Das mit der Bildung ist so eine Sache. Wir haben sicherlich immernoch ein Bildungssystem um das uns viele in der Welt beneiden. Nicht viele Länder in der Welt schaffen es jedem die Möglichkeit zu einer kompletten Ausbildung mit Diplom etc. zu geben. Ich merke das immer in den Betrieben. Die können (fast) alle lesen und schreiben, sie können sich (fast) alle Organisieren und beherrschen (fast) alle Grundregeln ihres Berufes. Ohne diese Basis wäre die deutsche Industrie nicht das was sie ist.Thorsten hat geschrieben:Da geb ich dir vollkommen recht Mascha und ich vermische da gerade 2 Bildungssysteme, was sicherlich nicht von Vorteil ist. Re-certification ist ein klassisches nordamerikanisches Modell und bei denen auch ganz anders gelehrt und gelernt wird. Das nach Deutschland übertragen zu wollen ist ein Fehler. Stimmt wohl.Mascha hat geschrieben:...Meine Erfahrung ist, dass die Leute, am besten sind, die sich nicht um Zertifikate scheren, weil ihr eigener Wissensstand aktueller ist, als der, der in irgendwelchen Fortbildungen vermittelt wird. Wie überall ist auch hier Eigeninitiative gefragt, man muss sich selber informieren und zur Not auch noch ne "fremde" Sprache (Englisch ) dafür lernen.
Diese Motivation hat leider nicht jeder, aber er wird sie auch nicht dadurch bekommen, dass er auf Fortbildungen gezwungen wird. Vermutlich wird sogar das Gegenteil eintreten. Solche Leute verlassen sich künftig voll und ganz darauf, dass sie mit vorgekautem Wissen gefüttert werden und informieren sich überhaupt nicht mehr selber.
Aber dieses System kann auch zur Stagnation führen, weil nur der autorisierte Lehrnstoff das Maß aller Dinge ist und die vorgegebene Ordnung sowieso. Innovation, Kreativität oder gar das Infragestellen kommen im deutschen System oft genug unter die Räder. So hat Deutschland die Fotoindustrie, die Motorradindustrie, die Hifi-Inbdustrie und viele weitere industriezweige verloren und die DV-Industrie fast verschlafen. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, dass man Dinge auch anders bauen kann oder denken kann. Eine deutsche Entwicklung wie den Walkman hatte hier keine Chance, weil er nicht ins etablierte Denksystem passte. Und einer der deutschen Gründer von Sun-Computer wäre in Deutschland bei Siemens gelandet und irgendwo im System gut bezahlt versackt. Sein Potential wäre vermutlich gar nicht erkannt worden.
Ähnliches ist im Schmiedbereich passiert, und das noch in Kombination mit dem Wegfall von altem Wissen. Alle Schmiede hatten ein System zu lernen. Andere Denkweisen waren tabu, andere Systeme wurden stigmatisiert, aber alles war staatlich sanktioniert. Hier ist das eigentlich gut gedachte System klassisch stecken geblieben.
In den wenig geregelten USA ist Bildung ganz anders aufgehängt. Dies führt zu einer großen Masse wenig gebildeter Menschen, aber zu mehr Spitzenkönnern. Die haben mehr Freiheiten, da sie nicht so sehr in Systeme gezwängt werden und bekommen eher Unterstützung beim Querdenken. In den USA haben gute Schmiedeschulen mehr Chancen zu bestehen, weil sie sich erst gar nicht mit überholtem Lehrnstoff abgeben müssen. In Deutschland müßte eine Schmiedeschule schizophren agieren. Sie müßten den Schmieden einen Stoff beibringen damit sie die Prüfung bestehen und einen damit sie es später richtig machen.
Martin