H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

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Martin
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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von Martin » Di 21. Mai 2013, 20:19

kelte hat geschrieben:Servus!

Genau, das freie O bindet sich mit dem, was am "einfachsten" ist und das ist bei Sauerstoff eben Wasserstoff. Darum gibts auf unserer Welt ja so viel (chemisch relativ stabiles) Wasser.
Ein freies O zieht also 2 H aus dem H2O des Hufes, daher trocknet es aus. Trockenes Horn ist härter und daher der Effekt.

Grüße
Nein, das stimmt nicht. Wasserstoffperoxid lässt sich bestens mit Wasser mischen. Da passiert eben nichts. Wasser ist ja stabil, da lässt sich nichts oxidieren.

Natürlich werden H-Ionen angegriffen, aber z.B. die aus den Methylgruppen und von denen gibt es im Horn bzw. in Mikroorganismen reichlich.

Martin

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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von Wurzl » Di 21. Mai 2013, 21:59

Eine wahre Lehrstunde in Chemie und Biochemie ! :clap: :clap:

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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von SilentDee » Mi 22. Mai 2013, 00:00

Nur mal by-the-way: Zum Wunden spülen nimmt man es schon lange nicht mehr, weil es eben zytotoxisch wirkt. Es verhindert damit die Zellteilung. ;) da ist man schon lange ab von.

Habe da gerade mit einer Hautärztin drüber gesprochen, denn die war erst nicht so begeistert von der Idee mit dem H²O² in der mittleren Strahlfurche. ;)

Hatte dann meine Begründungen mit den zellkernlosen Hornzellen und dem nicht vorhandenen Zellteilungsaspekten im Horn angebracht, worauf sie lachend meinte, klar, am Huf macht das sogar sehr viel Sinn. :lol:

Also, überall, wo ich kein lebendes, zellteilendes Gewebe erhalten möchte, kann ich damit wunderbar austrocknen, anaerobe Bakterien und so weiter kaputt machen, ich nutze es zu Desinfektionszwecken immer in Kombi mit Iod... Hautverletzungen würde ich damit nicht ausspülen - es sei denn, es sind sooo tiefe, schnell verschliessende mini-Pfählungswunden, dass ich sofort mit einem Einschuß rechne, da wäre mir dann die einmalige Anaerobiervernichtung wichtiger als die einmalige Zelltoxizität! :lol:

Habe ja selbst jahrelang Abszessspülungen mit H²O² überlebt! (Ja, soooo alt bin ich schon! :oops: )

LG

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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von janw » Mi 22. Mai 2013, 10:58

Als Berufschemiker muss ich mich hier auch mal zu Wort melden :-)

Zur Wirkung von H2O2:
Wie schon richtig beschrieben, wirkt es als starkes Oxidationmittel. Vereinfacht dargestellt bedeutet es, dass es zu Wasser regiert und der verbleibende (ugs. "aktive") Sauerstoff oxidativ reagiert.
Die dessinfizierendewirkung wird durch die Oxidation diverser Biomoleküle (z. B. Nucleinsäuren, Proteine und Lipide) erzielt, welches das Absterben von Bakterien und Pilzen zur Folge hat. Beim Menschen und vermutlich auch beim Pferd ist diese Wirkung aber nur Oberfläche und geht nicht sonderlich tief, da Katalase und Peroxidase das Peroxid rasch abbauen. Inwieweit diese Enzyme im Huf vorkommen bin ich überfragt, insofern bin ich mir nicht sicher was dort die Eindringtiefe angeht.
Der Abbau von H2O2 durch die Enzyme ist von den Produkten her der gleiche wie auch beim katalytischen Zersetzen auf Metalloberflächen:
2H2O2 -> 2 H2O und O2 dieser so gebildete Sauerstoff ist aber bei weitem nicht mehr so reaktiv (oxidativ) wie das H2O2. Diese Reaktion ist auch Ursache für die weiße Haut beim Hautkontakt mit H2O2 (Sauerstoffbläschen unter der oberen Hautschicht).

Der Begriff "Austrockende Wirkung" von H2O2 ist etwas wiedersprüchlich, gemeint ist eigentlicher eher ein Entfetten, Hydrophilisierung bedingt durch die Oxidation von Lipiden...

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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von kelte » Mi 22. Mai 2013, 19:11

@ Martin

Wo habe ich denn geschrieben, das sich H2O2 nicht gut mit Wasser mischen läßt?

Aber egal, jedenfalls trocknet H2O2 den Huf eher aus und feuchtet ihn nicht an, wie du weiter oben geschrieben hast. Und um DAS ging es mir.

Grüße

Martin
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Re: H²O² 6%ig zur Sohlenhärtung?!

Beitrag von Martin » Mi 22. Mai 2013, 20:38

kelte hat geschrieben:@ Martin

Wo habe ich denn geschrieben, das sich H2O2 nicht gut mit Wasser mischen läßt?

Aber egal, jedenfalls trocknet H2O2 den Huf eher aus und feuchtet ihn nicht an, wie du weiter oben geschrieben hast. Und um DAS ging es mir.

Grüße
Ich weiß was Du meinst, deshalb liegen wir nicht so weit auseinander.
Aber das H2O2 entzieht dem Horn kein Wasser. Wäre dem so, würde das bedeuten, dass sich H2O2 nicht mit Wasser mischen lassen würde, weil es dann sofort reagieren, also wirkungslos würde. Deshalb mein Einwand.
Das genau passiert aber chemisch nicht. Das freie O reagiert, wie Jan schreibt mit den Substanzen der Zellwand, ggf. auch mit dem Zellkern. Das kann alles mögliche sein, nicht unbedingt nur ein Wasserstoff.
Dabei entsteht aber immer Wasser und das bleibt im ersten Schritt mal dort wo es entsteht. Mal ganz abgesehen davon, dass man H2O2 meist in 6%iger Lösung anwwendet, also 94 % Wasser aufbringt.
Jan schreibt ja auch das der Begriff "Austrocknen" hier etwas unglücklich ist. Das genau meinte ich. Die wesentliche Effekt des Wasserstoffperoxids ist nicht der Wasserverlust,sondern der Zelltod. Mit dem Tod lebender Zellen ist natürlich auch ein Wasserverlust verbunden. Bei toten Hornzellen, würde ich meinen, dass der Wasserverlust irrelevant ist.

Martin

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