie aus gemessen ( mit dem Zirkel nachkontrolliert ) gekürzt. Bei Studien findet man die " Sollbruchstelle" auf beiden Seiten an genau der gleichen Höhe. Dann wird von der jeweiligen Trachte aus zur Zehenmitte eine Ebene angelegt. Ich hoffe ihr versteht wie ich das meine. Wenn das Pferd den Huf nun hinstellt kommt der hochgeschobene Ballen auf die richtige Höhe wieder runter. Bei Eisen wird das genauso gemacht. Wichtig ist halt, daß man die Ebene nicht an der Seitenwand auslaufen läßt, sondern das sie bis zur Zehenmitte reichen muß. Wenn man von hinten über den Huf schaut und den vormals hochgedrückten Ballen mit der Hand aud Höhe des anderen runterdrückt muß der Huf plan sein. Damit kann ma ein Pferd was schief bearbeitet ist korrigieren , ein Pferd mit schiefen Knochen im Prinzip nur stabilisieren. Das bekommt man natürlich nicht mehr gerade.

Die ersten Studien zeigen wohl eine deutlich bessere Belastungsverteilung, ein besseres Laufverhalten und die Röntgenbilder zeigen, daß die Knochen auch besser übereinanderstehen. Es gibt noch keine längerfristigen Studien, aber eine 10 -monatige Studie beginnt im April, so daß man in einem Jahr ja schon mehr sagen kann. Es soll eine vergleicehnde Studie zwischen dieser Theorie, der Fesselstandsmethode und eventuell der DHG werden.

Thema Bockhuf: die Trachtenhöhe beim normalen und beim Bockhuf wird auf eine Länge ( die des flacheren Hufes ) gebracht, da die Trachten eigentlich gleich lang sind und nur in einem unterschiedlichen Winkel stehen.

Natürlich ist das Ganze entgegen vieler Meinungen ja nun ein ganz deutliches Umstellen . Ich frage mich , wie die Pferde das so wegstecken. Für die Schmiede war das auch ziemlich schwierig. Manche von ihnen kürzen z.B. bei zehenweiten Hufen die innere und manche die äußere Seite. es scheint da ja auch kein einheitliches Denken zu geben , was bei schief stehenden Hufen getan werden muß.

Ich habe bei einem Pferd, wo ich tendenziell die andere Seite gekürzt hätte nun mal nach dieser Theorie gearbeitet und siehe da, es stand sofort besser da. Ich habe da noch drei Kandidaten an denen ich das mal ausprobieren werde . Mal sehen ob ich dann mal Fotos vom bearbeiteten Huf machen kann. Ein Pferd habe ich morgen zu machen. Das hat einen ziemlich schiefen Huf , vielleicht kann ich da sinnige Fotos machen.

So, das war lang....und natürlich wars nur ein Ausschnitt.

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Re: F-Balance

Beitrag von Silke & Abai » Mi 7. Mär 2012, 11:40

Danke Jouna, für den ausführlichen Einblick. Ich konnte deinen Bericht gut nachvollziehen. Magst du aber noch einmal erklären, wie er dann die Ebene aus gekürzter Trachte und Zehenmitte bildet. Einfach nach Augenmaß oder mit einem Hilfsmittel (wie vorher dem Zirkel bei der Trachtenhöhe)?
Viele Grüße

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Re: F-Balance

Beitrag von Pferdefreund » Mi 7. Mär 2012, 18:53

das hoert sich fuer mich ziemlich identisch an wie die Bearbeitung der "shared heels" nach Strasser. Wer ihr Buch hat kann mit Seite VII-138 vergleichen. Da werden die Masse und Winkel genau so angezeichnet wie Du es beschrieben hast, glaube ich. Allerdings schreibt sie auch dass man die gegenueberliegende Zehe etwas kuerzen muss damit der Fuss eine Weile weniger Gewicht auf die ehemals hohe Trachte geben muss, er tippt sozusagen ueber die Diagonale nach vorne. Das erlaubt der ehemals hohen Trachte sich zu entspannen und nach unten zu kommen. Sie schreibt auch alle 2-3 Tage trimmen. Vermutlich damit das ganze nicht so aprupt ist. Und dann ist natuerlich jeder Fall etwas anders.

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Re: F-Balance

Beitrag von Pat » Mi 7. Mär 2012, 19:29

Ja, ganz neu ist dieses Ausbalancieren nicht. Und D.A. hat's auch nicht erfunden, aber doch dem Ganzen einen wissenschaftlichen Background gegeben.
Starre Winkelmessung lehnt er aber ganz entschieden ab. Der richtet sich ganz nach der funktionalen Sohle.Wenn er mehr Ausgleich braucht, als die Sohle hergibt, dann läßt er lieber an der gegenüberliegenden Seite etwas Tragrand stehen.

Sehr gut fand ich seinen Satz: "Dir gefällt der Winkel dieses Hufes nicht? Dann kauf dir ein anderes Pferd, dessen Winkel dir besser gefällt." :mrgreen:
Oder: "Du findest, dass dieses Pferd zu flach steht? Dann kauf dir ein anderes."
Was das Pferd und die funktionale Sohle vorgibt, wird respektiert.

Aber der schönste Satz war immnoch: Der Huf ist flexibler als der Kopf! :lol: :lol:

Wenn Beschlag drauf kommt macht eine Mustangroll keinen Sinn. An den Kadaverhufen hat er gezeigt, wie schön er ein Barhufpferd "rollen" kann.
Und ja, es ist ein deutliches Umstellen, aber in eine physiolgische Richtung, die meiner Erfahrung nach immer sehr positiv angenommen wird. Da braucht man nicht so zimperlich sein. Ein wenig vorsichtiger ist er bei sehr alten Pferden (Ü20) mit sehr starken Asymmetrien. Da würde er dann in 2-3 Schritten arbeiten.
In diesem hinteren Bereich des Hufes ist sehr viel Flexibilität (deshalb F-balance). Der Ballen kann machmal schon nach wenigen Minuten herunterkommen.
Aber, wie Jouna schon sagte, wichtig ist, dass das Absenken an der hochgeschobenen Seite bis zur zehe gemacht wird und nicht nur im Trachtenbereich.

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Re: F-Balance

Beitrag von Pat » Mi 7. Mär 2012, 19:57

Hier mal ein Beispiel, was vielleicht nicht so geeignet ist, weil dies ein schon sehr pathologischer Huf ist, aber ein paar Punkte kann man erkennen:
Die Pfeile deuten auf die Streßpunkte des Hufs (4 von gefühlten 2 Millionen... :shock: ) Die pinken auf die Stelle, wo man sofort kürzen kann. Die grünen interpretiere ich als die Stelle, wo die Hufkapsel langfristig aufhören möchte. Das gibt die Sohle aber noch nicht her. (Hufbeinsenkung, Hufbeinrotation etc... :( ) Der Ballenhochstand ist jetzt nicht so gravierend, aber doch sichtbar.
Bild

4 Wochen später sah es dann so aus:
Bild
Das ist alles noch nicht wie einst im Mai ;) , aber der Laufkomfort des Pferdes hat sich deutlich verbessert. Sie geht mit gepolsterten RX. Auch habe ich den Bananatrimm intensiviert.
Die Aussenseite (links im Bild) ist immer noch höher als die Innenseite. Deshalb hab ich auch aussen mehr weggenommen.

weitere 4 Wochen später:
Bild
Ohne da was schönreden zu wollen, aber ich finde, der Huf sieht entspannter aus.

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Re: F-Balance

Beitrag von SilentDee » Mi 7. Mär 2012, 23:07

Oh ja. Das stimmt. Und danke, Journa, für die schöne Zusammenfassung und Erklärung.

Sag ma, Pat, magst Du nicht mal den Bananentrimm in einem anderen Thread beschreiben, ich kann mir da nichts drunter vorstellen. :D (Oder nur, dass es meinem Pferd sicher total gut gefällt, der liebt Bananen heiss und innig! :D

Was hat denn der D.A. zu den Fällen gesagt, an denen eine Seite inkl. Trachtenwand nach innen gedriftet ist, oder so stark mehrbelastet ist, dass sie quasi senkrecht zum Boden steht und dieser Ballen hochgeschoben ist? Wenn ich da die Trachte kürze, geht die Wand doch eindeutig hinter die Senkrechte nach innen, und das kann er ja auch nicht wollen... Die sind halt schon so lange so schief, dass die Wand kollabiert ist. Wie geht er an solche Hufe?

Ich persönlich nehme da immer die weitere Seite runter, bis ich nach der Beinachse beide Trachten als Linie verbunden im rechten Winkel zur Beinachse habe. Und dann wächst die Wand oben wieder entspannter raus, der untere Bereich ist schief. Ich hab da ein ganz hünsches Foto von so einem Huf in der Entwicklung vom schiefen zum geraderen, gleichmäßiger belasteten Huf:
Bild
In dieser Wachstumszeit, bis die eher kollabierte, zu viel belastete Wand (mit hochgedrücktem Kronrand und auch oft Ballen) unten angekommen ist, bleibt der Ballen quasi, wo er war, das ist nicht mein Primäranhaltspunkt, und wenn die Wand dann unten ankommt, kann das Pony den Huf auch wieder sehr komfortabel gleichmäßig belasten und macht das auch und ich kürze dann quasi über die Entspannung im Runterwachsen insgesamt den Ballen Stück für Stück runter. Hier ist er noch ungefähr halb so hochgedrückt wie am Anfang - und das Pony lief echt einseitig, wirkte wie ein absolutes Schiefbeinpony.

Interessierte Grüße

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Re: F-Balance

Beitrag von Pat » Mi 7. Mär 2012, 23:31

Auch bei deinem Fall würde er die höhere Wand kürzen. Kürzt du die niedrigere Wand, wird sie immer noch kürzer.

hier meine Kritzelei: Grün verdeutlicht die Imbalance. Die rechte Seite ist höher, die Wand gestaucht.
Pink zeigt die Linie an, wie er die Wand kürzen würde, damit wieder alles Gleichmäßig ist.
Bild

Ganz wichig ist, dass nicht nur die Trachten gekürzt werden! Die ganze Seite bis zur Zehe muß präzise gekürzt werden.

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