Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

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SilentDee
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Hufrehe - Behandlungsmöglichkeiten

Beitrag von SilentDee » Do 6. Jun 2013, 00:40

Tic hat geschrieben:ich hab mal ein paar Fragen im Kopf... vielleicht könnt ihr mich aufschlauen:

ich geh mal davon aus, dass ein guter Hufbearbeiter den Huf richtig bearbeitet hat und einen guten Rehebeschlag angebracht hat. In die Hufkapsel ist Ruhe eingekehrt, der Huf hat durch das Polster eine feste Stütze für das Hufbein. Kannst du mir bitte erklären, warum nun nach einer Woche die Trachten wieder zu hoch gewachsen wären? Geht das mit einem festen Polster überhaupt?
Wo ist das Problem den Beschlag einen adäquaten Zeitraum am Huf zu lassen, damit der Hufbeinträger sich erholen und wieder anbinden kann?
Darf ich auch antworten?

Ich würde an diesem Huf nämlich nie einen Rehebeschlag anbringen!

Erklärung: Bei einer Hufrehe entzündet sich ja nicht nur die Wandlederhaut im Zehenbereich, sondern rund um. dazu auch die Kronlederhaut mindestens im Zehenbereich, hier sieht man deutlich die rundum verlaufenden Entzündungszeichen.
Der sogenannte Hufbeinträger ist kaputt, und zwar nicht nur im vordersten Zehenbereich.
Wenn ich nun einen Rehebeschlag an diesen Wänden mit Nägeln befestige, dann habe ich den Huf dafür natürlich gut zubereitet. Unstrittig ist, dass die Auflagefläche plan geraspelt sein sollte. Und der "Tragrand" für einen Beschlag ja nicht nur aus Wandhorn, sondern auch aus einem Sohlenbereich besteht, der zumindest die Stärke des Wandhorns hat. Äußere Sohle und Wandhorn teilen sich also zu gleichen Teilen die Tragkraftaufnahme.
Nun wächst so ein Huf unter Abriebschutz natürlich. (jeder Huf, nicht nur dieser Rehehuf ;) )
Nach kurzer Zeit ist das Wandhorn länger als das äußere Sohlenhorn, das zerbröselt schon in Zerfallshorn. nach ca einer Woche unter Beschlag kann man schon beim hufe auskratzen merken, dass der beschlag vom wachsenden wandhorn von der Sohlenauflagefläche gehoben wird, man könnte Zerfallshorn unter'm beschlag aus der Sohle kratzen. nach 2-3 Wochen hat sich dieser Zustand noch verschlimmert, und die Kraft wirkt nun nicht mehr auf Sohle und Wandhorn, sondern nur noch auf das Wandhorn, und zwar punktuell an den Nagelbereichen. (ich kann mich nicht wie ein Physiker ausdrücken, sorry! ;) )
Der Hufbeinträger, der aber nun die Verbindung zwischen Hufbein und Wandhorn herstellt, ist aber nun marode. Hebelt und zerrt es nun an nur noch der Wand, wird die Entzündung immer wieder neu gereizt.
Dafür benutzt man nun das Polster, aber das soll ja nicht aktiv, sondern passiv Druck ausüben und abdämpfen und stabilisieren. Wenn nun aber die Wand länger wächst, dann ist auch diese Stabilisierung durch das Polster verringert mit dem Abstand, der sich auftut.
Bei fast allen beschlagenen Rehehufen fühle ich latente Pulsation, die immer ein Zeichen dafür ist, das es eben nicht komplett beruhigt ist.

Die Trachten wachsen im Verhältnis zum Zehenwandhorn so stark, weil an der Zehe die Durchblutung herabgesetzt ist. Meist wird auch beim Rehebeschlag das Hufbein nicht durch Trachtenkürzen in die physiologische Stellung zurückgebracht. Trachten wachsen auch mit Polsterung weiter, solange der Strecksehnenfortsatz weiter gegen das Horn drückt, und solange die Durchblutung nicht wieder gut und ungehindert in allen Hufteilen funktioniert, so lange wachsen auch die Hufe nicht in guter Hornqualität und gleichmäßig!

Und die Entzündung wird durch die Zerrungen und Hebel, die durch die Negelbefestigung auf die Wand wirken, sobald eine Woche um ist, am Leben erhalten und gespeist.

Ich arbeite daher immer mit Rehepolster und Cast anfangs, wenn sich die Entzündung beruhigt hat, wird der Polster im Hufschuh weiter das Hufbein stabilisieren, der Huf kann regelmäßig auf einem Level und in einer Stellung behalten werden durch wenig Trimmen ständig, so dass auch die krassen Stellungsänderungen unterbleiben, denn dann wirken die Kräfte ja in unterschiedlichen Richtungen, und auch das reizt die Entzündung weiter.
Mein Hauptaugenmerk ist also die Stabilisierung des Hufbeins, die Ausschaltung aller Entzündungsursachen und die Durchblutung! Mit den Maßnahmen mache ich auch Schmerzbefreiung. Schöne und wirkungsvolle Mischung.

Niemals belasse ich einen solchen Huf als Bockhuf, denn der bekommt immer eine Hufbeinspitzendegeneration. Das wird allerdings auch von sonst sehr fähigen Hufprofis in manchen Fällen einfach so gemacht. ;) Das behaupte ich jetzt nicht einfach, das haben sie mir eindeutig gesagt, sogar vor Publikum auf Rehefachtagungen. :D

Profi ist nicht gleich Profi. Und wenn man nun mal das Dilemma mit den unzähligen rehebeschlägen anschaut, die mir nahezu täglich begegnen, dann kann ich Dir nur sagen, dass es große Teile Deutschlands gibt, in denen jahrzentelange Profis echten Schrott anbringen, ohne anatomische Kenntnisse, ohne Röbis, nach Schema F... und Durchbrüche unter Rehebeschlag, sogar an Pferden von Pferdefachtierärzten! Leider!

Ich war gerade gestern bei meinem Rehepferd von vor 3/4 Jahr, da war der TA gerade zum Kontrollröntgen da - und der TA war extrem erstaunt und hat dem Pferd wieder volle Einsatzfähigkeit bestätigt, die ich noch gar nicht so sehe. Wir arbeiten gerade am Musekaufbau auf Ausritten, Kringel sind noch von mir verboten. :lol: ganz durchgewachsen ist die Wand ja noch nicht... Und das erste horn nach dem Entzündungshorn ist noch nicht perfekt, auch nicht im Hufbeinträger! ;) Also auch noch nicht 100%ig sicher einsatzfähig!

Es gehen Tierarztmeinungen massiv auseinander, es existieren extrem viele verschiedene Rehebeschläge. Und auch verschiedene Theorien, was ein Rehebeschlag leisten muss.

Welchen meinst Du denn, wenn Du einen empfiehlst?

LG

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Tic » Do 6. Jun 2013, 05:29

Moins silent und Pat, danke für die ausführliche Erklärung. Ich will über einiges noch etwas brüten. Frage trotzdem vorab, silent, es liest sich als gingest du von einem Beschlag ohne Polster aus. Ein equipack oder bisico oder vettec Rehe wird aber so hart, das praktisch der Wandbereich gar keine last aufnimmt. Diese wird über das Polster auf den Huf verteilt. Zehe und hufbeinspitze aussen vor, die sollen ja nix belastet werden. Ist ja Ziel des beschlages, das die wand nix trägt, der hufbeintrager zur Ruhe kommt und so weiter.

LG,
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Mascha
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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Mascha » Do 6. Jun 2013, 09:42

Tic hat geschrieben:
Mascha hat geschrieben:Ein Rehebeschlag wird die Situation hier meiner Meinung nach nicht verbessern, da der Huf so wie er grad aussieht eher regelmäßig gekürzt werden muss, als das man da jetzt was dranbauen sollte. Unter einem Beschlag ist die Trachte nach einer Woche wieder zu lang. Hier muss jetzt in ganz kurzen Intervallen immer wieder jeder Hebel an der Wand entfernt werden.
ich geh mal davon aus, dass ein guter Hufbearbeiter den Huf richtig bearbeitet hat und einen guten Rehebeschlag angebracht hat. In die Hufkapsel ist Ruhe eingekehrt, der Huf hat durch das Polster eine feste Stütze für das Hufbein. Kannst du mir bitte erklären, warum nun nach einer Woche die Trachten wieder zu hoch gewachsen wären? Geht das mit einem festen Polster überhaupt?
Wo ist das Problem den Beschlag einen adäquaten Zeitraum am Huf zu lassen, damit der Hufbeinträger sich erholen und wieder anbinden kann?
Der Hufbeinträger brauchte mehrere Monate, bis er wieder korrekt angebunden ist. So lange willst du doch wohl nicht unnötigerweise einen Beschlag drauftun?! Ein Rehehuf hat ein enormes Wachstum. Wenn du mal einen Rehefall über einige Zeit betreut hast, dann weißt du, dass man da etwa einmal die Woche wieder ran muss, um die Hebel zu entfernen. Sonst zieht die Wand nämlich direkt wieder am sich in Regeneration befindlichen Hufbeinträger.
Tic hat geschrieben:
Mascha hat geschrieben:Ich würde wenn dann einen Cast mit Polster empfehlen, den man mindestens einmal die Woche abmacht, bearbeitet und wie neu anbringt. Andererseits lebt das Pferd ja schon lange mit diesem Huf ohne Hufschutz (so wie ich das verstanden habe) und durch die Bearbeitung wird die Situation des Hufes ja immerhin verbessert. Wenn auch nicht so sehr, wie wenn man auch noch ein Polster anbringen würde, klar, aber auch ohne Hufschutz ist der Huf mit der richtigen Bearbeitung besser dran als die letzten Wochen?/Monate?/Jahre?.
wo genau hat sich die Situation des Hufes denn verbessert ? Auf den Vergleichsbildern von März und Oktober 12 hat sich die Stellung nicht geändert, auf den aktuellen (sind die aktuell?) Vergleichsbildern ist die Stellung doch auch gleich (oder hab ich so einen Knick in der Optik...?) , lediglich die Knollenzehe ist nicht mehr ganz so ausgeprägt. Das Pferd läuft schlecht, kann die Füße nicht heben, um ein Sohlenfoto machen zu können muss man warten bis es sich hinlegt. Ist das echt eine Verbesserung der Situation?
Wenn man die Trachten runternimmt, wird sich die Situation verbessern. Dass sich die Situation schon deutlich verbessert hat, habe ich nicht behauptet. Nimmt man die Trachten runter, wird das allein für das Pferd schon eine Erleichterung sein. Wenn man dann die Möglichkeit hat, zu casten, umso besser. Ich habe aber auch schon viele Pferde ohne Cast genesen sehen, es ist aber natürlich angenehmer für das Pferd mit Hufschutz.
Tic hat geschrieben:
Mascha hat geschrieben:Wichtig ist bei solchen Hufen immer, den Strahl aufzubauen. Man will ja, dass die Trachten runterkommen und das funktioniert nur, wenn der Strahl gammelfrei und tragfähig ist.
Ich verstehe, ehrlich gesagt, den Zusammenhang nicht. Warum kommen die Trachten nur runter, wenn der Strahl tragfähig ist?
Und, bei der Hufsituation, ist da der Strahl echt Prio 1 ?
Wenn der Strahl dem Pferd Schmerzen bereitet und man dann die Trachten dann kürzt, wird das Pferd sein Gewicht noch mehr auf die Zehe verlagern. Darum ist es so wichtig, dafür zu sorgen, dass der Strahl nicht autscht, bevor man effektiv was bewirken kann mit dem Trachten kürzen.
Viele Grüße, Mascha
Alles, was ich an Beurteilungen abgebe, basiert auf dem Material, das mir dafür zur Verfügung gestellt wurde. Natürlich müsste man für eine vollständige, seriöse Beurteilung der Hufe das Pferd live und in Bewegung sehen.

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SilentDee
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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von SilentDee » Do 6. Jun 2013, 11:59

Tic hat geschrieben:Moins silent und Pat, danke für die ausführliche Erklärung. Ich will über einiges noch etwas brüten. Frage trotzdem vorab, silent, es liest sich als gingest du von einem Beschlag ohne Polster aus. Ein equipack oder bisico oder vettec Rehe wird aber so hart, das praktisch der Wandbereich gar keine last aufnimmt. Diese wird über das Polster auf den Huf verteilt. Zehe und hufbeinspitze aussen vor, die sollen ja nix belastet werden. Ist ja Ziel des beschlages, das die wand nix trägt, der hufbeintrager zur Ruhe kommt und so weiter.

LG,
Nein, ich ging schon von einem Beschlag mit Polster aus. Allerdings kenne ich das "Vettec Rehe" nicht, ich kenne da nur normales Equipak, die CS-Variante davon, Equipak Soft, das SoleGuard, Equi-Build, das Sil-Pak, und natürlich Superfast und Adhere... Haben die neuerdings ein extra Rehepolster?

Alle anderen Beschlagsvarianten (die aber leider auch heute noch gemacht werden ab und an :shock:) haben zwar meist ein Polster drin, und das setze ich mal voraus, fungieren aber ja trotzdem noch als im Wandhorn mit mehr oder weniger Nägeln befestigte Abriebschutzbeschläge. Und wenn nach ca 1 Woche das Wandhorn über der Sohle übersteht, dann verliert das Polster natürlich dadurch seine Festigkeit, weil es mehr Spiel bekommt...
Kennnst Du einen Schmied, der alle 1-2 Wochen den rehebeschlag runter nimmt und in die meist ja eh etwas marodere Wand ständig neu nagelt, um immer ganz kurze Intervalle einzuhalten, um diesem negativen Effekt entgegenzuwirken?
(Und kennst Du Pferdebesitzer, die das bezahlen würden? ;) )
Die Rehebeschläge, die Du kennst, werden die vorgebohrt, um die bei jedem Nagelvorgang einsetzende Hornverdrängung zu vermeiden, denn bei einer entzündeten Lederhaut kann auch das schon ausreichen als Reizung, um die Entzündung weiter zu nähren... :(

Rehehufe wachsen wie Hulle, und leider eben ungleich am Anfang, solange da noch Entzündung ist. Da muss man, wenn man ihn wirklich und komplett beruhigen möchte, keine Zug-/Druck-/Zerr-/Stauchungskräfte auf der Wand haben.
Mechanische Reizung reicht für die Entzündungszeichen aus... und latent-mäßige mechanische Entzündung verhindert das komplette Ausheilen des Hufbeinträgers. :D Und das sollte immer das einzige Ziel sein, alles andere ist m.E. Tierquälerei, um schnell ein Pferd wieder munter benutzen zu können.
Wobei ich jetzt nicht falsch verstanden werden möchte. Meine Rehepferde werden auch bewegt, nur eben nicht sofort unter dem Sattel... ;) bewegung und Schmerzfreiheit sind das A und O neben der Ursachenausschaltung! Ziel aber die echte Rekonvaleszenz, und die sieht man dann am leistungsfähigen Barhuf (braucht ein mindestens 2 Durchwachsperioden) und am perfekten Röntgenbefund mit 0°Rotation ohne gestreckte Wand, wenn sie unten nicht hübsch geraspelt werden muss, um 0° aufzuweisen. ;) Alles andere ist keine 0°!!! Sondern versteckte, als gesund getarnte Rotation durch falsch verstandene oder tierunfreundliche Bearbeitung. Mit dem Ziel, das Pferd schnell nutzbar zu machen und den Kunden durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zu täuschen im Glauben, das Pferd sei wieder gesund. Auch wenn das jetzt total provokant klingt, und es ein super schwer zu erreichendes Ziel ist, weil man auch gegen TÄ-Aussagen, andere Kollegen und Stallgemeinschaften steht, und der besitzer es dem Pferd meist nicht ermöglicht, ganz gesund zu werden, denn oft sind die Besitzer ja nicht konsequent! (Ich frag mich oft, ob die mit ihrem Kind, wenn es eine lebensbedrohende extrem schmerzhafte Krankheit hätte, auch so inkonsequent umgehen würden - es ist genauso schutzlos ausgeliefert wie das Pferd dem Besitzer)

LG

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Pat » Fr 7. Jun 2013, 09:29

Tic, lass dich nicht abhalten, deine Meinung zu äußern. So ein Forum lebt von kontroversen Meinungen und unterschiedlichen Ideen!
Nur, der Ton macht die Musik, doch ich bin mir sicher, dass du den rechten Ton triffst.

Martin
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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Martin » Fr 7. Jun 2013, 11:00

Pat hat geschrieben:Tic, lass dich nicht abhalten, deine Meinung zu äußern. So ein Forum lebt von kontroversen Meinungen und unterschiedlichen Ideen!
Nur, der Ton macht die Musik, doch ich bin mir sicher, dass du den rechten Ton triffst.
Da kann ich nur zustimmen, @Tic, stehe zu Deiner Meinung und schreibe sie.

Vielleicht hilft es aber auch, wenn ich sage, dass dieses Forum oft barhuflastiger rüber kommt, als es wirklich ist. Wenn hier Beschlagsvarianten kritisiert werden, dann ist damit nicht sofort gemeint, dass man gegen jede Beschlagslösung ist.

Früher hätte ich z.B. bei Rehe immer einen Beschlag befürwortet. Seit ich weiß, wie Marina solche Pferde bearbeitet, sehe ich das differenzierter. Das heißt nun nicht, dass ich ab sofort jeden Beschlag bei Rehepferden ablehne. Ich habe erst neulich wieder eins beschlagen, obwohl es aus Sicht des Pferdes besser gewesen wäre, andere Wege zu gehen. Aber die Haltungsbedingungen waren nicht so wie sie hätten sein müssen und die Besitzerin wäre auch persönlich nicht in der Lage gewesen, so mitzuarbeiten, wie das nötig gewesen wäre.

Martin

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Sahiba » Fr 7. Jun 2013, 12:41

Vielen Dank für die Zeichnungen und die ausführlichen Erklärungen, SilentDee. Wann erscheint dein Buch? :)
Und ich würde pinibel kontrollieren, warum da immer noch vorn kein gutes Hornwachstum ist.
Wie schnell sollte sich das gute Horn im Durchschnitt denn zeigen? Die akute Phase fing ja erst vor gut zwei Wochen an und hielt dann auch etwa eine Woche an bis es langsam besser wurde. Erst Anfang dieser Woche war eine deutliche Verbesserung erkennbar. Ich hätte nun gedacht, dass man erst in etwa vier Wochen was sieht? Oder müsste das noch schneller gehen?

@Tic
Ich bin sehr an deiner Erklärung für Rehebeschlag interessiert.

SilentDee hat weiter oben sehr schön dargelegt, warum sie Beschlag für kontraproduktiv hält. Sofern du mit dieser Erläuterung nicht einverstanden bist, wäre es nun doch an dir, aufzuzeigen, wo SD entweder Unrecht hat oder aber die Vorteile von Beschlag zu erläutern, die so groß sind, dass sie die von SD genannten Nachteile überwiegen und damit deren Inkaufnahme rechtfertigen.

@Martin
Woran machst du denn fest, wann ein Rehebeschlag dem Pferd mehr hilft und wann eine Barhuflösung besser ist? Nachdem du offensichtlich je nach Einzelfall beide Alternativen wählst, würde mich gerade auch deine Meinung interessieren. Du hast die Haltungsbedingungen erwähnt, die dabei sicher eine große Rolle spielen. Welche Faktoren beeinflussen dich denn noch in deiner Entscheidung?

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Martin » Fr 7. Jun 2013, 13:05

Sahiba hat geschrieben:

@Martin
Woran machst du denn fest, wann ein Rehebeschlag dem Pferd mehr hilft und wann eine Barhuflösung besser ist? Nachdem du offensichtlich je nach Einzelfall beide Alternativen wählst, würde mich gerade auch deine Meinung interessieren. Du hast die Haltungsbedingungen erwähnt, die dabei sicher eine große Rolle spielen. Welche Faktoren beeinflussen dich denn noch in deiner Entscheidung?
Ein Faktor ist der Schmerz. Man kann einem Rehepferd mit einem Beschlag oft sehr schnell einen Teil der Schmerzen nehmen. Das kann ein Faktor sein, der so wichtig ist, dass ich diesen Weg gehe.

Dann kann der Faktor Bewegung wichtig sein. Es gibt Pferde, deren Bronchialsystem schleimt zu, wenn sie nicht bewegt werden. Über die Schmerzreduzierung durch Beschlag, kann sich das Pferd schneller bewegen und läuft so nicht zu.

Der Boden kann ein Faktor sein. Marina will als Ideal gerne feuchten Sand und sie hat damit völlig Recht. Dieses Ideal ist nicht immer realisierbar. Oft hat man das extreme Gegenteil. Auch hier kann der Beschlag die Situation lindern.

Aber am wichtigsten ist der Faktor Mensch. Wenn der Besitzer sich nicht ausreichend um ein Pferd kümmern kann (von wollen will ich mal gar nicht reden) oder die Situation nicht wirklich begreift, dann kann ein Beschlag auch sinnvoller sein, als andere Lösungen, die die Mitarbeit und das Mitdenken erfordern.

Aber!!!!!!

Es gilt alles das was Marina sagt. Barhuf bzw. mit schnell änderbarem Hufschutz kann man viel differenzierter agieren und das ist was Rehehufe eigentlich immer brauchen. Die Argumentation mit der Wandbelastung ist ebenfalls logisch, denn solange ich Nägel reinhaue, kann ich, trotz aller Polster, den Druck nie ganz von der Wand wegbringen. Und eigentlich sollte ich einen Rehebeschlag in der ersten Zeit spätestens alle 2 Wochen wechseln. Das bezahlt kaum einer usw......

Martin

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von SilentDee » Fr 7. Jun 2013, 14:42

Ich widerspreche jetzt aber dem einen Teil-Satz: es gilt alles, was Marina sagt" ist natürlich irgendwie Schwachsinn! :oops: Ich kann genauso falsch liegen wie alle anderen auch. ;)
Habe halt bei noch keinem Rehepferd bisher abbrechen müssen, weil es nicht geklappt hat. Zum Glück. Und deswegen bin ich relativ überzeugt davon. Und wegen den medizinischen, histologischen, anatomischen, pathologischen (usw. Kenntnissen, die in meine Überlegungen mit einfliessen. Manches ist einfach logisch. ;)

Und habe leider (und ich warte darauf, dass mir mal ein kompetenter Schmied das Gegenteil beweist, würde mir das echt wünschen) noch kein Fallbeispiel gezeigt bekommen, bei dem der Rehehuf komplett (!!!) ausgeheilt ist unter Beschlag. Leider!
Da ich ja nicht beschlage, kann ich auch nicht beurteilen, woran das hapert.

Meine Methode funktioniert z.B. in einer Boxenhaltung ebenso - den nassen Sand als vereinfachendes Optimum bekomme ich super selten! ;)
Aber der Besitzer ist gefragt, mitzumachen! ich kann nicht alle 2 Tage Polster wechseln fahren, wenn die Schuhphase beginnt! Ich kann auch nicht Hufe baden, desinfizieren, und auch wöchentliches Nachraspeln kann ich oft aus Zeitgründen nicht. Deswegen habe ich ja meine Rehestation in Planung. Für mich ist die Rehesaison die schlimmste Zeit im Jahr!
Ich kann nicht für Kundenpferde Röbis anfertigen lassen, ich muss mir die Blicke und das gerede im Stall nicht antun und aushalten... :mrgreen: DAS ist manchmal das, was den Besi total verunsichert. Schön ist, wenn es so gut und schnell komplett beruhigt wird, dass selbst der TA total interessiert wird am System. Und dann nach dem Nachröntgen volle Einsatzbereitschaft attestiert.

Es gibt aber besis, die trauen sich das alles nicht zu, haben sehr große Ängste, können die Anfangsphase auch nicht sehen und ertragen... Da würde ich auch gern mit nem guten Rehebeschlag arbeiten können. ich habe aber leider noch keinen wirklich guten in einer mindestens einjährigen Fallbeispieldoku gesehen, wo der Huf am Ende wirklich (!!!) genesen war.
Und da das mein Ziel ist, bin ich eben der alternative Hufmensch. und hoffe, dass ich endlich irgendwann mal den Schmied kennenlerne, der das mit dem Rehebeschlag schafft, so dass ich den Besis, die sich den alternativen Weg nicht zutrauen, einen Schmied guten Gewissens empfehlen kann. In anderen teilen Deutschlands scheint es da motiviertere und evtl. besser weitergebildete Schmiede geben...
Wenn ich überhaupt je einen ganz guten Rehebeschlag gesehen habe, dann war das der Reheduplo mit dem sinnvollen anschleiffen, der Anbringung und auch sinnvollen Polsterung nach dem markierten Röbi... und das mit kürzeren Abständen, die leider in der Realtität nicht umgesetzt werden. oft auch aus Kostenfaktoren - wer weiß, was das gute Schmied machen würde, wenn er dürfte, wie er wollte... :lol:


LG

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Re: High-low mit Rehe u. a. Problemen

Beitrag von Martin » Fr 7. Jun 2013, 15:53

SilentDee hat geschrieben:Ich widerspreche jetzt aber dem einen Teil-Satz: es gilt alles, was Marina sagt" ist natürlich irgendwie Schwachsinn! :oops: Ich kann genauso falsch liegen wie alle anderen auch. ;)
LG
Demnächst bin ich präziser: "Es entspricht meiner Erfahrung, dass alles das gilt was Marina in Bezug auf das Thema in diesem Thread gesagt hat." ;) :lol:

Du willst einen Beschlag sehen, unter dem die Hufe eines Rehepferdes sich komplett normalisieren?
Den wirst Du nicht finden, weil es ja nicht einmal Pferde ohne Rehe gibt, die unter Beschlag optimale Hufe haben. Das kann nicht funktionieren! Will man einen Huf in seinen optimalen Zustand bringen, Rehe oder nicht, kommt man nicht ohne Barhufphasen aus. Zumindest phasenweise müssen also die Beschläge runter.

Wenn wir über Beschläge und Rehe sprechen, dann können das nur welche sein, die vielleicht Schmerzen nehmen oder einen wünschenswerten Vorgang beschleunigen oder einen akzeptable Alternative zu einem noch schlechteren Situation bieten oder eben eine moralisch zweifelhafte Nutzbarkeit herstellen. Es werden aber nie Beschläge sein, unter denen Hufe perfekt regenerieren.

Martin

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